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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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deutlich
     zu hören war.
    »Ich bin kein guter Mensch«, sagte er schließlich. »Ich bin nur ein Toter.«
    Damit marschierte er weiter und verschwand im Nebel. Zac und Isabel warteten gespannt Veras Reaktion ab. Nach einem Moment
     ging sie Alberto hinterher, und die beiden folgten ihr. Sie hörten ein Surren. An der Decke des Korridors fuhr eine Videokamera
     auf einer kleinen Schiene hinter ihnen her. Sie erreichten einen großen Raum. Vera sah sich um. Der Nebel war weg, das rötliche
     Licht noch da. An den Wänden standen mehrere Betten, und dazwischen kleine Regale. Die Regale waren voll mit Büchern, achtlos
     angehäuften Kleidungsstücken, Cremes und Tuben   … Durch die Fenster war kein Sternenhimmel zu erkennen. Man hatte sie alle mit großen Blechplatten versiegelt. Wie in einem
     Bunker, dachte Vera. Ein Bunker auf über hundert Metern Höhe, in dem es nach vergammelndem Essen riecht.
    »Wohin bringt der uns?«, flüsterte Zac.
    Vera zuckte die Achseln.
    »Ich weiß nicht, aber ich denke, ihr solltet vielleicht lieber umdrehen. Noch habt ihr Zeit dazu.«
    »Habt ihr nicht«, drang Albertos Stimme zu ihnen. Er bog gerade in einen anderen Korridor ein. Offenbar konnte er sie ohne
     Weiteres hören.
    »Und wenn schon«, meinte Zac, »wir würden ohnehin nicht gehen.«
    Isabel nickte zur Bestätigung. Alberto war stehen geblieben und wartete vor einer breiten Doppeltür. Er ergriff einen dicken
     goldenen Türklopfer, pochte gegen die Tür und trat ein. Die drei anderen folgten ihm. Isabel, die als Letzte eintrat, warf
     einen raschen Blick auf die merkwürdigen kunstvollen Reliefdarstellungen auf der Holztür: groteske Wesen in abstrusen Posen,
     geflügelte Drachen mit Krötenbeinen, riesige Schmetterlinge, die auf dem Rücken Zwitterwesen trugen, halb Mensch, halb Ziegenbock.
     Der Türklopfer selbst war eine Kralle mit scharfen Klauen aus goldenem Metall. Isabel erinnerte sich vage an Hieronymus Boschs
     albtraumhafte Ölgemälde.
    Die Tür schloss sich, kaum dass sie sie durchschritten hatten, und Isabel konnte die Gesichter der Toten sehen. Fünfzehn Männer
     und Frauen saßen in breiten schwarzen Ledersesseln um einen ebenso schwarzen ovalen Tisch herum, der wie Obsidian glänzte.
     Schwarze Wände, ein schwarzer Teppich, schwarze Vorhänge vor den Fenstern. Das Schwarz saugte alles Licht auf. Lediglich die
     kleinen Lämpchen auf dem Tisch beleuchteten die Holzstücke, die jeder vor sich stehen hatte. Es roch nach Schweiß und Moder.

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    Alberto ging langsam ans hintere Ende des Tischs. Dort standen zwei unbesetzte Stühle. Während er den Weg zurücklegte, musterte Isabel jeden einzelnen
     der Anwesenden, die um den Tisch versammelt saßen. Sie kannte sie gut. Sie hatte ihre Personalblätter in der Hand gehalten.
     Sandra M., Waise, hervorragende Bewertungen, ein breites Lächeln auf dem einzigen Foto, das Isabel von ihr gesehen hatte.
     Sie erinnerte sich daran. Vielleicht lag es ja nur an dem dunklen Raum, aber sie hatte das Gefühl, die Zeit hätte sich mit
     der fröhlichen jungen Frau auf dem Foto einen bösen Scherz erlaubt und sie zu einem Zerrbild dessen werden lassen, was sie
     einmal gewesen war. Ihr Lächeln war nun eine seltsam abwesende Grimasse.
    Bei Javier F., dem Leiter für Institutionelle Beziehungen, fiel Isabel auf, wie wachsbleich seine Haut geworden war. Aus seinem
     Körper schien sämtliches Blut gewichen zu sein. Ein guter Vater und Ehemann, bis er seine Familie verloren hatte. Selbst Einzelkind.
     Alfredo Torres, dessen Spur sie vor drei Tagen zu verfolgen versucht hatte, saß zusammengekrümmt da und krallte nervös die
     Finger beider Hände zusammen. Auch die anderen waren da, allesamt Absolventen der besten öffentlichen Universitäten im Land,
     deren Akte zu gegebener Zeit mit der Holzfällermarkierung versehen worden war.
    Neben Vera trat Zac unruhig von einem Fuß auf den anderen. Die sind alle tot, schoss ihm durch den Sinn. Alberto gelangte
     an einen der freien Stühle am Kopfende, setzte sich jedoch nicht. Stattdessen wies er auf die Neuankömmlinge.
    »Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen Isabel vorstellen,und das sind Vera und   …« Zac nannte ihm einen falschen Namen. Er wollte kein Risiko eingehen. »Einige von Ihnen werden die Damen bereits kennen.
     Vera war die beste Sekretärin, die ich jemals gehabt habe, und überdies eine persönliche Freundin. Was Isabel angeht, so hat
     unser Vorsitzender, wie ich glaube, Interesse bekundet, ihr einen

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