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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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in telefonischem Kontakt mit Washington stand. Ein Captain der Sondereinsatztruppen, Joe Szerbiak, hatte das Kommando.
    »Wir gehen folgendermaßen vor«, sagte Molinari, der knapp dreißig Meter vom Haus entfernt hinter einem schwarzen Streifenwagen kniete. »Wir rufen
ein Mal
an. Sie sollen eine Chance bekommen, sich zu ergeben. Wenn nicht« – er nickte Szerbiak zu –, »sind Sie an der Reihe.«
    Der Plan war, Tränengaspatronen durch die Fenster zu schießen und so alle zum Verlassen des Hauses zu zwingen. Sollten sie
kalt
herauskommen, also freiwillig, dann würden wir sie überwältigen und abführen.
    »Und wenn sie
heiß
rauskommen?«, fragte Joe Szerbiak und legte seine kugelsichere Weste um.
    Molinari zuckte mit den Achseln. »Wenn sie rauskommen und gleich um sich schießen, dann müssen wir sie unschädlich machen.«
    Der eine unwägbare Faktor bei der ganzen Operation war der Sprengstoff. Wir wussten, dass sie Bomben hatten. Alle hatten noch genau vor Augen, was sich vor zwei Tagen im Rincon Center abgespielt hatte.
    Das Einsatzteam stand bereit. Mehrere Scharfschützen hatten Posten bezogen. Die Abordnung, die das Haus stürmen sollte, sammelte sich in einem Panzerfahrzeug, bereit, jeden Moment in Aktion zu treten. Cindy Thomas war bei uns. Ein Mädchen, das zu denen da drin gehörte, vertraute ihr offenbar. Michelle. Die möglicherweise mit Wendy Raymore, dem Kindermädchen, identisch war.
    Ich war nervös und aufgeregt. Ich wünschte, es wäre schon vorbei. Kein Blutvergießen mehr, einfach nur aus und vorbei.
    »Glauben Sie, die wissen, dass wir hier draußen sind?« Tracchio betrachtete das Haus aus der Deckung eines Funkwagens heraus.
    »Wenn nicht«, erwiderte Molinari, »dann werden sie es gleich wissen.« Er sah Szerbiak an. »Captain«, sagte er und nickte ihm zu, »Sie können jetzt anrufen.«
97
    Im Haus Nr. 722 Seventh Street drehten sie allmählich alle durch.
    Robert, der Veteran, hatte sich ein Automatikgewehr geschnappt und kauerte unter einem der vorderen Fenster, von wo aus er die Situation vor dem Haus zu überblicken versuchte. »Da draußen steht eine ganze Armee! Überall Cops, wohin man schaut!«
    Julia schrie und gebärdete sich wie eine Wahnsinnige. »Ich hab euch doch gesagt, verschwindet aus meinem Haus! Ich hab euch gesagt, ihr sollt verschwinden!« Sie sah Mal an. »Was machen wir denn jetzt?
Was machen wir denn jetzt?
«
    Mal wirkte ganz ruhig. Er trat ans Fenster und spähte durch den Vorhangschlitz. Dann ging er ins Nebenzimmer und kam mit einem schwarzen Rollkoffer zurück. »Was wir jetzt machen? Sterben vermutlich«, sagte er.
    Michelles Herz schien tausendmal in der Sekunde zu schlagen. Jeden Moment konnte ein Trupp uniformierter, schwer bewaffneter Männer das Haus stürmen. Ein Teil von ihr war vor Angst wie gelähmt, ein Teil empfand Scham. Sie wusste, dass sie ihre Freunde im Stich gelassen hatte. Dass sie alles zunichte gemacht hatte, wofür sie gekämpft hatten. Aber sie hatte geholfen, Frauen und Kinder zu ermorden, und jetzt konnte sie vielleicht dem Töten ein Ende setzen.
    Da klingelte plötzlich das Telefon. Alle erstarrten für einen Moment, die Augen auf den Apparat gerichtet. Das Läuten zerriss die Stille wie eine Alarmglocke.
    »Geh dran«, sagte Robert zu Mal. »Du willst doch ständig der Boss sein. Geh schon dran.«
    Mal ging auf das Telefon zu. Es läutete ein viertes, ein fünftes Mal. Endlich hob er ab.
    Er hörte stumm zu. Seine Miene verriet weder Angst noch Überraschung. Dann nannte er ihnen sogar seinen Namen. »Stephen Hardaway«, sagte er stolz.
    Wieder hörte er längere Zeit nur zu. »Ich habe Sie verstanden«, antwortete er schließlich. Er legte den Hörer auf die Gabel, schluckte trocken und blickte in die Runde. »Sie sagen, wir haben nur diese eine Chance. Wer gehen will, sollte es lieber gleich tun.«
    Es war totenstill im Zimmer. Robert hockte am Fenster, Julia hatte den Rücken an die Wand gepresst. Mal schien nun doch geschockt und wusste keine Antwort mehr. Michelle hätte am liebsten laut herausgeschrien, dass sie das alles ihr zu verdanken hatten.
    »Also, mich kriegen die jedenfalls nicht«, sagte Robert. Er nahm sein Automatikgewehr und ging rückwärts zur Küchentür, ohne den Blick von dem Van in der Einfahrt zu wenden.
    Er zwinkerte ihnen zu – eine Art stummer Abschiedsgruß. Dann riss er die Tür auf und stürmte aus dem Haus.
    Als er noch etwa einen Meter von dem Wagen entfernt war, hob er die Waffe und gab einen

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