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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Bericht, kassieren von Lenny unsere Kohle und überlassen den Bullen den Rest der Arbeit?«
    »So sieht es aus«, bestätigte Danner.
    Unzufrieden schleuderte ich meine Schuhe unter die Garderobe.
    Als ich neben Danner im Bett lag, konnte ich nicht schlafen. Der Fall hinterließ den schalen Nachgeschmack eines abgestandenen Bieres. Irgendwie hatte ich mir das Ergebnis einer Ermittlung anders vorgestellt.
    Befriedigender.
    Endgültiger.
    Ich hatte geglaubt, dass die Bösen mit Sicherheit hinter Gittern verschwinden würden. Dass alles davon abhängen könnte, ob der schläfrige Horst und die strebsame Frau Wegner gemeinsam mehr Gehirn besaßen als ein perverser Pullunderträger und zwei abgebrühte Teenager, ärgerte mich.
    Ich drehte mich auf die Seite.
    Ich versuchte mir vorzustellen, was eine Vergewaltigung mit einem Mädchen machte, aber ich konnte es nicht. Wenn es ums Verprügeltwerden ging, konnte ich mitreden, aber eine Vergewaltigung war etwas anderes.
    Wie viel Brutalität war nötig, um gegen den Willen einer Frau mit ihr zu schlafen? Wie viel Kraft brauchte man, um jemandem die Beine auseinanderzudrücken, der das um keinen Preis zulassen wollte?
    Und wie hilflos fühlte man sich, wenn man sich nicht wehren konnte?
    Ich hatte einmal gelesen, dass es bei Vergewaltigungen oft darum ging, Macht über jemanden zu haben.
    Ein Schauer lief mir über den Rücken, selbst Danners schwerer, warmer Arm auf meinen Hüften konnte es nicht verhindern.
    Ich hasste die Vorstellung! Nie wieder wollte ich mich jemandem ausgeliefert fühlen. Wenn mich jemand vergewaltigen würde, würde ich entweder ihn umbringen oder mich selbst.
    Hm.
    Vielleicht schaffte ich es doch, Eva zu verstehen …

44.
    Den Freitag verbrachte ich im Bett. Ich hatte Kopfschmerzen und einen bitteren Geschmack auf der Zunge.
    Danner hatte auch Kopfschmerzen, doch das lag nicht daran, dass er krampfhaft zu verdrängen versuchte, dass er wieder ein asozialer Freak war, sondern an dem Gewehrkolben, den er gestern gegen den Schädel bekommen hatte.
    Danner ging trotzdem in die Schule. Er wollte den Fall abschließen, dem Direktor vom Ausgang unserer Ermittlungen berichten und er musste noch ein paar Sportstunden geben, denn schließlich fehlte ein Lehrer. Möglicherweise würde er auch in der nächsten Woche noch ein paarmal unterrichten, bis Ersatz gefunden war.
    Mein Job war erledigt. Und ich war froh, Lena aus dem Weg gehen zu können.
    Was war ich nur für eine feige Ratte!
    Für meine Lügen hätte ich einen Schlag in die Fresse verdient. Zumindest hätte ich genug Rückgrat haben sollen, um mich bei Lena zu entschuldigen.
    Doch stattdessen spielte ich krank, blieb im Bett und ließ mir von Molle heißen Kakao bringen.
    Als Danner zurückkehrte, legte er sich zu mir.
    Samstagmorgen tauchte Staschek auf und erzählte uns, dass die Ermittlungen im Fall Eva Ahrend wieder aufgenommen worden waren. Dittmer war vom Dienst suspendiert und es lag bereits eine Anklage wegen sexueller Nötigung vor.
    Von Orkan und Dominik hatte Staschek nichts gehört, weil die Schlampe Horst noch einmal an seine Schweigepflicht erinnert hatte.
    Und Lena war gestern ebenfalls nicht in der Schule gewesen.
    Ich horchte auf.
    Stascheks Exfrau Yvonne hatte angerufen. Als Staschek hingefahren war, um mit Lena zu sprechen, hatte sie ihn unter Morddrohungen hinausgeworfen.
    Wunderte mich nicht.
    Am Sonntag verschwand Danner vor dem Frühstück zum Joggen. Nach dem Frühstück pumpte er seinen Bizeps mit den Hanteln aus der Küche auf.
    Ich hockte auf dem Sofa und sah ihm schweigend zu, bis er das Eisengewicht entnervt auf den Teppich poltern ließ. Wortlos verschwand Danner im Schlafzimmer. Er kehrte mit den beiden alten Lederpolstern, mit denen man eigentlich Boxer trainierte, zurück.
    »Hoch mit dir!«, forderte er mich auf und zog sich die Polster über die Arme. »Zeig endlich mal, was du wirklich draufhast!«
    Ich runzelte die Stirn. Bewegung war das Letzte, wonach mir zumute war.
    »Schlägst du wie ein Mädchen, oder was?«, spottete er herausfordernd.
    »Frag doch mal Dittmer.«
    »Den braucht man doch nur anzupusten, damit der umfällt!« Langsam stand ich auf. Ich zog die Socken aus und rückte meinen Slip unter dem T-Shirt, in dem ich geschlafen hatte, zurecht.
    »Rechts zuerst?«
    Ich nickte.
    Ich suchte mir einen festen Stand, Schrittstellung, linkes Bein vor, rechtes Bein nach hinten, Arme zur Abwehr erhoben. Langsam deutete ich einen Tritt an, damit Danner die

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