Der 4-Stunden-Koerper
Schriften.
Ockhams Trainingsplan I: Ein minimalistischer Ansatz bei der Masse
Es ist sinnlos, mehr zu tun, wenn etwas mit weniger erreicht werden kann.
Wilhelm von Ockham (um 1288 – 1348), »Ockhams Rasiermesser«
Im Meer, 30 Meter vor Malibu, Kalifornien
Ich paddelte auf meinem Surfbrett, etwa 6 Meter neben mir war Neil Strauss, der Autor des Bestsellers Die perfekte Masche .
Die Abendsonne glitzerte auf dem blauen Wasser, und er surfte eine Welle nach der anderen. Ich weniger. Während ich immer wieder wie ein verletzter Seelöwe in die Gischt plumpste, erzählte ich Neil, dass mein nächstes Buch eine Art Hacker-Guide zum menschlichen Körper werden sollte. Ob er vielleicht Interesse hätte, in vier Wochen ungefähr 4,5 Kilo an Muskelmasse zuzulegen?
Er hörte auf zu surfen und drehte sich zu mir:
»Ich bin dabei.« Neil wog 56 Kilo.
Vier Monate später machten wir uns an die Arbeit. Wir saßen im Hawaii-Restaurant Paradise Cove, und ich sah ungeduldig zu, wie Neil 45 Minuten brauchte, um eine kleine Vorspeise mit Meeresfrüchten zu bewältigen. Wenn ihm etwas einfiel, verharrte er mit der Gabel kurz vor dem Mund, und dort blieb sie minutenlang. Das machte mich wahnsinnig.
Doch für ihn war diese gletscherartige Langsamkeit anscheinend schon eine enorme Verbesserung. Er hatte mir eigens ein Interview gemailt, das er mit Julian Casablancas von The Strokes geführt hatte:
Julian: Du bist ein sehr langsamer Esser. Du hältst seit einer Dreiviertelstunde ein Schinkensandwich in der Hand.
Neil: Ja, stimmt. Ich weiß.
Julian: Du hast nur einen kleinen Bissen genommen. Ich weiß nicht, ob du überhaupt kaust oder ob sich das Essen nicht einfach in deinem Mund auflöst.
Mir blieb keine andere Wahl, ich begann, Neil zwischen den Sätzen immer wieder einen Löffel mit Vollkornreis in den Mund zu schieben. Die Gäste an den Nachbartischen beobachteten uns irritiert. Die riesigen bunten Schirmchen, die aus unseren »Cocoladas« in der Kokosnussschale ragten, ließen die Szene noch fragwürdiger erscheinen. Es war sehr schwülstig.
Neil war schon als Kind bestraft worden, weil er nur »Neil-kleine« Bissen nahm und seine Eltern bei Tisch immer auf ihn warten mussten. Weil er nicht auf sein Zimmer hochgeschickt werden wollte, stopfte er sich schließlich alles in den Mund, was allerdings oft zur Folge hatte, dass er quer über den Esstisch kotzte.
Ziemlich unappetitlich.
Neil nahm einen Schluck von seiner Cocolada und sagte, ihm sei schlecht. Ich sagte ihm, er solle weiteressen. Er schaute auf seinen Teller und wiederholte:
»Junge, mir ist wirklich schlecht.«
Also wiederholte ich:
»Nein, du willst nur nicht essen. Nimm größere Bissen. Du wirst dich dran gewöhnen. « Dann rückte ich zur Sicherheit ein Stückchen von ihm ab, damit mich die Fontäne im Fall der Fälle nicht treffen würde.
Obwohl wir uns aufführten wie ein zänkisches Ehepaar, war ich absolut zuversichtlich: Schließlich hatten wir unser Projekt erst vor 48 Stunden begonnen.
Die Dinge entwickelten sich tatsächlich wie geplant. Fünf Tage später bekam ich von Neil die folgende Nachricht:
Ich muss dir sagen, du hast mich in eine heißhungrige Fressmaschine verwandelt. Und mit dem gesunden Essen, dem Training, der frischen Luft in Malibu und der Brandung fühle ich mich geistig und körperlich verdammt gut.
Er hatte mir geschrieben, weil er an einem Wendepunkt angekommen war. Er hatte ein ganzes Steak in der Hälfte der Zeit verputzt, die die Familienmitglieder seiner Freundin benötigten, hatte dann ihre Reste gegessen und dann die Steakreste der anderen. Ein Bandwurm? Nein, seine Verdauungsenzyme, sein Magen und die Darmflora hatten sich nur an die erhöhte Nahrungsaufnahme gewöhnt; er war nun in der Lage, sie auch zu verarbeiten.
Zehn Tage nach Beginn des Programms war Neils Sexualtrieb so enorm, dass es schon fast ein Problem war. Seine Freundin musste ihn wegschubsen, als ob er ein egoistischer 19-Jähriger wäre. Ein starker Sexualtrieb ist natürlich ein Luxusproblem – und eine Nebenwirkung der erhöhten Proteinsynthese.
In nur vier Wochen nahm Neil, der davor noch nie an Gewicht zulegen konnte, 4,5 Kilo Muskelmasse zu. Statt 56,6 Kilo wog er 61,2 Kilo und hatte damit sein Gesamtgewicht um fast 10 Prozent erhöht.
Der Fahrradschuppeneffekt
In diesem Kapitel wollen wir alles auf das absolute Minimum reduzieren. Doch bevor wir anfangen, müssen wir über den »Fahrradschuppeneffekt« sprechen, der
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