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Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Borlik
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Lionheart«, las Amy laut. »Gaukler und Illusionist.«
    »Das bin ich«, bestätigte der junge Mann vergnügt. »Du kannst mich aber Cornelius nennen, das tun alle.« In der nächsten Sekunde hielt er eine violette Rose in der Hand, die er Amy überreichte. Sie nahm sie entgegen und erst da fiel ihr auf, dass seine Karte unbemerkt aus ihren Fingern entschwunden war, als hätte sie niemals existiert. Ob die Rose denn echt ist?, fragte sie sich und schnupperte an ihr, woraufhin die Blüte wie eine Seifenblase zerplatzte. Lachend rieb sich Amy durch das Gesicht.
    »Magie kann etwas so Wunderbares sein«, sagte der Gaukler heiter, doch dann verfinsterte sich sein Gesicht. »Allerdings kann sie auch für furchtbare Dinge missbraucht werden. Wirklich furchtbare Dinge, sage ich dir.« Er seufzte.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Amy.
    Er machte eine ausladende Handbewegung. »Sieh sie dir nur an, die Reichen und Vornehmen. So stolz sind sie auf ihr edles Geblüt, dass sie jemanden wie mich nicht mal eines Blickes würdigen. In ihren Augen bin ich ein Frevler, der seine Fähigkeiten dazu benutzt, die Magie ins Lächerliche zu ziehen. Dabei versuche ich nur, sie daran zu erinnern, dass die Zauberei weniger wichtig ist als ein Lachen. Aber das verstehen sie nicht oder sie wollen es nicht verstehen. Für sie bedeutet Magie Einfluss und Wohlstand. Je mächtiger einer ist, desto weiter wird er es in dieser Gesellschaft bringen. Die Armen werden diese Chance niemals haben. Sie können es sich nicht leisten, die großen Schulen des Landes zu besuchen, wo die wirklich mächtigen Zauber gelehrt werden.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Gibt es etwas Traurigeres, als zusehen zu müssen, wie die Menschen die Magie dazu benutzen, ihre eigene Stärke und ihren Reichtum nur noch weiter zu vermehren, anstatt mit ihr jenen zu helfen, die es bitter nötig hätten?«
    Was für ein seltsamer Gaukler, dachte Amy. Sie hatte sich von ihm Aufmunterung erhofft, stattdessen klagte er über die Ungerechtigkeit der Welt. Als ob sie davon in den vergangenen Tagen nicht schon genug am eigenen Leib erfahren musste.
    »Zum Glück sind nicht alle Menschen so«, sagte Cornelius nun wieder breit lächelnd. Amy nickte verwirrt, woraufhin der Gaukler ein amüsiertes Glucksen von sich gab. »So, wie du dreinschaust, musst du mich ja für völlig verrückt halten. Vermutlich wünschst du dir sogar gerade, dass du nie ein Wort mit mir geredet hättest.« In seinen Augen blitzte es schalkhaft.
    Das tat Amy tatsächlich. »Ich muss jetzt …«
    Die Explosion eines Knallfrosches verschluckte das letzte Wort ihres Satzes. Erschrocken sah Amy auf den Zylinder des jungen Gauklers, der in Flammen stand. Zwei vornehm gekleidete Jungen – höchstens ein paar Jahre älter als sie selber – liefen grölend davon. Niemand stellte sich ihnen in den Weg. Alle taten so, als hätten sie nichts bemerkt. Cornelius schnippte mit den Fingern und das Feuer erlosch. Doch es war zu spät. Die Flammen hatten bereits große, schwarze Löcher in den Zylinder gefressen.
    »Tut mir leid für dich«, sagte Amy.
    Cornelius zuckte die Achseln. »Mit der Zeit gewöhnt man sich daran, ein Außenseiter zu sein. Findest du nicht?«
    »Was?« Amy starrte den Gaukler entgeistert an. Er konnte doch unmöglich wissen, dass sie keine Zauberkräfte besaß. Bevor sie ihn fragen konnte, was genau er damit meinte, hatte er schon wieder das Thema gewechselt. »Ich werde wohl einen neuen brauchen.« Er bückte sich nach den Überresten seines Zylinders, als er mitten in der Bewegung verharrte. Ruckartig hob er den Kopf, als hätte ihn jemand gerufen. Ein lauernder Ausdruck trat in seine Augen. »Ich muss fort!«
    Irritiert wandte Amy den Kopf in die Richtung, in die er sah. Da waren eine Frau und zwei Männer, die aus der Masse der Spaziergänger herausstachen. Sie waren ganz in Schwarz gekleidet. Ihre Gesichter dagegen waren weiß und maskenhaft, als wären sie aus Porzellan gefertigt. Als ihre Blicke Amy trafen, überkam sie ein Frösteln. Bibbernd schlang sie die Arme um ihren Oberkörper und fragte kaum hörbar: »Wer sind die?«
    »Achte auf dich, Amy. Und stell keine Dummheiten an! Ich weiß, was du vorhast. Lass es, du bringst dich dadurch nur in Gefahr!« Die Stimme des Gauklers war kaum mehr als ein Raunen in ihrem Ohr, als hätte der Wind sie aus weiter Ferne zu ihr getragen.
    Amy drehte sich nach ihm um. Cornelius war fort. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass er sie beim Namen genannt

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