Der 18 Schluessel
Lächeln ab. „Bist du sicher? Ich meine ... ich bin so unsicher. Ich wünschte, ich könnte diese Zweifel endgültig besiegen und mich vollkommen Gott zuwenden.“
Felice nickte bestimmt und nahm Elianas Hand. „Ich irre mich nie! Und jetzt sollten wir unser Mittagessen nicht kalt werden lassen.“
Plötzlich falteten alle vier ohne Vorwarnung die Hände, und Eliana beeilte sich, es ihnen nachzumachen. Felice begann das Tischgebet zu sprechen: „ Engel Gottes ...“
Die anderen antworteten mit einer Stimme, und Eliana bemühte sich, wenigstens die Lippen zu bewegen und so zu tun, als kenne sie das kurze Gebet. „ ... mein Beschützer, Gott hat dich gesandt, mich zu begleiten. Erleuchte, beschütze und führe mich. Amen.“
Dieses Mal wartete Eliana, bis Felice die Gabel in die Hand nahm. Ihr knurrte mittlerweile der Magen, aber es war wohl die richtige Entscheidung, da auch die anderen Mädchen auf Felice warteten. Sie war so etwas wie eine Wortführerin oder jemand, an dem man sich orientierte, wie Eliana schnell klar wurde. „Dann seid ihr alle Gott befohlene Frauen?“ nahm Eliana das Gespräch wieder auf, während sie aßen.
Es war Mary, die ihr antwortete. „Nur Felice und Catalina. Sandrine und ich sind noch im Apostolat – das dauert fünf Jahre. Danach wollen wir uns für ein Leben in absoluter Hingabe an Gott entscheiden – das bedeutet, Armut, Keuschheit und Nächstenliebe ... wir leben, um Gottes Wort zu den Menschen zu bringen ... dies ist unsere Mission.“ Mary sah sie freundlich an. „Unser Apostolatsheim liegt in der Via di Villa Troili, ganz hier in der Nähe. Wo wohnst du, Christine?“
„Im Hotel“, gab Eliana wahrheitsgemäß zu. „Mein Seminar an der Universität dauert nur zwei Wochen.“
Das schien Felice zu beunruhigen. Ihre Augen bekamen zur fanatischen Härte einen unangenehmen Glanz. „Du musst uns heute Abend im Apostolatsheim besuchen. Vielleicht gefällt es dir so gut, dass du nach den zwei Wochen nicht wieder gehen willst und dich für den Weg zur Gott befohlenen Frau entschließt. Ich weiß, dass dies dein Weg ist. Ich spüre es sehr deutlich. Wenn nicht heute, dann doch irgendwann. Außerdem ist bei uns gerade ein Platz im Apostolatsheim frei geworden für eine neue Schwester.“ Felice zwinkerte Eliana aufmunternd zu und sah sie gleichzeitig so fordernd an, als könne sie Eliana allein durch Blicke zum Bleiben bewegen.
Eliana beschloss ihr Spiel mitzuspielen und schenkte Felice einen offenen Blick. Da hatte die fanatische Felice offensichtlich vor, sie zu missionieren und umzukrempeln. Dass sich so schnell ein enger Kontakt entwickeln würde, damit hatte Eliana nicht gerechnet. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie hier an dieser Universität richtig war. „Ich komme gerne“, antwortete sie deshalb.
Am Nachmittag wurde sie aus ihrem Kurs geholt und in den Saal gerufen, in dem die Verhöre durchgeführt wurden. Felice lächelte ihr aufmunternd aber auch irgendwie besorgt zu, als Eliana sich noch einmal umdrehte. Es konnte ja nicht lange dauern, denn zur Zeit des Mordes war sie noch nicht einmal in Italien gewesen.
Eliana durfte sich auf einen unbequemen Stuhl setzen, und ein gelangweilter Italiener mit Schmerbauch und rotem Saucenfettfleck vom Mittagessen auf seinem Hemd sprach sie zuerst auf Italienisch an, dann auf Englisch, als ihm klar wurde, dass Eliana kein Italienisch sprach. Demonstrativ drückte er dabei den Aufnahmeknopf eines Recorders, um das Gespräch aufzuzeichnen. Eliana wurde unruhig – vielleicht besaß die italienische Polizei Fahndungsfotos von ihr – sie konnte nur hoffen, dass ihre Typveränderung ausreichend war. Ständig tippte der Beamte mit einem Kugelschreiber auf den Tisch, was Eliana nervös machte, und leierte dabei lustlos seine Fragen herunter – ob sie Giulia gekannt hätte, ob ihr irgendetwas Seltsames aufgefallen wäre, ob Guila beliebt gewesen wäre.
Eliana erklärte ihm mehrere Male, dass sie erst seit heute an dieser Universität studieren würde und vorher in Deutschland gelebt hätte. Es war mühselig, und anscheinend wollte der Polizist sie nicht verstehen, denn immer wieder kam er auf Fragen zurück, die sie beim besten Willen nicht beantworten konnte. Stattdessen wurde er misstrauisch, je ungehaltener sie wurde. „Sind sie nervös, Signora?“
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis der Beamte endlich überzeugt war, dass sie die Wahrheit sagte, nicht ohne sich jedoch im Sekretariat ihrer Angaben
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