Der 26. Stock
Hallo!«
Márquez antwortete nicht. Er hatte bereits eine Jacke und sein Schulterhalfter gepackt und rannte die Treppe hinunter.
Das Licht ging aus, und der Aufzug blieb erneut stehen. Isabel stöhnte. Nur die schwache Notbeleuchtung trennte sie noch von
der völligen Dunkelheit.
»Rührt euch nicht von der Stelle«, bat Zac.
Sie warteten einige Sekunden lang, aber nichts geschah. Wenn die Stromversorgung definitiv ausgefallen war oder man sie vom
Netz abgeschnitten hatte, würde das Feuer sie in wenigen Minuten erreicht haben.
»Was ist denn passiert? Wir müssen ganz nah dran sein«, sagte Vera.
Zac hob die Schultern. Ohne Vorwarnung ging das Licht wieder an, und ihm war sofort wohler zumute. Die Abdeckung an der Decke
sah genauso aus wie bei den anderen beiden Aufzügen. Er würde sie weder durchschneiden noch abnehmen können.
»Vielleicht geht es ja gleich wieder …«
Bevor er den Satz beenden konnte, schepperte es über ihren Köpfen. Etwas schlug gegen das Dach des Aufzugs und prallte wieder
ab. Der Aufzug neigte sich zur Seite. Zac begriff sofort, was los war, und packte die Aufzugtür, so fest er konnte. Es war
das zweite Mal, dass seine Hände diese Marter ertragen mussten. Wenn das erste Halteseil aus dem Schacht gegen die Kabine
geprallt war, blieben ihnen nur wenige Sekunden, bis das zweite Seil unter dem Gewicht riss.
»Packt mit an!«
Mit vereinten Kräften versuchten sie, die Tür zu öffnen. Wenn sich dahinter die Betonwand zeigte, gäbe es für sie keinen Ausweg
mehr. Wenn sie dagegen auch nur einen schmalen Spalt Metall sehen würden – die Türen auf einem Stockwerk –, dann hätten sie eine Chance auf Rettung. Und so war es. Die Aufzugtür ließ sich einen Spalt breit öffnen und dahinter tauchte
das Stockwerk auf. Zac hatte zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, dass jemand da oben über ihn wachte. Er sah Vera und
Isabel fassungslos an. Wieder ächzte es im Aufzugschacht.
»Raus hier!«, rief Vera.
Kaum hatten sie den Aufzug verlassen, stürzte dieser in die Tiefgarage. Zac warf einen raschen Blick in den Schacht. Eine
gewaltige Staubwolke schoss herauf. Dann schloss sich die Tür.
»Der Rückweg ist abgeschnitten. Jedenfalls im Aufzug. Das war der letzte, der noch ging.«
»Wo sind wir?«, fragte Isabel und sah sich um. Vera stand auf.
»Im obersten Stockwerk, schätze ich.«
Es gab keine Leuchtröhren, keine Lampen, auch sonst keine Beleuchtung, bis auf ein schwaches, rötliches Licht, das überall
war. Es mischte sich mit einem merkwürdig dichten Nebel. Zac ging darauf zu und verschwand darin.
»Wo gehst du hin?«, fragte Isabel. Vera trat an ihre Seite und flüsterte ihr zu: »Warum ist Zac eigentlich hier?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Isabel. »Wegen Carlos, nehme ich an.«
Vera fasste sie beim Arm, und sie traten ebenfalls in den wabernden Nebel ein.
»Ich hoffe, du hast recht.«
Vera kniff die Augen zusammen und versuchte, etwas zu erkennen.
»Da ist er!«
Sie folgte Isabels Finger, der nach vorne zeigte. Zacs Gestalt war ein paar Meter weiter zu erahnen. Er stand reglos im Nebel.
Isabel wollte weitergehen, aber Vera hielt sie fest. Als Isabel sie verwundert ansah, schüttelte Vera den Kopf.
»Zac?«, fragte sie tonlos und zog dabei Isabel mit sich. Keine Antwort. »Zac?«
»Hinter dem Nebel ist eine Wand«, erklärte in diesem Moment Zacs Stimme in ihrem Rücken. Zac merkte nicht, dass die beiden
Frauen herumfuhren und ihn anstarrten wie ein Gespenst. »Anscheinend gibt es hier nur einen Korridor, der rausführt, und das
ist der da drüben«, fuhr er fort.
Da sah er, was die Frauen zuvor gesehen hatten: die Silhouette eines Mannes im Nebel, ungefähr so groß wie er, genau an der
Stelle, von wo der einzige Korridor abging.
»Wer ist das?«, fragte er.
»Wir dachten, das bist du«, antwortete Vera und sah wieder in Richtung der Gestalt.
Zac sagte nichts. Die drei hatten gesehen, wie die Gestalt einen Schritt auf sie zumachte. Dann noch einen und noch einen.
Kaum zwei Meter vor ihnen zeichnete sich das Gesicht des Unbekannten langsam zwischen den Nebelschwaden ab. Der Mann sah Vera
direkt in die Augen, als hätte er sie schon aus mehreren Metern Entfernung erkannt.
»Ich habe nicht geglaubt, dass ich dich noch mal sehen würde«, sagte er. »Wie geht es dir?«
»Alberto …«
Vera machte einen Schritt auf ihn zu. Er lebte. Und er war gekommen, um sie hier rauszuholen. Alberto Hernán hob die Hand
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