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Der 50-50 Killer

Der 50-50 Killer

Titel: Der 50-50 Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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erwartete, dass Mercer Einwände erheben würde. Aber er nickte nur und sprach weiter.
    »Notoperation? Was haben wir uns darunter vorzustellen? Was hat man mit ihm gemacht?«
    Li neigte leicht den Kopf.
    »Bei der Operation ging es um sein Auge. Wir konnten es nicht retten, mussten aber die Wunde säubern, um eine Infektion zu verhindern. Um Ihre Frage zu beantworten, es sieht aus, als hätte ihn jemand mit einem Stück heißen Metall verletzt.«
    Mein Gott, dachte ich.
    Mercer nickte lediglich abermals.
    »Wahrscheinlich ein Schraubenzieher«, sagte er. »Das hat der Mann, der das getan hat, früher auch schon benutzt.«
    Er ließ das einen Moment wirken.
    Dann: »Was noch?«
    Li war offenbar unbehaglich zumute. »Er ist sehr schwer verletzt. An Brust, Armen und im Gesicht hat er eine große Anzahl von Schnitten und Brandwunden.«
    »Verletzungen durch Folter.«
    »Ich kenne mich da nicht aus. Aber ich glaube, ja.«
    »Schwere Folter durch eine unbekannte Person.«
    Li dachte nach und wählte seine Worte vorsichtig. »Die Verletzungen dienten offensichtlich eher dazu, Schmerz und Entstellung zu verursachen, als dem Versuch, ihn zu überwältigen oder untauglich zu machen. Ja.«
    »Aber nur ein Auge ist verletzt«, sagte Mercer. »Wissen Sie, warum?«
    Es war eine rhetorische Frage, denn natürlich wusste Li das nicht.
    »Damit Banks zusehen konnte, wie seine Freundin gefoltert wurde, als der Mann, der das getan hat, mit ihm fertig war.« Li erblasste leicht. Ich spürte, dass es auch bei mir nicht anders war, aber aus anderen Gründen: Soweit ich mich erinnern konnte, stand dieser bestimmte Hinweis nicht in den Akten.
    Ich sah zu Pete hinüber. Er ließ sich kaum etwas anmerken, aber an seinem Gesichtsausdruck konnte ich doch sehen, dass es auch ihm aufgefallen war. Rückblickend fand ich es einleuchtend. Das Spiel des Killers enthielt so viele Abweichungen, wie die Beteiligten aushalten konnten. Die Motivation dafür ergab sich daraus, dass der Betreffende zusehen musste, wie die Person litt, die er liebte. Die Opfer waren nie auf beiden Augen geblendet, nie waren beide Trommelfelle durchstochen worden. Sie waren immer noch in der Lage gewesen, alles zu sehen und zu hören.
    Opfer. Ich tadelte mich selbst. Es war so leicht, zu vergessen, dass wir es hier mit Menschen zu tun hatten. Mit einem Mann wie mir. Als Li sagte, Scott Banks sei geblendet worden, hieß das, dass jemand seinen Kopf festgehalten und ihm etwas Heißes, Spitzes ins Auge gestoßen hatte. Ich konnte mir kaum die Panik, die Angst und den Schmerz vorstellen, die dadurch verursacht wurden. Es schien unerträglich.
    »Was noch?«, fragte Mercer weiter.
    Li räusperte sich.
    »Drei gebrochene Finger.«
    »Weiter.«
    »Auch seine Fußsohlen weisen schwere Verbrennungen auf. Vergessen Sie nicht, dass er in diesem Wetter durch den Wald gerannt ist. Also auch Unterkühlung und Erfrierungen.«
    Mercer nickte, anscheinend in Gedanken versunken.
    »Und haben Sie so etwas schon einmal gesehen, Dr. Li?«
    »Ich weiß wirklich nicht, welchen Sinn diese Frage haben soll.«
    »Sie sehen den Sinn nicht.« Mercer hob den Blick. »Aber es gibt einen Sinn. Drei Menschen mit ähnlichen Verletzungen sind in Ihrem Krankenhaus behandelt worden. Zwei Männer und eine Frau. Sind Sie ihnen begegnet?«
    Li blinzelte.
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich bin sicher, dass ich mich an sie erinnern würde.«
    »Da bin ich auch sicher. Wir haben nämlich die Person, die diesen Überfall durchgeführt hat, schon seit einiger Zeit im Visier. Und wir wissen genau, welche Auswirkung diese Verbrechen selbst auf sehr erfahrene Profis haben können.«
    »Detective …«
    Mercer hob eine Hand.
    » … und wenn Scott Banks davon spricht, dass seine Freundin in Gefahr sei, dann hat er durchaus recht. Jetzt, in diesem Moment, fügt dieser Mann Jodie McNeice auf dieselbe Art und Weise Schmerzen zu. Das absolut beste Ergebnis, das wir heute Nacht bekommen können, ist, dass Sie noch einmal Verletzungen wie die von Scott Banks vor sich haben werden. Wenn nicht, dann deshalb, weil Jodie so schlimm verletzt wurde, dass sie gestorben ist.«
    Li wollte etwas sagen, wandte sich jedoch stirnrunzelnd dem Vorhang zu. Mercer ließ die Stille einen Moment wirken. Dann wies er auf mich und sagte: »Das ist mein Kollege, Detective Nelson. Mark?«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte ich.
    Li sah mich mit einem Blick an, der irgendwo zwischen Verdruss druss und Hilflosigkeit lag. Er war sicher

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