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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Aber als Morgenroth rauskam, ließ er die Tür offen, richtig? Eva hatte es nicht eilig, sie wartete auf ihren Vater, der nach dem Sportunterricht noch duschte. Das war eure Gelegenheit.«
    Totenstille.
    »Ihr seid rein und habt die Tür hinter euch zugemacht«, sprach ich weiter. »Aber sie ist aus dem Fenster gesprungen, bevor ihr sie euch schnappen konntet! Wieso? Wieso hatte sie Angst vor euch?«
    Keiner der beiden sagte ein Wort.
    Ich hatte ins Schwarze getroffen, ich konnte es in ihren Gesichtern erkennen.
    »Ist Eva in Panik geraten, weil sie wusste, was ihr ihr antun würdet? Weil ihr es ihr schon einmal angetan hattet?« Ich wurde lauter, ich konnte es nicht verhindern. »Ihr hattet sie schon einmal vergewaltigt! Deshalb ist sie durchgedreht und aus dem Fenster gesprungen!«
    »Das ist nicht wahr!« Orkan schüttelte entsetzt den Kopf.
    »Darüber würde ich an deiner Stelle genau nachdenken. Denn wenn Eva nicht gesprungen ist, habt ihr sie gestoßen!«
    Die beiden schienen erstarrt.
    »Ihr habt sie zwei Wochen vor ihrem Tod vergewaltigt. Deshalb ist sie nicht in der Schule gewesen. Sie hat nicht gewagt, jemandem davon zu erzählen, deshalb die Geschichte mit der Grippe!«
    Orkan schüttelte wieder den Kopf, während Dominik möglicherweise tot war und wir es nur noch nicht bemerkt hatten.
    »Das ist nicht wahr!«, wiederholte der Türke. »Das ist nicht wahr. Das ist nicht wahr.«
    »Dann erzählst du uns besser deine Wahrheit«, riet ihm Danner sofort. »Ein Geständnis macht sich immer gut. Ihr wart im Biologieraum, richtig?«
    Orkan gab auf und nickte. »Mit dem ersten Teil hat Lila recht«, gestand er. »Mario hat damit angegeben, was die Kleine sich im Bett alles gefallen ließ. Wir haben ihm das nicht so richtig abgekauft, deshalb wollten wir sie ein bisschen aushorchen. Um zu sehen, ob Mario uns verarscht!«
    Orkan rückte ein wenig von Danner weg.
    »Wir haben gewartet, bis Morgenroth raus war«, sprach Dominik, der bis jetzt ja noch nicht viel zu dem Gespräch beigetragen hatte, plötzlich weiter. »Wir wollten ihr nichts tun, wir sind keine Vergewaltiger! Eva sollte nur ein bisschen Schiss kriegen, damit sie uns was erzählt.«
    Ich kniff die Augen zusammen.
    Ich ahnte, was er meinte, schließlich war ich den dreien schon mal im Dunkeln auf einem Parkplatz begegnet.
    »Wir haben das Licht ausgemacht. Ich bin rein, Orkan ist an der Tür stehen geblieben, damit sie nicht abhauen konnte.«
    Ich konnte es mir nur zu gut vorstellen: Der Raum beinahe dunkel, in der erleuchteten Tür steht Orkans schwarzer Umriss, während Dominik irgendwo zwischen den Bankreihen auf mich zukommt. Ich weiß, ich habe keine Chance, ich komme hier nicht raus. Und ich habe vielleicht schon einmal erlebt, was gleich passieren wird. Die Panik springt mir wie eine fauchende Katze in den Nacken!
    »Sie ist total hysterisch geworden, obwohl ich sie noch gar nicht berührt hatte! Sie ist zum Fenster rüber, aber ich bin im Traum nicht draufgekommen, dass sie sich rausstürzen könnte. Ich hab sie noch gefragt, wo sie hinwill.«
    »Die dämliche Kuh«, schüttelte Orkan den Kopf.
    »Sie war ein verdammt nettes Mädchen, du Dreckskerl!«, zischte Staschek gepresst.
    Der Türke verschränkte die Arme vor der Brust.

43.
    Nachdem die übereifrige Frau Wegner uns stundenlang unsere Aussagen hatte wiederholen lassen, kamen wir um halb elf nach Hause.
    Ich blieb in der Tür stehen, als Danner sich aufs Sofa fallen ließ.
    »Wir wissen, was geschehen ist, oder?« Irgendwie überraschte mich diese Erkenntnis selbst. »Zwei Wochen vor ihrem Tod ist Eva etwas passiert, das Selbstmord rechtfertigt. Den Hämatomen an den Oberschenkeln nach ist sie wahrscheinlich vergewaltigt worden. Sie hat es niemandem erzählt, sondern sich wegen einer Grippe krankschreiben lassen. Sie hat die Medikamente ihrer Mutter genommen, um sich umzubringen oder zu betäuben. Kein Wunder, dass sie total verändert war, als sie wieder in die Schule ging. Und kein Wunder, dass sie durchdrehte und aus dem Fenster sprang, als Dominik und Orkan ihr auflauerten.«
    Danner nickte.
    »Die Frage ist nur, sagen Orkan und Dominik die Wahrheit? Dann hat Dittmer sie vergewaltigt. Oder haben Orkan und Dominik sie sich doch vorher schon mal geschnappt?«
    Danner fuhr sich über die Glatze: »Es nervt mich tierisch, dass ausgerechnet Horst, die Schlaftablette, und seine karrieregeile Komplizin das rausfinden sollen!«
    »Aber wir haben unseren Job erledigt, oder? Wir schreiben einen

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