Der 1. Mord - Roman
er und warf mir die Morgenausgabe des Chronicle hin.
»Ich hab’s gesehen«, antwortete ich und war froh, dass wir uns auf den Fall konzentrierten.
Roth schaute Mr. Rathaus an. »Wir werden über jeden Schritt in diesem Fall in der Zeitung lesen. Das Brautpaar war reich, Elite-Universitäten, ungemein beliebt. So ungefähr wie der junge Kennedy und seine blonde Frau - eine Tragödie.«
»Wer sie waren, spielt für mich keine Rolle«, erklärte ich. »Hören Sie, Sam, wegen gestern …«
Er unterbrach mich mit einer Handbewegung. »Vergessen Sie gestern. Chief Mercer hat mich bereits angerufen. Dieser Fall hat seine volle Aufmerksamkeit.« Er schaute wieder den schicken Politik-Typen in der Ecke an. »Wie auch immer, er will bei diesem Fall jegliche Schlamperei vermeiden. Außerdem hat er noch zu mir gesagt: ›Bei diesem Fall ändern wir die Spielregeln. ‹«
Plötzlich wurde die Luft im Raum sehr dick. Ich hatte das unangenehme Gefühl, in eine abgekartete Sache hineingeraten zu sein.
Dann trat Mr. Rathaus vor. Seine Augen verrieten mir, dass
er über beträchtliche Erfahrung verfügte. »Der Bürgermeister und Chief Mercer sind der Meinung, dass wir diese Ermittlung abteilungsübergreifend durchführen sollten. Das heißt, wenn Sie nichts dagegen haben, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der neu für Sie ist.«
»Neu?« Ich blickte von einem Mann auf den anderen, blieb dann bei Roth hängen.
»Das hier ist Ihr neuer Partner«, erklärte Roth.
Ich werde hier ganz übel gelinkt, warnte meine innere Stimme. Bei einem Mann hätten sie sich das nie getraut.
»Chris Raleigh«, sagte Mr. Rathaus und streckte mir die Hand entgegen.
Ich ergriff sie nicht.
»Während der letzten Jahre hat Inspector Raleigh als Verbindungsmann im Büro des Bürgermeisters gearbeitet«, sagte Roth. »Er ist darauf spezialisiert, potenziell heikle Fälle abzuwickeln.«
»Abzuwickeln?«
Raleigh verdrehte die Augen und gab sich Mühe, bescheiden zu wirken. »Na ja … Schadensbegrenzung … hinterher etwaige Wunden in der Stadt heilen.«
»Ach ja?«, schoss ich zurück. »Verstehe, Sie sind eine Art Marketing-Mann.«
Er lächelte. Aus jeder Pore verströmte er die gelassene, zuversichtliche Art, die ich mit jenen Typen verband, die an großen Tischen im Rathaus saßen.
»Davor war Chris Bezirksleiter drüben im Norden«, fuhr Roth fort.
»Die Botschaftsmeile«, sagte ich wegwerfend. Alle rissen Witze über diesen vornehmen Bezirk, der sich von Nob Hill bis zu den Pacific Heights erstreckte. Als heißes Verbrechen galt dort, wenn Damen der feinen Gesellschaft nachts Geräusche hörten und Touristen, die spät nach Hause kamen, vor den verschlossenen Türen ihrer Pensionen standen.
»Wir haben uns auch um Verkehrsprobleme am Presidio gekümmert«, erklärte Raleigh und lächelte wieder.
Ich beachtete ihn nicht, sondern wandte mich an Roth. »Was ist mit Warren?«
Seit zwei Jahren hatte ich jeden Fall mit ihm bearbeitet.
»Jacobi wird anderweitig eingesetzt. Ich habe eine Superaufgabe für ihn und seine große Klappe.«
Es gefiel mir überhaupt nicht, von meinem Partner getrennt zu werden, trotz seiner blöden Bemerkungen. Doch Jacobi war sich selbst der schlimmste Feind. Zu meiner Überraschung fragte Raleigh: »Ist Ihnen das recht, Inspector?«
Ich hatte im Grunde keine Wahl, deshalb nickte ich. »Wenn Sie mir nicht in die Quere kommen. Außerdem tragen Sie viel hübschere Krawatten als Jacobi.«
»Geschenk zum Vatertag.« Er strahlte. Ich konnte es nicht fassen, dass ich einen Stich von Enttäuschung spürte. Herrgott noch mal, Lindsay. Ich hatte keinen Ring gesehen. Lindsay!
»Ich entbinde Sie von allen anderen Aufgaben«, erklärte Roth. »Keinerlei Verpflichtungen, die einen Konflikt bedeuten könnten. Jacobi kann bei der Organisation mitmachen, wenn er an diesem Fall dranbleiben will.«
»Und wer führt das Kommando?«, fragte ich Roth. Mein Rang war höher als der Jacobis. Ich war gewohnt, selbstständig zu ermitteln.
Roth lachte kurz. »Er arbeitet für den Bürgermeister und ist ein Ex-Captain. Wer glauben Sie, führt das Kommando?«
»Wie wär’s, wenn Sie die Ermittlungen leiten und ich mich darum kümmere, was wir mit den Ergebnissen tun?«
Ich zögerte und blickte ihn forschend an. Mein Gott, war der Kerl aalglatt.
Roth schaute mich an. »Soll ich Jacobi fragen, ob er ähnliche Bedenken hat?«
Raleigh fing meinen Blick auf. »Hören Sie, ich lasse es Sie wissen, wenn wir nicht klarkommen
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