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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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der Türschwelle drehte
     sie sich um und sprach zum ersten Mal, seit sie hinter ihrer Schwester her aus der Cafeteria gerannt war.
    »Ich hab dich lieb, Mama«, sagte sie, und dann folgte sie ihrer Schwester in die Wohnung. Cass machte ebenfalls einen Schritt
     hinein, doch Vera hielt sie auf. Die Freundin sah sie mit furchterfüllten Augen an. Sie schien vorauszuahnen, was geschehen
     würde. Vera zog die Tür fast ganz zu, damit die Mädchen sie nicht hören konnten.
    »Ich gehe«, sagte sie. Sie brauchte gar nicht erst zu schreiben, Cass las ihr von den Lippen ab und schüttelte sofort heftig
     den Kopf. »Doch, ich muss.«
    »Nein!« Cassandra klammerte sich an sie und unterdrückte ein Schluchzen. »Ich   … ich komme mit dir.«
    Vera seufzte. Sie wussten beide, dass ihre Töchter nicht allein zurückbleiben konnten. Jemand musste auf sie aufpassen. Und
     sie, Vera, musste gehen. Das war der Weg, für den sie sich entschieden hatte, der einzig mögliche Weg. Bald würde alles vorbei
     sein. Cass hatte versprochen, dass sie alles tun würde, um ihr zu helfen. Nun war der Moment gekommen, sie beim Wort zu nehmen.
     Sie drückte ihrer Freundin den Schlüsselbund in die Hand und nahm sie einen Moment lang in den Arm.
    »Pass gut auf meine Mädchen auf. Und tu, was du kannst, damit sie das alles vergessen.«
    Damit wandte sie sich, ohne eine Antwort abzuwarten, zum Gehen. Sie hörte Cass schluchzen. Cass würde gut auf die beidenachtgeben. Sie würde sich irgendeine Erklärung für Veras Verschwinden ausdenken, und mit etwas Glück würden die Mädchen sich
     schließlich nur noch an die schönen Erlebnisse mit ihrer Mutter erinnern. Clara würde sie manchmal vermissen, aber es erwartete
     sie im Leben noch so vieles, was sie glücklich machen konnte. Für Ana würde sie bald nur noch ein Schatten sein. Die Kleine
     würde sich allenfalls vage an die Stimme ihrer Mutter erinnern.
    Vera ging zum Auto und ließ den Motor an. Dann fuhr sie ans Ende der Straße, hielt dort und stellte den Motor wieder ab. Sie
     würde warten, solange es nötig war. Durch den Rückspiegel beobachtete sie den Hauseingang. Nichts regte sich. Als sich die
     Straßenlaternen einschalteten, tauchte auf der anderen Straßenseite ein Wagen auf. Vera wusste sofort, dass es derjenige war,
     auf den sie gewartet hatte. Der Wagen rollte langsam vorwärts, als hätte der Fahrer nicht die geringste Eile. Einige Meter
     von ihrem Auto entfernt hielt er am gegenüberliegenden Bordstein. Niemand stieg aus. Vera versuchte, im Inneren des Wagens
     etwas zu erkennen, das Laternenlicht spiegelte sich jedoch in den Scheiben. Sie wartete zehn Minuten lang. Dann drehte sie
     den Schlüssel im Zündschloss, und der Motor sprang brummend an. Der Fahrer des anderen Wagens tat es ihr nach. Vera fuhr an
     und hielt noch einmal, bevor sie auf die Hauptstraße einbog. Der andere blieb ebenfalls in wenigen Metern Entfernung stehen.
     Sie sah in den Rückspiegel und erkannte seine Augen. Das war alles, was sie wissen musste. Er war es.
    Sie dankte dem Himmel dafür, dass alles so lief wie geplant, trat aufs Gaspedal und fuhr über die Hauptstraße Richtung Norden.
     Ein paar Sekunden lang glaubte sie, sich getäuscht zu haben: Da war kein Verfolger mehr. Er hatte sie überlistet, und jetzt
     sprang er sicher schon aus dem Wagen, um in die Wohnung zu rennen und ihre Töchter umzubringen.
    Als sie gerade das Lenkrad herumreißen wollte, tauchte der Wagen doch noch hinter ihr auf. Vera achtete darauf, nicht zu beschleunigen.
     Sie wollte ihn von dort fortlocken, ohne Verdachtzu erregen, wollte ihn glauben machen, dass er sie packen konnte, wenn sie anhielt und ausstieg. Je weiter sie nach Norden
     fuhr, desto mehr verdüsterte sich der Himmel. Als sie in die Nähe des Turms kam, glitt das Licht der Bodenscheinwerfer bereits
     über die riesenhafte Struktur aus Beton und Glas.
    Dann geschah etwas Unerwartetes: In der Nähe der Tiefgarageneinfahrt blieb der andere Wagen stehen und schien ihr nicht weiter
     folgen zu wollen. Erst dachte sie, vielleicht gäbe es etwas, das ihren Mann daran hinderte, das Gebäude zu betreten. Dann
     sah sie ein letztes Mal in den Rückspiegel und fand die Erklärung: Auf der Fahrerseite wurde das Fenster heruntergefahren.
     Das grinsende Gesicht ihres Mannes tauchte auf.
    Er fuhr nicht wieder an. Er wollte sie hier sehen, wie sie in den Turm fuhr. Sie hierher gescheucht zu haben, das war sein
     Triumph und vermutlich der einzige Grund

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