Der 7. Tag (German Edition)
geben
würde.
Endlich, Hans-Peter Schulze wird aus dem Zeugenstand
entlassen. Jetzt kommt sein brandenburgischer Kollege, Rolf Sikorsky. Der hat
schon dem Arbeiter- und Bauernstaat gedient.
Sei nicht ungerecht Sybille, die Männer machen doch auch nur
ihren Job. Und weiß Gott keinen leichten. Jetzt werde ich einfach öffentlich
seziert. Klasse. Die Journalistenkollegen spitzen schon die Bleistifte. Ich
hoffe, dass Sikorsky nicht allzu plastisch erzählt, in welchem Zustand sie mich
in diesem miesen Hotelzimmer in Mahlow, keine 500 Meter von Michaels Hotel in
Lichtenrade entfernt, gefunden haben. Ich werfe einen flehentlichen Blick in
Ullis Rücken, in den ich die ganze Zeit schauen muss. Hilf mir, Ulli, bitte,
hilf mir. Ich hoffe, er hat telepathische Fähigkeiten.
Gabi jedenfalls brauchte ich damals nicht zu helfen. Das mit
der Strategie, die wir uns ausgedacht hatten, um dir schonend beizubringen,
dass du Vater werden würdest, war zwar lieb gemeint, aber völlig unnütz. Du
hast einfach selbst gemerkt, dass Gabi schwanger war. Als sie am
Sonnabendmorgen nicht vom Klo runterkam, hast du gesagt:
„Ich glaube Liebling, du bist schwanger.“
Gabi hat geheult, du auch. Dann hast du Micha angerufen und
uns zum Abendessen eingeladen. Es gäbe was zu feiern. Micha war den ganzen
Sonnabend neugierig und spekulierte, was wir denn feiern würden. Ich jubilierte
innerlich, habe aber ausnahmsweise mal meine Klappe gehalten. Ihr habt uns mit
Champagner empfangen.
„Wir heiraten“, hast du gesagt.
An diesem Abend habe ich Michael zum ersten Mal völlig
betrunken erlebt.
Michael hat Recht gehabt: Du bist wirklich ein guter
Strafverteidiger. Wie du jetzt den Sikorsky fertig machst, das ist filmreif. Ob
ich denn nach meiner Festnahme ärztlich untersucht worden sei. Nein, verdammt,
daran habt ihr Dödel gar nicht gedacht, so gierig ward ihr darauf, einen Mord
innerhalb von drei Stunden aufgeklärt zu haben. Aber wozu sollte man die
mutmaßliche Täterin auch untersuchen, wenn man die blutbeschmierte Tatwaffe auf
ihrem Nachttisch findet. Ab mit dem Mädel in die Zelle, sie wird schon
gestehen. Nicht mal Du, mein lieber Ulli, hast eine Sekunde daran gezweifelt,
dass ich Michael das Messer in den Leib gestochen habe. Warum solltest Du auch?
Lokale Tageszeitung:
Verfahrensfehler bei
Küchenmesser-Mord?
Anwalt wirft der Polizei schlampige Ermittlungen vor
Moabit - Sie schaut aus dem Fenster und schweigt:
Sybille Thalheim, die 38jährige Angeklagte in einem spektakulären Mordprozess
vor dem Schwurgericht Berlin. Der bekannten ehemaligen Konzernsprecherin wird
vorgeworfen, ihren Ehemann Michael im Februar 2009 in Lichtenrade mit einem
Küchenmesser erstochen zu haben.
Am zweiten Prozesstag warf der Anwalt der
Angeklagten den ermittelnden Beamten schwer wiegende Fehler vor. Der leitende
Untersuchungsbeamte der zuständigen Berliner Mordkommission schilderte die
Umstände, die zu der Verhaftung von Sybille Thalheim geführt hatten: Nach der
Entdeckung der Leiche von Michael Thalheim in einem Lichtenrader Hotelzimmer
seien die eingehenden Anrufe ausgewertet worden. Darunter habe sich auch die
Telefon-Nummer eines Hotels in der brandenburgischen Nachbargemeinde Mahlow
befunden. Dort war Sybille Thalheim abgestiegen. Die Berliner Polizei hatte die
Brandenburger Kollegen um Amtshilfe gebeten. Als man drei Stunden nach
Auffinden der Leiche Sybille Thalheim in ihrem Hotelzimmer einen Besuch
abstattete, lag die Tatwaffe, ein blutbeschmiertes Küchenmesser, auf dem
Nachttisch der Angeklagten. Die Beamten fanden die blutgetränkte Kleidung der
mutmaßlichen Täterin sorgfältig über einem Stuhl zusammengelegt.
Strafverteidiger Ullrich Henke monierte, dass
Sybille Thalheim nach ihrer Verhaftung nicht ärztlich untersucht worden sei. Es
könne heute nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden, so der Anwalt, ob sie
nüchtern gewesen sei beziehungsweise, ob ihr Körper Spuren eines Kampfes
aufgewiesen habe. Das Strafmaß für Sybille Thalheim werde im Wesentlichen von
der Frage beeinflusst, ob sie die Tat geplant und im Vollbesitz ihrer geistigen
Kräfte oder im Affekt begangen habe. Ferner sei von Bedeutung, ob das Opfer
sich gewehrt habe.
Der Prozess wird kommenden Dienstag mit der
Vernehmung von weiteren Zeugen fortgeführt.
Der dritte Prozesstag
Die letzte Runde ging wohl an uns. Danke Ulli. Heute
versuchen sie mir nachzuweisen, dass ich die Tat geplant habe. Natürlich habe
ich sie
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