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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Sporthose. »Und jetzt ist er nicht mehr hinter ihr her?«
    Sofort war es totenstill in der Kabine. Die beiden Mädchen wühlten in ihren Taschen, als hätten sie gerade ihre Tage bekommen und keine Binden dabei. Franzi sah mich mit runden Kulleraugen an.
    Volltreffer.
    Im gleichen Augenblick ging die Tür auf und Lena kam rein. »Morgen!«, sagte sie.
    »Hi!«, antwortete ich und riss die anderen damit aus ihrer Erstarrung.
    Nachdem auch Lena sich umgezogen und ihre Haare zu einem dicken Pferdeschwanz hochgebunden hatte, schlenderten wir hinaus auf die Tartanbahn.
    »Nach draußen? Im Oktober?«, fragte ich.
    »Martens ist noch härter als Ahrend!«, klärte mich Franzi auf.
    Lena war heute Morgen auffällig schweigsam. Ich konnte mir natürlich denken, dass das mit meinem wenig herzlichen Abschied gestern zusammenhing. Ich musste sie allein erwischen.
    Erst mal wartete allerdings Danner auf uns.
    »Wie schön, dass die Damen uns auch noch beehren! Wie erwartet, habt ihr länger im Bad gebraucht, deshalb haben die Herren bereits eine Runde Vorsprung! Achthundert Meter zum Warmwerden!«
    »Noch so ’n Spruch und ich beschwer mich wegen Ihrer frauenfeindlichen Einstellung beim Rektor!«, schnappte Karo sofort.
    Danner verschränkte die Arme vor der Brust: »Das steht dir selbstverständlich frei, Karoline. Allerdings erst, nachdem du deine zweitausend Extrameter von gestern gelaufen bist. Pass aber auf, dass dir dabei die Puste nicht ausgeht, sonst kriegst du deine Beschwerde womöglich nicht mehr raus.«
    Karo stand kurz davor, sich weitere tausend Strafmeter einzuhandeln.
    Ich stellte mich kampflustig vor Danner: »Tausend Meter sind ja wohl ’n bisschen viel für eine Kippe!«
    Er ließ die Arme verschränkt: »Sieh an, ein neues Gesicht. Würdest du mir deinen Namen verraten?«
    »Lila Ziegler.«
    »Also, Lila, damit Karoline nicht zu sehr unter der Strafe leidet, schlage ich vor, du leistest ihr Gesellschaft.«
    Ich stöhnte.
    »Und ich schlage vor, du fängst an, damit du heute noch fertig wirst.«
    Trotzig hob ich die Nase und lief hinter Karo her.
    »Er hat mich auch verdonnert«, beschwerte ich mich, als ich sie einholte. »So ein Arsch!«
    Karo nickte. Sie war bereits außer Atem. Vermutlich zählte Sport nicht zu ihren Lieblingsfächern.
    »Sag mal, wo geht man denn hier abends hin?«, wechselte ich das Thema.
    Karos Antwort lautete: »Ins ›Bermuda3Eck‹.«
    Ich ging davon aus, dass wir nicht über ein Seegebiet im Atlantik sprachen: »Kann man da tanzen oder eher ein Bier trinken?«
    »Was du willst. Das ›3Eck‹ ist das Szeneviertel in der Innenstadt, da findest du Pubs, Cafés, Kneipen, Restaurants. Wir gehen heute Abend tanzen ins Balu. Kannst es dir ja mal ansehen. Wir treffen uns gegen neun, nach Lenas Schwimmtraining.«
    Mit Freude.
    Zweitausendachthundert Meter später beendeten wir unsere Erwärmung zugleich mit Franziska, die die gleiche Zeit für achthundert Meter gebraucht hatte.
    Atemlos hockten wir drei uns zu Lena auf eine Bank neben der Tartanbahn. Danner ließ inzwischen immer sechs Schüler Starts für Hundert-Meter-Läufe üben.
    »Lila kommt heute Abend auch ins Balu, okay?«, informierte Karo ihre Freundinnen.
    »Schön«, lächelte Lena und hakte sich unvermittelt bei mir ein. Um ein Haar wäre ich schon wieder zusammengezuckt, gerade noch rechtzeitig konnte ich es verhindern.
    Lena zog mich auf die Füße und nahm mich beiseite.
    »Entschuldige«, sagte sie direkt. »Ich meine, wegen gestern. Tut mir leid.«
    Es verblüffte mich, wie dicht wir nebeneinander gingen. Wir hatten beide geschwitzt und ich spürte Lenas Wärme am Arm durch unsere beiden Pullover hindurch. Wenn man uns so sah, konnte man uns für echte Freundinnen halten.
    »Nein, mir tut es leid«, entgegnete ich. »Ich bin irgendwie ausgerastet.«
    »Ich hab dich ausgehorcht, das war echt daneben«, schüttelte Lena den Kopf. »Ich hätte nicht nach deiner Freundin fragen sollen.«
    »Du hattest doch keine Ahnung«, winkte ich ab.
    »Aber ›Ich kann das verstehen‹ ist so ziemlich das Blödeste, was man sagen kann, wenn jemand erzählt, dass seine Freundin gestorben ist«, murmelte Lena. »Ich hätte das wirklich wissen müssen.«
    Sie hatte meinen Köder geschluckt. Und sie machte es mir leicht: »Quatsch. Wenn man so was hört, weiß man nie, was man sagen soll.«
    »Meine beste Freundin hat sich vor vier Wochen umgebracht.« Lena merkte, dass ihre Stimme versagte, und schluckte ein paarmal.
    »Was?«, schnappte

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