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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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beinahe
     beendet. Als sie noch einmal an dem bewusstlosen Körper vorbeikam, verspürte sie Lust, ihn dafür anzuspucken, wie er sie behandelt
     hatte, aber sie ließ es bleiben und ging zu den Aufzügen.
    In diesem Moment geschah etwas Unerwartetes. Ein langer Pfeifton zeigte an, dass einer der Aufzüge gleich seine Türen öffnen
     würde. Isabel machte instinktiv kehrt und suchte im erstbesten Büro Zuflucht. Sie hörte, wie die Türen aufglitten, dann entschlossene
     Schritte über den Teppich. Wenn man sie hier fand, würde herauskommen, was sie mit Gaardner angestellt hatte, und ihre Hoffnung,
     Teo zu finden, würde sich in Luft auflösen. Sie spähte durch den Türspalt hinaus auf den Flur. Sobald ihr der Neuankömmling
     den Rücken zukehrte, würde sie loslaufen und mit dem Aufzug verschwinden. Da sah sie eine Frauengestalt an der Tür zur Putzkammer.
     Sie hatte vergessen, das Licht dort auszuschalten.
    »Hallo?«, sagte die Frau, über Gaardners Körper gebeugt. »Brauchen Sie Hilfe?«
    Isabel klappte die Kinnlade herunter. Die Stimme kannte sie doch. Sie öffnete die Tür und trat hinaus auf den Flur.
    »Vera?«
    Erschrocken fuhr die Frau herum, doch dann entspannte sich ihr Gesicht. Die beiden liefen aufeinander zu und umarmten sich.
     Dann ließ Vera sich von Isabel berichten, was seit dem Tag vorgefallen war, als sie sie im »Jym’s« zurückgelassen hatte.
    »Ich hatte eine Mordsangst«, sagte Vera, »wirklich. Und ich wollte nur noch, dass du von hier abhaust, Isabel, aber ich konnte
     es dir nicht erklären. Du hättest gehen sollen, als ich dich darum bat.«
    »Wie viel ist an dem dran, was Gaardner mir erzählt hat?«
    Vera seufzte und setzte sich in einen der Drehsessel im Eingangsbereich.
    »Ich weiß nicht, was er damit meint, dass sein Stündlein geschlagen hat, aber alles andere   … das stimmt. Wahrscheinlich erzähleich dir am besten, was in der Nacht passiert ist, als Alberto verschwand.«
    Vera erzählte, wie sie damals nach Hause gekommen war und ihre Töchter weinend vorgefunden hatte, völlig verschreckt. Jemand
     sei im Zimmer der Mutter, sagten sie, und er habe von innen abgesperrt. Vera konnte die Tür jedoch problemlos öffnen. Sie
     ging hinein und schaltete das Licht an. Unter der Bettdecke lag jemand. Eine reglose Masse. Sie dachte, ihre Töchter hätten
     sich einen Scherz mit ihr erlaubt, und kam deshalb nicht auf die Idee, die Polizei zu rufen. Vielleicht war es ja ein Geschenk
     für sie. Doch einen Augenblick, bevor sie die Decke zurückschlagen konnte, stieg ihr ein vertrauter Geruch in die Nase. Der
     Befehl ihres Gehirns an die Muskeln kam zu spät. Ihr Mann ließ ihr keine Zeit, beiseitezuspringen. Ein Grinsen huschte über
     sein Gesicht, und schon stürzte er sich auf sie und prügelte sie blutig. Dann leerte er ihre Handtasche auf dem Bett aus,
     während Vera sich vom Boden aufzurappeln versuchte. Er machte einen Anruf – »Komm sie holen, Arschloch« – und schleuderte
     ihr dann das Handy ins Gesicht, um wieder zu verschwinden, als wäre er nie da gewesen. Minuten später klingelte Alberto Hernán
     an der Haustür. Als er Veras Wunden sah, war er sichtlich bestürzt, aber weniger überrascht, als sie gedacht hätte. Später
     sollte sie begreifen, warum: Alberto wusste schon, was los war. Seit diesem Moment hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Er
     hatte sich in Nichts aufgelöst.
    »Und was genau soll er gewusst haben?«, fragte Isabel.
    »Isabel, seit einer Woche verstecke ich mich vor meinem toten Mann. Erinnerst du dich an Cassandra? Ich habe sie vor ein paar
     Tagen aus einer Klinik geholt. Sie hat sich beide Trommelfelle durchstochen, weil sie pausenlos Babygeschrei hörte. Sie war
     überzeugt, das sei das Weinen des Kindes, bei dem sie eine Fehlgeburt hatte. Gaardner hat es dir ja gesagt, Isabel. Die Firma
     ist nicht so sauber, wie sie vorzuspiegeln versucht. Wer fette Gewinne einfahren will, darf es mit der Moral und mit den Folgen
     seiner Handlungen nicht allzu genau nehmen, und die Firmaversteht es bestens, uns für unseren Anteil an schmutziger Arbeit zu entschädigen. Jetzt aber ist jemand oder etwas angetreten,
     um uns dafür büßen zu lassen, und ich bin hier, um meine Schuld zu begleichen.« Isabel runzelte die Stirn. Sie verstand nicht.
     Vera richtete sich auf und sah ihr müde in die Augen. »Ich bin schon zu lange auf der Flucht, und meine Mädchen waren schon
     mehrmals in Lebensgefahr. Alberto hat es mir erzählt, bevor er

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