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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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schweren Wunden im Koma lag? Das Handy
     klingelte erneut. Isabel sah aufs Display, es war dieselbe Nummer. Einmal würde sie noch drangehen.
    »Jetzt hör mal zu, du Idiot«, sagte sie verärgert. »Wenn du mich noch mal anrufst, benachrichtige ich die Polizei und   …«
    »Carlos hat mir deine Nummer gegeben.« Isabel hielt inne. Sie war verwirrt. »Ich weiß nicht, ob er dich irgendwie geärgert
     hat, und ich will dir auch nicht auf den Geist gehen, aber er hat mich ausdrücklich gebeten, dich anzurufen.«
    Isabel erholte sich nur mühsam von ihrer Überraschung. Hugo hatte sie gewarnt, achtsam zu sein, und alles deutete darauf hin,
     dass sie jetzt Gelegenheit dazu bekam, seinen Rat zu befolgen.
    »Carlos hat dich sicher nicht darum gebeten. Er liegt seit Samstag im Koma.«
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung wurde durch einen vorbeirasenden Krankenwagen übertönt.
    »Scheiße«, sagte der Mann. »Damit habe ich fast schon gerechnet. Was ist passiert? Geht es ihm sehr schlecht?«
    Irgendwie kam Isabel dieser Tonfall allmählich doch bekannt vor.
    »Wenn du mir sagst, wer du bist und was du von mir willst,dann antworte ich dir vielleicht. Wenn nicht – ich traue einem Unbekannten nicht.«
    »Klar«, gab der Mann zu. »Ich vermute, wenn Carlos mir deine Nummer gegeben hat, dann, weil er dich für einen vorsichtigen
     Menschen hält. Also, heute Morgen kam bei mir in der Bar ein Brief an, ein Umschlag, auf dem als Absender Carlos stand. Darin
     steckte noch ein Umschlag. Den habe ich hier. Darauf steht: ›Das ist für I.‹ und darunter deine Telefonnummer. Ich bin eben
     davon ausgegangen, dass du I. sein musst.«
    »Ja, ich bin I.«, bestätigte Isabel. Ein Umschlag von Carlos für sie? Das Ganze hörte sich immer noch nach einem Scherz an.
     »Was ist in dem Umschlag? Und wer bist du?«
    »Also, du hast mir auch noch nicht verraten, wie es Carlos geht, aber egal, ich werd’s dir sagen. Der Umschlag ist leicht,
     und ich glaube, dass er einen kleinen Gegenstand enthält, aber aufgemacht habe ich ihn nicht. Wenn Carlos ihn mir so geschickt
     hat, dann, weil er wollte, dass du ihn öffnest. Tja, und zu der Frage, wer ich bin: Erinnerst du dich noch ans ›Lennon‹?«
    Na klar, sie war doch erst vor vier Tagen dort gewesen. Die Bikerkneipe. Dort hatten sie und Carlos ihre schönsten Augenblicke
     verbracht. Eine Ewigkeit schien seither vergangen.
    »Ja, das kenne ich«, gab sie zurück. »Carlos war letzte Woche mit mir dort.«
    »Ah«, rief der Typ. »Jetzt weiß ich, wer du bist. Die Frau, die mit ihm hier war. Als er zu mir an die Bar kam, sagte er,
     ihr seid Arbeitskollegen. Inma oder I…«
    »Isabel.«
    »Genau, Isabel. Ich bin Zac, Zacarías. Lange weiße Haare.«
    Ja, jetzt erinnerte sie sich. Der Mann, der ihr vom Tresen aus zugewunken hatte. Ein merkwürdiger Typ.
    »Ach so. Dir gehört die Bar, oder?«
    »So ungefähr. Genau genommen ist meine Frau die Besitzerin. Aber gut, jetzt weißt du, wer ich bin. Kannst du mir jetzt sagen,
     was mit Carlos passiert ist und warum er mich beauftragt hat, dir den Umschlag zu geben?«
    Isabel ordnete ihre Gedanken. Ihr Gegenüber war keine Vertrauensperson. Sie wollte nichts erzählen, was nicht direkt mit Carlos
     zusammenhing.
    »Vergangenen Samstag ist er spätabends bei mir aufgetaucht«, sagte sie. »Ich habe die Tür aufgemacht und er lag vor mir auf
     dem Boden. Die Ärzte sagen, er sei zusammengeschlagen worden.«
    Auf einmal hatte sich Zacs Stimme vollkommen verändert.
    »Wer war das?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Isabel. »Keiner weiß es. Die Polizei ermittelt noch.«
    Sie hörte, wie Zac sarkastisch auflachte.
    »Und er selbst hat nichts gesagt?«, fragte er.
    »Nein, er   … er hat das Bewusstsein verloren, als er vor meiner Tür lag. Jetzt ist er   … Er ist noch nicht aufgewacht. Aber sie sagen, dass es ihm bald wieder besser geht.«
    Sie wollte das Wort »Koma« nicht wieder in den Mund nehmen. Rasch fuhr sie fort und erklärte ihm, in welchem Krankenhaus Carlos
     lag.
    »Alles klar.« Auf einmal klang die Stimme hastig, als hätte er es eilig. »Wir sehen dort. Dann erklärst du mir alles, ja?
     Ich fahre sofort los. Bis gleich.«
    Isabel blieb keine Zeit zu antworten. Er hatte aufgelegt. Was er gerade erfahren hatte, schien ihn sehr wütend gemacht zu
     haben. Da hatte Carlos ihm also ein Päckchen für sie geschickt. Das hieß, dass er ihm vertraute. Aber warum hatte er es ihr
     nicht selbst gegeben? Und wann hatte er es

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