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Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Borlik
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herabsausen. Zornesflecken schimmerten auf seinen Wangen. »Prinz Henry würde ihnen den Stein niemals freiwillig ausliefern. Also warten sie, bis sie ihn auf dem Silbertablett präsentiert bekommen.«
    »Auweia«, jammerte Finn. »Stellt euch nur vor, was Lucia und Lord Winterhall mit dem Schwarzen Stern alles anstellen könnten.«
    »Lest das hier!« Mr Burbridge schob Amy mit zittrigen Fingern das zweite Blatt über den Tisch zu. »Dann wisst ihr, wozu der Stein wirklich fähig ist.«
    Bevor Amy zu lesen begann, nahm sie einen großen Schluck von ihrem Tee, um das trockene Gefühl aus ihrer Kehle zu vertreiben. »Bereit?«
    Finn nickte.

    Der Schwarze Stern machte den König zum mächtigsten Zauberer, der je gelebt hatte. Über lange Jahre führte er viele Kriege, um das Land zu vergrößern. Stolze Herrscher wurden gestürzt, gewaltige Imperien vernichtet. Doch nichts von alledem verschaffte ihm Genugtuung. Der Schwarze Stern hatte ein unbändiges Verlangen nach immer mehr Macht, Reichtum und Ruhm in ihm geweckt. So geschah das Schlimmste, was hatte eintreten können. Die dreizehn Engel, die über den König und seine Familie wachten, wandten sich von ihm ab, nachdem sie erkannt hatten, was aus dem einst weisen und gütigen Herrscher geworden war. Sie straften ihn, indem sie …

    Amy warf Mr Burbridge einen verzweifelten Blick zu. »Warum hört der Satz mittendrin auf?«
    »Die ganze nachfolgende Passage war auf der alten Schriftrolle verblasst. Vermutlich ist das Dokument irgendwann einmal mit Wasser in Kontakt geraten, das die Tinte zersetzt hat.« Er zuckte entschuldigend die Achseln. »Ohnehin hat es mich viele schlaflose Nächte gekostet, den übrigen Text zu entziffern.« Finn stöhnte. »Gerade jetzt, wo es spannend wurde.«
    »Es ist noch nicht zu Ende«, sagte Amy da. »Hört zu!«

    Der König aber nahm fürchterliche Rache. Von übermächtigem Gram und grenzenloser Wut gepackt, verfluchte er die Engel, denn sie hatten ihn in der Stunde der größten Not im Stich gelassen. Und so hatte er verloren, was ihm von allem am kostbarsten gewesen war.

    »Puh, das klingt ja furchtbar«, sagte Finn mit aufgerissenen Augen. »Ich würde zu gerne wissen, was damit gemeint ist.«
    Mr Burbridge bedachte ihn mit einem ratlosen Blick. »Schwer zu sagen. Bestimmt wurde es in der Passage erklärt, die nicht mehr lesbar ist. Auch ich habe mich über dieses fehlende Detail geärgert. Ich habe Nachforschungen in den Geschichtsbüchern über jene Zeit angestellt, aber sie enthalten nur dürftige Informationen über den ersten König. Deshalb konnte ich auch nichts weiter herausfinden.«
    »Wie kann das sein?«, schimpfte Amy. Plötzlich hatte sie das Gefühl, auf etwas Wichtiges gestoßen zu sein. Nur wollte es sich ihnen nicht erschließen, weil der Text unvollständig war. Das war zum Aus-der-Haut-Fahren!
    »Nun, mittlerweile sind über tausend Jahre vergangen«, sagte Mr Burbridge bedauernd. »Das ist eine lange Zeit, in der manches Wissen verloren gehen kann. Zudem konnten damals noch weniger Menschen lesen und schreiben als heute.«
    Amy hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte verdrossen auf die Übersetzung. »Ich wünschte, ich hätte diesen Schwarzen Stern«, grummelte sie. »Dann würde ich diese Verräter allesamt zur Hölle schicken!«
    »Amy Tallquist!« Mr Burbridges Nasenflügel erbebten, als er schnaubend Luft holte. »Solche Worte aus dem Mund einer jungen Dame zu hören, besonders aus deinem, schockiert mich zutiefst!«
    »Wenn sie aber doch recht hat«, sprang Finn ihr zur Seite.
    Mr Burbridge kräuselte missbilligend die Lippen. »Darum geht es nicht. Es ist …« Er brach ab und grummelte vor sich hin. Als er kurz darauf wieder aufsah, lächelte er matt. »Was ihr sagt, ist nur die Wahrheit. Oh ja, nur die Wahrheit. Und um ehrlich zu sein, hatte ich vorhin bereits etwas ganz Ähnliches gedacht.«
    Plötzlich richtete sich Amy kerzengerade auf. Die ganze Zeit über hatte ihr Blick an der Übersetzung geklebt wie eine Fliege am Honig. Gerade war ihr klar geworden, warum. Es lag an dem Wort »verfluchte«. Ihr Vater hatte in seinem Notizbuch etwas von einem Fluch geschrieben, der das Verschwinden der Engelsstatuen betraf. Mit einem Mal schlug Amy das Herz bis in den Hals. Das kann nicht sein, dachte sie. Es würde bedeuten, dass die Engel nicht gestohlen wurden, sondern … Nein, nein, das ist völlig unmöglich! Schreckensbleich starrte sie Finn und Mr Burbridge an.
    »Geht es dir gut,

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