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Der 7. Rabe (German Edition)

Der 7. Rabe (German Edition)

Titel: Der 7. Rabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt , Sandra Busch
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reißen. Würdest du wenigstens so gnädig sein und mich schnell und schmerzlos umbringen?“
    „Willst du dich auf meinen Rücken setzen oder soll ich dich wieder in den Fängen tragen?“
    „Ich will leben!“, schrie Raj diesen begriffstutzigen, dickschädeligen Wolf an.
     
    Farres ließ für einen Moment hilflos die Schultern hängen. Er sah die Angst in den wundschönen tiefschwarzen Augen. Er witterte sie, hörte sie in Rajs Stimme. Hätte er ihn doch in der ersten Nacht vernünftig gefesselt! Dann wäre ihm die Messerattacke erspart geblieben und sein Rabe könnte wenigstens frei fliegen, um den Feinden zu entkommen.
    Alles das war dummes Gejammere, er wusste es ja selbst. Raj anzubrüllen wäre sinnlos, ihm mit Dominanz und Einschüchterungsversuchen zu kommen genauso, wie er bereits festgestellt hatte. Trotzdem mussten sie jetzt weg, jetzt sofort!
    Langsam humpelte er auf Raj zu, der keinen Fingerbreit wich, obwohl dessen Angst innerlich sprunghaft anstieg. Sehr sanft nahm er das männlich-markante Gesicht zwischen die Hände.
    „Alles, was du erdulden musstest, hatte nur diesen einen Zweck. Ich will, dass du lebst, Raj. Ich will, dass du zu deiner Familie zurückkehren kannst. Aber zuerst müssen wir versuchen, unsere Völker zu retten.“
    „Glaubst du, dass Farouche sich von einer uralten Landkarte aufhalten lässt?“, wisperte Raj.
    „Er nicht, nein. Viele andere Wölfe hingegen schon. Wir sind müde, genauso müde wie die Raben. Wir wollen unsere Welpen in Sicherheit aufwachsen lassen und nicht von morgens bis abends an Blut, Hass und Rache denken. Ja, es werden genug da sein, die weiterhin daran festhalten wollen. Frieden ist kein Preis, der dem Gewinner mit Schleife überreicht wird. Er ist auch kein Zauberspruch, der von einer Karte abgelesen werden kann. Raben wie auch Wölfe müssen den Frieden gemeinsam tragen. Doch ich glaube fest daran, dass unsere beiden Völker über jeden Vorwand glücklich sein werden, die ewigen Kämpfe ruhen lassen zu dürfen, ohne dabei die Ehre zu verlieren. Andernfalls hätte ich den Eichenhain als Beute genommen und dich in die Arme deines Bruders sinken lassen.“
    „Was wird mit dir geschehen, wenn wir zurückkommen?“, fragte Raj leise. „Farouche wird dich als Verräter ansehen und verhindern wollen, dass du diese Karte präsentierst, oder?“
    Erschöpft lehnte Farres seine Stirn gegen Rajs und schloss für einen Moment die Lider. Der Kleine hatte Recht. Er hatte diese Sache einfach nicht vernünftig durchgedacht. Ihm sank der Mut, sie hatten keine Chance auf Erfolg. Da standen sie nun, beide verkrüppelt. Der eine konnte nicht laufen, der andere nicht fliegen. Die Feinde heulten bereits vor Freude darüber, sie bald eingeholt zu haben. Selbst wenn sie die Karte fanden, die möglicherweise vor Jahrhunderten zerstört wurde, falls es sie je gegeben hatte – Farouche war der König der Wölfe. Seine Stimme zählte mehr als Linien auf halb verfallenem Pergament. Er hatte Raj völlig grundlos gefoltert, nahezu seelisch zerbrochen und von einer Todesgefahr in die nächste geschleift. Was sollte er jetzt tun? Sie konnten nicht hierbleiben, sonst würde Raj sterben.
    Als weiche Lippen über seinen Mund strichen, riss Farres erschrocken die Augen auf.
    „Steck mich in deinen Beutel und lauf, was du kannst, Farres“, flüsterte Raj, sobald er den zarten Kuss beendet hatte. „Es gibt kein Zurück mehr.“
    Mit diesen Worten verwandelte er sich. Farres unterdrückte alle Verwirrung darüber, was der Kuss bedeuten könnte. Dafür blieb keine Zeit. Stattdessen setzte er den Raben in den Beutel, schnallte ihn sich auf den Rücken und wandelte selbst zum Wolf. Die Magie sorgte dafür, dass die Tragriemen sich seinem Körper anpassten, statt dass die Ausrüstung wie sonst Teil seines Fells wurde, da sie ein großes Lebewesen wie Raj nicht mit einbezog. Getrieben von der Angst um seinen Gefährten und dem Geheul seines Rudels hetzte er los in Richtung Gamesh-Moor.
     
    ~*~
     
    Sie hatten eine Spur gefunden. Und sie roch eindeutig nach Farres. Ein Irrtum war nicht möglich, denn er hatte seinen Geruch dauernd in der Nase. Ein Geruch, der sich neuerdings mit dem Hauch von Eiter und Entzündung mischte. Dieser Fuß würde ihm bald den Rest geben. Täglich hatte er mehr nach Krankheit gerochen.
    Es hätte nicht mehr lange gedauert und Farres wäre an seinen Wunden verreckt. Doch nun schien er sich mit diesem Raj verbündet zu habe, denn nach einem Schäferstündchen mit

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