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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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rührte ein bisschen darin herum. Simon nickte vor sich hin, ausnahmsweise ernst. Einen Moment dachte ich, ich hätte die Situation falsch eingeschätzt und etwas Unangebrachtes gesagt. Pete lehnte sich zurück und schaute zum Fenster hinüber, als sei da etwas Interessanteres zu sehen als nur flache, helle Rollläden.
    Jetzt hast du dich zu weit vorgewagt, sagte ich mir.
    Dann seufzte Pete.
    »Es hat uns alle sehr mitgenommen«, sagte er. »Manche offensichtlich mehr als andere. Ist ’ne schwierige Sache, einen Kollegen zu verlieren. Und Andy war immer viel mehr als das.«
    Ich nickte und verstand den dezenten Hinweis auf Mercer. Manche, hatte Pete gerade gesagt, offensichtlich mehr als andere. Es war eine stillschweigende Bestätigung, abgesehen von der Zeitabfolge in der Akte, dass die Ereignisse dieses Falls zu Mercers Zusammenbruch zumindest beigetragen hatten, wenn sie nicht sogar die Ursache gewesen waren.
    »Natürlich«, sagte ich.
    Greg und Simon schwiegen jetzt und ließen Pete weitermachen.
    Ich konnte erraten, worum es ging: Ob sie mich an dem teilnehmen lassen wollten, was in ihren Köpfen vorging. Pete sah immer noch zur Seite und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Gleich darauf traf er eine Entscheidung, wandte sich wieder an mich, und da wusste ich, dass ich in ihren Kreis aufgenommen war.
    »Was halten Sie von ihm, bis jetzt?«, sagte er.
    »Von Mercer?«
    »Ja. Wie ist Ihre Meinung von ihm?«
    Ich stockte. Die Frage war so prekär, dass ich sie einen Moment lang in der Luft hängen ließ und mir überlegte, was ich sagen sollte.
    Im Augenblick verlief ganz klar eine Art Trennungslinie zwischen Mercer und seinem Team, aber es war auch offensichtlich, dass sie so lange mit ihm zusammengearbeitet hatten, dass eine komplizierte Dynamik entstanden war. Er hatte heute Dinge gesagt und getan, die mich geärgert hatten und sie wahrscheinlich auch, doch im Lauf der Zeit kann man eine seltsame Neigung für eine solche Art von Überspanntheit entwickeln. Es wäre ein Fehler gewesen, etwas Negatives über ihn zu sagen. Und merkwürdigerweise wollte ich das sowieso nicht tun.
    »Er ist nicht so, wie ich erwartet hatte«, sagte ich. »Sein Ruf eilt ihm ja voraus. Und ich meine, er ist viel … menschlicher, als ich erwartet hatte.«
    Pete nickte, aber es war nicht ganz das, worauf er aus war.
    »Kommt er Ihnen schwach vor? Ist schon in Ordnung. Seien Sie ruhig ehrlich.«
    Ich runzelte die Stirn, obwohl es schon mehr oder weniger das war, was ich erwartet hatte. Aber seien Sie ehrlich, hatte Pete gesagt. Und erschien Mercer mir schwach? Mein Eindruck von ihm war heute der eines Mannes, der inmitten seiner Unterlagen und Akten die volle Last der Ermittlung auf seine Schultern nahm und alles zugleich durchdachte. Angespannt und höchst konzentriert, und wenn ich ehrlich war, eigentlich gar nicht so verschieden von vielen anderen Teamleitern, die ich kennengelernt hatte.
    Doch dann erinnerte ich mich an das erste Treffen mit ihm in Simpsons Haus, als ich bemerkt hatte, wie alt er wirkte. Und, ja, er war weit entfernt davon, der Supermann zu sein, den ich aufgrund seines Rufs vielleicht erwartet hatte. Er sah aus wie ein Mann, der abgenommen hat und den man leichter zu Fall bringen könnte als früher. Es war zweifellos etwas Verletzliches an ihm.
    »Ein bisschen vielleicht«, sagte ich.
    »Wissen Sie noch, wie er beim Vorstellungsgespräch war?«
    »Er war etwas zerstreut«, sagte ich.
    Das war auf jeden Fall eine nachsichtige Untertreibung, und das wussten wir alle. Mercer hatte kaum mit mir gesprochen, außer dass wir kurz über meine Begegnung mit Jacob Neils geredet hatten. Den Rest der Zeit hatte er sich damit zufriedengegeben, dazusitzen und die anderen alle Fragen stellen zu lassen, die sie vorbringen wollten. Als warte er nur darauf, dass es vorbei war.
    »Zerstreut«, stimmte Pete zu. »Und so ist er schon eine Weile. Seit er wieder zur Arbeit gekommen ist, trödelt er praktisch nur herum. Von neun bis fünf, nimmt sich nichts allzu Schweres vor, lässt sich auf nichts ein.«
    Dies war ein sensibles Thema, aber wir führten das Gespräch nur einmal, deshalb beschloss ich, es offen auszusprechen.
    »Seit seinem Nervenzusammenbruch?«
    »Ja.« Pete senkte den Blick und nickte kurz. »Seit dem Zusammenbruch. Er nimmt die Dinge leichter, macht nur noch das bloße Minimum.«
    »Wie Wassertreten«, meinte Greg.
    »Genau. Aber heute war er ganz anders. Mehr so wie früher.
    Engagiert. Völlig

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