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Der 1. Mord - Roman

Titel: Der 1. Mord - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wie verrückt das alles war. Ich musste mit jemandem reden. Am liebsten hätte ich laut gebrüllt: »Ich verdiene diese Scheiße nicht!«, und ich wollte, dass mich jemand hörte.
    Ich dachte an Chris und seine tröstenden Arme. Seine Augen, sein Lächeln. Ich wünschte, ich könnte ihm alles erzählen. Er würde sofort kommen. Ich könnte meinen Kopf an seine Schulter lehnen.
    Ich rief Claire an. Sie hörte schon an meinem ersten zitternden Wort, dass etwas Furchtbares geschehen war.
    »Ich habe Angst.« Mehr sagte ich nicht.
    Wir redeten eine Stunde lang. Ich redete.
    Wie betäubt, in Panik vor dem nächsten Stadium der Krankheit, sprach ich mit Claire immer wieder alles durch. Dann erinnerte sie mich daran, was sie mir gesagt hatte, als ich ihr zum ersten Mal von der Anämie erzählt hatte. Dass der Wille, diesen Dreckskerl zu überführen, mir die Kraft gäbe weiterzukämpfen. Das unterschied mich von anderen, die einfach nur krank waren. Ich hatte ein ganz besonderes Ziel.
    »Hat sich daran etwas geändert, Lindsay?«, fragte sie leise.
    »Nein. Ich will ihn noch dringender kriegen als früher.«

    »Dann hör mal zu. Wir machen Folgendes, du, ich und die kleine Cindy. Wir helfen dir bei diesem Kampf. Wir sind deine Verstärkung, Schatz. Versuch nur dies eine Mal, nicht alles allein zu erledigen.«
    Nach einer Stunde hatte sie mich so weit beruhigt, dass wir Gute Nacht sagen konnten.
    Ich rollte mich auf der Couch zusammen. Martha und ich kuschelten unter einer Decke und sahen uns den Film Dave an, einen meiner Lieblingsfilme. Wenn Sigourney Weaver am Schluss Kevin Kline in seinem neuen Wahlkampfbüro besucht, muss ich immer weinen.
    Ich schlief ein und hoffte auf ein Happy End für mein eigenes Leben.

67
    Am folgenden Morgen machte ich mich mit noch größerem Elan ans Werk als zuvor. Ich glaubte immer noch, dass wir ganz nahe dran waren, vielleicht nur noch einige Stunden vom Namen Rotbarts entfernt.
    Ich setzte mich mit Roths Kontakt bei der Polizei von Seattle in Verbindung, einem gewissen Jim Heekin. Dieser sagte, sie gingen gerade die persönlichen Habseligkeiten der Braut durch, und sollte sich etwas ergeben, würde er mich sofort verständigen.
    Von Infotech, wo Kathy Voskuhl in Seattle gearbeitet hatte, erhielten wir auch eine Antwort. Während ihrer dreijährigen Tätigkeit in der Buchhaltung waren keine Belege für Dienstreisen nach San Francisco eingereicht worden. Ihre Tätigkeit bestand darin, Kunden in Seattle zu betreuen. Falls sie öfters nach
San Francisco geflogen war, so war das ihr Privatvergnügen gewesen.
    Schließlich rief ich McBride an. Die Koguts behaupteten immer noch, dass sie nicht mehr wüssten. Gestern jedoch hatte er sich mit dem Vater getroffen, der allmählich weich zu werden schien. Es war zum Wahnsinnigwerden, dass das verzweifelte Bemühen der Eltern, die Tugend ihrer Tochter zu schützen, ihr Urteilsvermögen trübte.
    Vielleicht würde es mir als Frau gelingen, ihnen bei einem erneuten Versuch einen Stoß zu geben. Ich rief Christine Kogut an, die Mutter der Braut.
    Als sie sich meldete, klang sie anders, distanziert, aber freier, als sei sie nicht mehr so quälend angespannt. Vielleicht hoffte ich das auch nur.
    »Der Mörder Ihrer Tochter läuft immer noch frei herum«, sagte ich gleich zum Auftakt. Ich konnte nicht länger an mich halten. »Die Familien zweier anderer Paare leiden ebenfalls. Ich glaube, Sie wissen, wer Kathy etwas antun wollte. Bitte, Mrs. Kogut, helfen Sie mir, ihn hinter Gitter zu bringen.«
    Ich hörte, wie sie tief durchatmete. Als sie wieder sprach, ließen Schuld und Scham ihre Stimme zittern. »Inspector, Sie ziehen ein Kind groß, aber es bleibt immer ein Teil von Ihnen. Sie lieben es so sehr und glauben, dass immer dieser Teil von Ihnen da sein wird, der nie vergeht.«
    »Ich weiß«, sagte ich. Ich spürte, dass sie auf der Kippe stand. Sie kannte seinen Namen!
    »Sie war so wunderschön … jeder hat sie geliebt. Ein Freigeist. Eines Tages würde ein anderer Freigeist sie zu dem Menschen formen, der sie sein sollte. Das haben wir gedacht. Wir haben unseren Kindern diese Freiheit gelassen. Mein Mann behauptet felsenfest, wir hätten Kathy immer bevorzugt. Vielleicht haben wir zu dieser Tragödie beigetragen.«
    Ich sagte kein Wort. Ich wusste, wie es sich anfühlte, endlich preiszugeben, was man tief im Innern zurückgehalten hatte.

    »Haben Sie Kinder, Inspector?«
    »Noch nicht«, antwortete ich.
    »Es ist so schwer zu glauben, dass ein

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