Der 4-Stunden-Koerper
Pickel in meinem Gesicht. Zuerst verglich ich sechs Tabletten am Tag (eine hohe Dosis) mit vier Tabletten am Tag (die verschriebene Dosis). Zu meiner Überraschung blieb die Zahl der Pickel unverändert. Ich probierte andere Dosierungen. Schließlich landete ich bei zehn Tabletten pro Tag. Zu meinem Entsetzen hatte ich mit zehn Tabletten am Tag genauso viele Pickel wie mit vier oder sechs Tabletten. Die Schlussfolgerung war unvermeidlich: Das Medikament wirkte nicht. (Viele Jahre später erschienen die ersten Forschungsartikel über antibiotikaresistente Akne.) Tetracyclin ist verschreibungspflichtig; es hat durchaus Nebenwirkungen. Ich hatte es monatelang eingenommen.
Mein Hautarzt hatte mir außerdem eine Creme mit Benzoylperoxid verschrieben. Zu Beginn meines Selbstversuchs dachte ich, das Tetracyclin hätte eine starke und das Benzoylperoxid eine schwache Wirkung, daher nahm ich die Creme nur selten. Eines Tages ging mir das Tetracyclin aus. Besser, ich nehme wenigstens die Creme, dachte ich. Zum ersten Mal trug ich die Creme regelmäßig auf. Wieder war ich schockiert: Sie wirkte gut. Zwei Tage, nachdem ich mit dem Auftragen begonnen hatte, ging die Zahl der Pickel deutlich zurück. Als ich die Creme nicht mehr benutzte, nahm die Zahl der Pickel nach zwei Tagen wieder zu. Als ich wieder die Creme auftrug, ging die Zahl erneut zurück.
Meine Daten ließen keine Zweifel offen, dass erstens das Tetracyclin nicht wirkte und dass zweitens Benzoylperoxid wirkte – genau umgekehrt, wie ich ursprünglich gedacht hatte. Mein Hautarzt dachte, beides würde wirken. Er hatte Hunderte von Aknepatienten gesehen und wahrscheinlich Hunderte Artikel über Akne gelesen. Doch in ein paar Monaten stellte ich etwas Wichtiges fest, was er nicht wusste.
Das war nicht der übliche Weg bei Selbstversuchen. Egal welches Buch man dazu liest, beispielsweise Lawrence Altmans Who Goes First? The Story of Self-Experimentation in Medicine , man glaubt danach, dass Selbstversuche von selbstlosen Ärzten unternommen werden, die neue und gefährliche Behandlungsmethoden an sich ausprobieren. Ich machte andere Erfahrungen. Ich versuchte nicht, jemand anderem zu helfen. Ich probierte keine gefährliche neue Behandlungsmethode aus. Anders als die bekanntere Form des Selbstversuchs, bei der normalerweise bestätigt wird, was der Experimentierende annimmt, zeigte mein Selbstversuch, dass ich falsch gelegen hatte.
Von meinem Akneexperiment lernte ich, dass Selbstversuche auch von Laien durchgeführt werden können, a) um festzustellen, ob die Experten recht haben, und b) um etwas zu lernen, was die Experten nicht wissen. Ich hatte nicht gewusst, dass so etwas möglich war.
Das nächste Problem, das ich daraufhin zu lösen versuchte, war das frühe Aufwachen. Etwa seit meinem zwanzigsten Lebensjahr wachte ich regelmäßig frühmorgens auf, so gegen vier, immer noch müde, aber unfähig, noch einmal einzuschlafen. Erst nach ein paar drögen Stunden konnte ich wieder einschlafen. Das passierte etwa jeden zweiten Morgen. Es schien nicht von selbst aufhören zu wollen. Ich hatte aber nicht vor, mein ganzes Leben lang Schlaftabletten zu nehmen – dafür hätte es auch nicht die passenden Tabletten gegeben –, deshalb ging ich nicht zum Arzt. Die einzige Hoffnung lag für mich im Selbstversuch.
Also tat ich Folgendes:
Ich notierte einige Details zu meinem Schlaf. Das Wichtigste war, ob ich wieder einschlief, nachdem ich aufgewacht war. Wie oft das passierte, war für mich der Maßstab für die Schwere des Problems. Anfangs konnte ich an 50 Prozent der Tage nicht wieder einschlafen.
Ich testete mögliche Lösungen.
Zuerst machte ich Sport. Es half nichts. Nach einem Tag mit Training wachte ich genauso häufig zu früh auf wie nach einem Tag ohne Training. Ich versuchte es mit Käse zum Abendessen. Das half nicht. Ich probierte verschiedene andere Hausmittel. Keines half. Nach mehreren Jahren gingen mir die Mittel aus, die ich probieren konnte. All meine Ideen, was helfen könnte, hatten sich als falsch erwiesen.
Dennoch machte ich gewisse Fortschritte. Aus einem ganz anderen Grund aß ich zum Frühstück anstelle von Haferbrei Obst. Ein paar Tage später wachte ich nicht mehr jeden zweiten, sondern jeden Morgen zu früh auf. Das Problem hatte sich also verschlimmert. Das war mir noch nie passiert. Ich notierte die Änderung beim Frühstück auf demselben Blatt, auf dem ich auch meine Schlafzeiten aufschrieb, daher war der Zusammenhang leicht zu
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