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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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Gewinn erzielte. Aber
     das hat mir nie etwas ausgemacht, denn es gibt etwas, das mich für die Last dieser Schuld, die ich zu tragen habe, mehr als
     entschädigt.«
    Gaardner setzte sich an den Schreibtisch. Sein zynisches Grinsen war verflogen. Für einen Augenblick schien er sich in einen
     anderen, fast trübsinnigen Menschen zu verwandeln.
    »Und was ist das?«, wollte Isabel wissen.
    »Geld. Zu Beginn hatte ich dabei kein sehr gutes Gefühl, aber das Geld gestattete mir ein Leben ohne Abhängigkeiten, und das
     war der Firma auch klar. Dann fing ich an, mich an einen gehobenen Lebensstandard zu gewöhnen, und mein Gehalt stieg proportional
     dazu an. Und weißt du, was? Ich habe mir manchmal überlegt, ob ich aussteigen soll, doch genau in dem Moment, wenn ich dachte,
     jetzt wäre Zeit für einen Tapetenwechsel, kam die nächste Gehaltserhöhung. Aber du verstehst mich nicht, oder? Du bist ja
     unschuldig. Dich haben sie nicht bestraft, oder etwa doch? Vielleicht könnte dein Bruder etwas dazu sagen.«
    Isabel wirkte verstört. Sie versuchte zu begreifen, was Gaardner ihr da erzählte, aber es wollte ihr nicht gelingen.
    »Was weißt du von Teo?«, fragte sie beschwörend.
    Gaardner lächelte. Er hatte sie ihren Bruder vergessen gemacht. Ein Kinderspiel war das gewesen mit seinen Autos, seinem Luxusleben.
     Wieder überkam Gaardner dieses befriedigende Gefühl, Macht und Kontrolle über andere zu haben. Es gab auf der Welt nichts
     Besseres, nicht einmal Geld. Und wenn sein erfolgreiches Streben nach diesem Gefühl bedeutete, dass sie ihn nun bald holen
     kamen – das war es wert. Selbst wenn alles vorbei sein sollte. Aber dazu würde es nicht kommen, Isabel würde ihn beschützen.
    »Gar nichts weiß ich von ihm«, antwortete er jetzt nachdenklich. »Und ich hoffe nur, dass das nicht deine Strafe gewesen ist   … Du bist schließlich unschuldig. Na ja, wenn man sich’s genau überlegt, vielleicht trägst du ja doch eine Mitschuld?«
    »Nein! Ich wusste gar nichts von all dem, was du mir da erzählt hast.«
    »Wäre es nicht deine Pflicht gewesen, dich zu informieren, für welche Art von Leuten du tätig bist? Ja, es könnte durchaus
     sein, dass auch du schuldig bist. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Außerdem, denk mal an deinen Job bei mir auf dem
     Stockwerk. Ich weiß nicht, worin deine Aufgabe bestand, aber ich kann dir versichern: Sooft du eine Taste auf deinem PC gedrückt
     hast, war das eine Hilfeleistung für die Bestrebungen des Unternehmens, seinen Profit zu steigern. Wie findest du das? Aber
     keine Sorge, ehrlich gesagt, hoffe ich, dass du doch unschuldig bist, sonst würdest du mir nämlich nichts nützen. Du wirst
     mir nämlich helfen, Schätzchen, du wirst mir beistehen. Wenn sie mich holen kommen, werde ich dafür sorgen, dass sie uns beide
     mitnehmen müssen. Und das wäre nicht in deinem Interesse. Du wirst also tun, was ich dir sage.«
    Er trat zu Isabel, ging neben ihr in die Hocke und strich ihr über den Scheitel. Dann packte er sie ruckartig bei den Haaren
     und zog ihren Kopf nach hinten, so dass sie gezwungen war, ihn anzusehen.
    »Du wirst alles tun, damit sie mich nicht mitnehmen, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete sie, ohne sich zu wehren. Gaardner ließ sie los.
    »So ist es brav. Dann machen wir uns mal bereit.«
     
    Vera fuhr Richtung Süden. Im Wagen sprach niemand ein Wort. Ana schlief an der Schulter ihrer Schwester, die traurig aus dem
     Fenster sah. Vera beobachtete sie im Rückspiegel. Sie würde sie nicht fragen, was genau passiert war. Ihr Gesichtsausdruck
     sagte schon alles. Vera wünschte ihrer Tochter ein anderes Leben, als sie es geführt hatte. Was Vera jetzt vorhatte, das würde
     sie für ihre beiden Töchter tun. Für sie würde sie in ein paar Stunden an den Ort zurückkehren, den sie besser niemals betreten
     hätte.
    Cass sah immer wieder ratlos zu ihr herüber. Bald würde sieerfahren, wie sie ihr helfen konnte. Vor einem mit Graffiti übersäten Gebäude hielt sie den Wagen an und sie stiegen aus.
     Vera sah ihre Töchter liebevoll an. Sie wirkten erschöpft. Sie beugte sich zu ihnen hinunter und sah ihnen in die Augen. Ana
     konnte vor Müdigkeit kaum die Lider offen halten.
    »Tut mir leid, was passiert ist.«
    Clara nickte. Vera hielt die beiden lange im Arm. Dann sperrte sie die Tür zur Wohnung auf, und Ana stolperte mit schlaftrunkenen
     Schritten als Erste hinein. Sie wollte sich nur noch irgendwo hinlegen. Clara folgte ihr, aber auf

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