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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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das Gesicht eine unbewegte Maske, doch seine Wut ließ ihn die Fäuste ballen: »Verpiss dich endlich!«
    Stur schüttelte ich den Kopf.
    Mit einem Ruck wandte er sich ab, zögerte – und ich war nicht in der Lage, das so blitzartig zu begreifen –, drehte sich wieder zu mir um und verpasste mir eine schallende Ohrfeige.
    Allerdings verhinderte eine oft trainierte Kopfdrehung, dass mich die Wucht des Schlages taumeln ließ .
    Danner hielt verwundert inne, als ich mich nicht rührte. Dann wandte er sich wortlos ab und stieg in den Wagen. Die Schrottschüssel holperte über den Bordstein, als er wendete.
    Langsam fuhr ich mir mit den Fingern über Wange und Mund, prüfte automatisch, ob ich blutete. Den Schmerz spürte ich kaum.
    Sein Schlag lähmte mich, nicht nur meine Muskeln, auch mein Gehirn. Es weigerte sich zu verarbeiten, was mir da gerade passiert war.
    Er wollte mich loswerden.
    Das war der erste Gedanke, den ich wieder zu greifen bekam.
    Danner hatte genau gewusst, was er tat.
    Hatten wir nicht eben noch knutschend auf dem Boden gelegen? Wie zum Teufel sollte ich das begreifen?
    Als ich mich das fragte, kam der Schmerz!
    Allerdings nicht in meiner Wange. Wie ein Messer bohrte er sich in meinen Brustkorb, von vorn nach hinten, traf meine Lunge, schoss mir bis in den Rücken.
    »Dieser Scheißkerl!«, schrie ich und presste meine Hände gegen meine Rippen.
    Ein paar Fußgänger auf der anderen Straßenseite taten so, als hätten sie nichts gehört, und beschleunigten ihre Schritte.
    Seine Ohrfeige war anders als alle, die ich bisher bekommen hatte. Sie war nicht mal besonders kräftig gewesen. Aber er hatte zugeschlagen, obwohl er wusste, was das für mich bedeutete. Er hatte nicht mein Gesicht treffen wollen, sondern mein Herz.
    Und er hatte es geschafft!
    Ich spürte meine Augen brennen.
    Verdammt, ich hatte seit Jahren nicht mehr wegen Schlägen geheult! Ich würde Danner umbringen, wenn ich ihn jemals wiedersah!
    Was aber nicht passieren würde. Sein Ziel hatte er erreicht. Leichter hätte er mich nicht loswerden können.
    Moment mal …
    Ich zwang mich, verkrampft durchzuatmen.
    Genau das hatte er ja gewollt!
    Ich wischte mir hastig über die Augen, um mir selbst zu versichern, dass er mich nicht zum Heulen gebracht hatte.
    Gewonnen hatte er noch nicht.
    Nicht so leicht und nicht mit mir!
    Er wollte mich bei dem, was er vorhatte, nicht dabeihaben.
    Und was hatte er vor?
    Er fuhr zu Dittmer.
    Was sonst?
    Er wollte zu Dittmer, und zwar allein.
    Wie er immer alles allein gemacht hatte in den letzten zehn Jahren!
    Noch während mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, hatte ich mich in Richtung der nächsten U-Bahn-Station in Bewegung gesetzt.

40.
    Das Haus am Hans-Ehrenberg-Platz hatte vier Stockwerke. Zum Glück hatte ich die Adresse, seit ich sie mir auf den Arm gekritzelt hatte, im Kopf.
    Ich drückte wahllos einige Klingeln.
    »Ja, bitte?«, meldete sich sofort eine Frauenstimme über die Sprechanlage.
    »Guten Tag, mein Name ist Ziegler. Ich würde gern mit Ihnen über die neue Telefon-Flatrate von O2 sprechen. Telefon und Internet für 4,99 im Monat.«
    Beim dritten Versuch hatte ich Glück.
    »Echt?«, fragte eine jung klingende Stimme begeistert. »Cool!«
    Es summte und die Tür ließ sich aufdrücken.
    Das Haus roch nach Holzpolitur und frischer Farbe. Der Flur wurde gerade renoviert, die Wände bekamen einen freundlichen, hellgelben Anstrich.
    Dass Dittmers Wohnung im dritten Stock lag, hatte er mir ja selbst erklärt. Als ich an den Wohnungstüren entlanglief und auf den Klingelschildern nach Dittmers Namen suchte, hörte ich laute Stimmen.
    »Ihr wollt mich fertigmachen! Aber ich lasse mir das nicht anhängen!« Ich erkannte Dittmer nicht gleich, weil er im Unterricht noch nie so laut gesprochen hatte.
    Ich legte mein Ohr an die Tür.
    »Scheißbulle! Ich hab ihr nichts getan, kapierst du das nicht?«
    »Sexuelle Belästigung ist eine Sache, da kriegst du Bewährung.«
    Danner!
    »Mord ist was ganz anderes! Also denk nach und mach keinen Quatsch.«
    Danners Stimme klang ruhig, beinahe sachlich.
    Dafür verriet Dittmers Tonfall seine Hysterie: »Wenn ich schon verhaftet werde, dann für etwas, was ich auch getan habe!«
    »Schwachsinn! Stell dich, mach eine vernünftige Aussage und such dir verdammt noch mal einen anderen Job«, riet Danner beherrscht. »Und nimm endlich das Ding runter!«
    Das Ding runter?
    War es das, was ich dachte, das es war?
    »Ihr haltet mich wohl alle für völlig

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