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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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enges Sprechzimmer, für uns fünf kaum groß genug. Es gab keine Sitzgelegenheit außer einem hohen Bett, dessen alte Decken mit einem dünnen Papierstreifen aus einem Halter an der Wand bedeckt waren. Gegenüber war ein Rollwagen mit verschiedenen einfachen Materialien wie Verbänden, Spritzen und Thermometer. In der Ecke stand eine hohe, schwenkbare Lampe. Nichts von alledem erweckte Vertrauen. Der ganze Raum wirkte, als sei er eilig am Rand eines Katastrophengebiets eingerichtet worden.
    An der Rückwand hing ein halb zugezogener Vorhang vor einem größeren Raum, in dem geschäftig hin und her gelaufen wurde. Ich hörte gelegentlich Gespräche und Schritte, das Klirren von Metallgegenständen und laufendes Wasser. Wir warteten. Mercer sah zweimal auf seine Uhr.
    »Wo bleibt er denn?«
    »Wahrscheinlich rettet er gerade jemandem das Leben«, meinte Greg.
    Mercer spähte durch den Vorhang.
    »Entschuldigung«, rief er. »Doktor Li? Ja? Nein?«
    Offenbar nein. Er zog sich von dem Vorhang zurück, und wir warteten noch eine Minute. Ich wünschte mir auch, dass der Arzt erscheinen möge, damit wir es hinter uns bringen konnten, so oder so. Zumindest würde ich dann wissen, woran wir waren und was ich tun musste.
    Schließlich kam Dr. Li hinter dem Vorhang hervor und zog ihn heftig hinter sich zu. Er hatte sehr kurz geschnittenes schwarzes Haar, war klein und kräftig, und sein weißer Kittel spannte sich über den breiten Rücken. Er sah nicht aus wie jemand, der sich außeroder innerhalb der Klinik viel gefallen ließ, und sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er ein schwieriges Gespräch erwartete, aber darauf vorbereitet war. So würde es also laufen. Ohne eine Auseinandersetzung würde ich heute Nacht hier offensichtlich niemanden befragen können, doch es war ebenso klar, dass es eine solche Auseinandersetzung geben würde.
    Li holte einen Stift mit einem Klemmbrett hervor und lehnte sich an den Bettrand.
    »Tut mir leid, dass Sie warten mussten. Viel los heute Nacht.«
    »Okay.« Mercer verbarg seine Ungeduld und zeigte Li seine Dienstmarke. »Wir sind wegen des jungen Mannes hier, der auf der Ringstraße von einem Auto erfasst wurde.«
    »Scott Banks. Er wurde nicht von einem Auto erfasst, aber er sieht so aus.«
    »Können Sie uns etwas über ihn sagen?«
    »Ich weiß nicht viel. Aus den Unterlagen ergibt sich, dass wir ihn hier schon zweimal behandelt haben, aber es war nie etwas Ernstes. Wir haben die grundlegenden Daten über ihn in der Akte, Adresse und so weiter.«
    »Das würde uns helfen.«
    »Ich habe bei der Anmeldung Bescheid gesagt, dass man Ihnen die Informationen geben kann.«
    »Er behauptet, er sei im Wald festgehalten worden?«
    »Ja. Allerdings drückte er sich in Bezug auf das, was ihm passiert ist, sehr unklar aus.«
    Er nannte uns die Einzelheiten.
    Banks konnte sich erinnern, dass ihm am Nachmittag zu Hause etwas geschehen war, eine Art Überfall. Von da an war seine Erinnerung unzusammenhängend. Er wusste noch, dass er mit auf dem Rücken gefesselten Händen in einem Lieferwagen gewesen war. Ein Mann mit einer Teufelsmaske, der ihm Schmerzen zugefügt hatte. Dass seine Freundin Jodie geschrien hatte. Und als Letztes, dass er orientierungslos und voller Angst durch den eiskalten Wald gelaufen war.
    Es gab keinen roten Faden in diesen Erinnerungsfetzen, aber es war uns vertraut und genügte uns. Scott und Jodie. Ein Mann mit einer Teufelsmaske.
    Ich musste mir sorgfältig überlegen, wie ich die Befragung angehen könnte, falls ich die Gelegenheit dazu bekam. Wenn Banks’ Gedächtnis genau so verwirrt war wie das von Daniel Roseneil, gab es dafür triftige, schmerzhafte Gründe. Ich würde behutsam vorgehen müssen.
    »Okay«, sagte Mercer. »Simon, kannst du die Adresse von der Anmeldung holen und loslegen?«
    Simon löste sich von der Wand.
    »Bin schon weg.«
    Mercer wandte sich wieder an Li.
    »Wir müssen so bald wie möglich mit Banks sprechen.«
    Li schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchte, Scott ist im Moment nicht in der Lage, vernommen zu werden. Er hat gerade eine Notoperation hinter sich und braucht Ruhe. Er will helfen, aber jedesmal, wenn er es versucht, ist er wieder blockiert« – er fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht – »und kann sich an nichts erinnern. Psychisch und physisch ist es im Augenblick einfach zu viel für ihn, über sein Martyrium zu reden.«
    Li betonte seinen letzten Kommentar, indem er uns die Diagnose wie einen Fehdehandschuh hinwarf. Ich

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