Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
Vom Netzwerk:
übermüdeten Kommissar auf einen Stuhl.
    »Wenn du mir was erzählen willst, spuck es aus«, drängelte ich. »In dreieinhalb Minuten taucht Ben hier auf und knebelt dich mit einer ungewaschenen Socke.«
    Ich füllte Wasser in die Kaffeemaschine.
    Staschek fuhr sich fahrig durch die wirren Haare: »Ich hätte nie geglaubt, dass er versuchen würde, dich ins Bett zu kriegen.«
    »Danke, sehr schmeichelhaft.«
    »Ich hätte meine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass er wenigstens so viel Anstand besitzt! Sonst hätte ich dir was gesagt.«
    »Was hättest du mir gesagt?«
    »Dass er Frauen behandelt wie Pappteller: einmal benutzen, dann abservieren, Wegwerfsex sozusagen. Echt beschissen, finde ich das. Keine seiner Beziehungen in den letzten zehn Jahren hat die Drei-Monats-Grenze überstanden. Und es waren ein paar wirklich nette Frauen dabei, Lila.«
    Was wohl heißen sollte, mehr Busen und mehr Grips als ich. Noch mal danke.
    »Warum hat er sie abserviert?«, hakte ich nach.
    Staschek musterte mich mit zusammengekniffenen Augen.
    »Was war vor den zehn Jahren?«, bohrte ich weiter. »Hatte er da eine längere Beziehung?«
    Stascheks Blick wurde misstrauisch: »Deine Fragen werden mir langsam unheimlich.«
    Ein Treffer also. »Wer war sie?«
    Staschek schwieg.
    Ich stellte uns Tassen auf den Tisch.
    »Ich schlafe bei der nächsten Gelegenheit mit ihm, wenn du nicht mit der Sprache rausrückst.«
    Staschek seufzte. »’ne Kollegin.«
    »’ne Bullette?«
    Staschek nickte.
    Mit einem leisen Klicken schaltete mein Gehirn.
    »Sag nicht, die Schlampe?« platzte ich heraus, noch bevor ich zu Ende gedacht hatte.
    Sekundenlang rührte Staschek sich nicht.
    Ich sah ihm an, dass er nach einer Ausrede suchte, die sowieso nichts mehr nutzen würde.
    »Sie waren schon drei Jahre zusammen, als einer von uns dreien befördert werden sollte«, sprach der Kommissar schließlich weiter. »Ben hätte ihr gefährlich werden können, ich nicht. Ich hatte andere Sachen im Kopf, Lena war klein und meine Ehe lief nicht besonders.«
    »Und?«
    »Sie hat einen Häftling bestochen und der hat Ben schwere Körperverletzung, Amtsmissbrauch und Nötigung unterstellt.«
    »Was?«, schnappte ich nach Luft.
    Staschek sah sich rasch nach der Tür um.
    »Hätte er kein Alibi gehabt, hätte es geklappt. So wurde die interne Ermittlung ergebnislos eingestellt. Nach Abschluss des Verfahrens hat Ben den Dienst quittiert.«
    Ich selbst wäre höchstwahrscheinlich vor Wut Amok gelaufen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Seitdem gab’s nur noch Popp-und-weg-Beziehungen«, schloss Staschek. »Also halt Sicherheitsabstand zu ihm, ja?«
    Ich holte uns den Kaffee.
    »Ich verspreche dir, du erfährst es als Erster, wenn ich tatsächlich mit ihm in der Kiste landen sollte.«
    Ich schenkte Staschek Kaffee ein, als Danner Lenas Tagebuchseite auf den Tisch legte und sich Staschek gegenüber setzte.
    »Und?«, erkundigte er sich und nahm sich meinen Kaffeebecher. »Hat er dir erzählt, dass ich meinen vierzehn unehelichen Kindern keinen Unterhalt zahle?«
    Ich stellte mir eine neue Tasse hin. »Und dass sich die Frauen wegen dir reihenweise vor die S-Bahn werfen, hat er auch nicht verschwiegen.«
    Ich nahm den zerknickten Zettel vom Tisch und überprüfte, wie groß der Schaden war. Denn der Super-GAU für jede Sechzehnjährige war ja wohl, wenn ihr Vater in ihrem Tagebuch etwas über ihren ersten Sex las.
    Ich atmete auf. Es war nur eine Seite, zerknittert und fleckig, aber Lena hatte sie offensichtlich erst vor Kurzem geschrieben:
    … verstehe nicht, warum sie immer so ein Glück hat! Hat sie nicht schon alles?
    Ich weiß, es ist das Allerletzte, aber ich bin so verdammt eifersüchtig! Ich kann es nicht ändern! Ich habe ihr keinen Brief mehr geschrieben, obwohl ich seit drei Wochen an der Reihe bin. Ich weiß nicht, was ich schreiben soll, ohne dass sie es merkt.
    Ich hätte nie sagen sollen, dass es mir nichts ausmacht!
    Aber ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass sie ihn kriegt.
    Und ich wollte ja auch nicht die hässliche Freundin sein, die der Schönen den Traumprinzen nicht gönnt …
    Hässliche Freundin?
    O Lena.
    »Lena wird dir einen bezahlten Killer auf den Hals hetzen, wenn sie das erfährt! Sag mir bitte nicht, dass du die Seite aus ihrem Tagebuch gerissen hast!?«
    »Wofür hältst du mich?«, fragte Staschek empört.
    Ich zog die Brauen hoch.
    »Yvonne – das ist Lenas Mutter – hat das Blatt beim Leeren von Lenas Papierkorb

Weitere Kostenlose Bücher