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Der 8. Februar (German Edition)

Der 8. Februar (German Edition)

Titel: Der 8. Februar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeron North
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Soldaten auf sie geschossen hatte, wusste sie natürlich nicht und es machte auch keinen Unterschied mehr. Wichtig war nur, dass sie nicht getroffen worden war und wir drei erst einmal in Sicherheit waren. Die Frage war, was wir jetzt tun sollten. Konnten wir Mama irgendwie helfen?
       Wir warteten bis fast zum Sonnenuntergang. Eine ziemliche Angst machte sich breit, gleichzeitig wurde uns auch unsere Hilflosigkeit immer bewusster. Ich schlich mich zum Hoftor und spähte um die Ecke. In diesem Moment regte sich etwas im Hof Pirl. Die Motoren wurden angelassen, Soldaten bestiegen die Fahrzeuge mit ihren Waffen und fuhren vom Hof die Straße hinunter in Richtung Parchwitz. Dann sah ich Mama allein den Hof überqueren. Sofort rief ich den beiden zu und gemeinsam rannten wir zu ihr hin. Sie hatte eine Kopfverletzung und Blut lief ihr über das Gesicht. Ich erschrak fürchterlich und wünschte mir, dass alles nur ein böser Traum war. Ursula und ich nahmen sie links und rechts an die Hand und so eilten wir mit Friedel hinter uns nach Hause. Jetzt waren uns die verlorenen Möbel egal und als wir unseren Hof erreichten, waren wir überglücklich. Wieder einmal davongekommen, sie hatten uns nicht gekriegt!
       Mamas Wunde wurde sofort von uns behandelt und wir machten ihr einen notdürftigen Verband. Der betrunkene Offizier hatte irgendetwas von ihr wissen wollen und sie verstand, genau wie Friedel, kein Wort. Das hatte ihn so wütend gemacht, dass er mit seiner Pistolenmündung auf Mamas Schläfe schlug. Daran hätte sie leicht sterben können, und wir konnten es erst am nächsten Tag richtig fassen, welches Glück sie gehabt hatte. Die Narbe an ihrem Kopf legte noch ihr ganzes Leben lang Zeugnis von dieser sinnlosen Tat ab.
       Inzwischen konnten wir uns wieder weniger ängstlich im Dorf bewegen, vielleicht kam es uns auch nur so vor, weil wir uns an manche Gefahren gewöhnt hatten. Wir Kinder gingen zusammen organisieren. Wir erkundeten im südlich von Heidau gelegenen Wald, was er zu bieten hatte und stießen dabei auf Steinpilze. Um sicher zu gehen, pflückten wir ein paar und gingen wieder nach Hause, um sie prüfen zu lassen. Die Göbel-Frauen kannten sich im Gegensatz zu Mama mit Pilzen aus und gaben uns die Bestätigung, dass es sich wirklich um Steinpilze handelte. Also gingen wir wieder in den Wald und jeder von uns sammelte zwei Körbe voll ein, wobei sofort die Frage aufkam, was wir mit diesem Segen anfangen sollten. Es kursierte ein Gerücht, in Liegnitz gäbe es einen Markt und wir wollten unseren Fund dort verkaufen. Wir malten uns aus, was wir dafür kaufen sollten, Speiseöl stand dabei an erster Stelle.
       In der Frühe des nächsten Morgens machten sich Liesel, Frieda Göbel und ich auf den Weg nach Liegnitz, um den Markt zu finden. Es war so um halb neun und gleich das erste russische Fahrzeug hielt an, um uns mitzunehmen. Wir kletterten hinten auf die leere Ladefläche und setzten uns. Wir hatten keine Angst vor möglichen Vergewaltigungen mehr, sie waren wahrscheinlich verboten worden, und wir drei gehörten nicht in die gefährdete Altersgruppe. Der Lastwagen fuhr bis Liegnitz und vor dem Tor eines Depots hielt der Fahrer an, damit wir absteigen konnten. Die beiden Göbels sahen sich um und rätselten, wo der Markt sein könnte. Vorsichtshalber hatte jede von uns ihren Korb mit Tüchern bedeckt. Wir gingen ein Stück die Straße entlang und Liesel fragte einen alten Mann nach dem Weg. Er sah uns kurz an und gab auf deutsch Auskunft. Nach einer Weile fanden wir einen großen Platz und etwa dreißig Menschen, die sich anscheinend miteinander unterhielten. Irgendwelche Waren konnten wir aber nicht entdecken. Hatte uns der Mann belogen? Oder waren wir an der richtigen Stelle und die Waren wurden verborgen? Die meisten Schaufenster waren zerschlagen oder zerschossen, überhaupt sahen die Häuser sehr mitgenommen aus. Hin und wieder gab es ein provisorisch repariertes Schaufenster und dahinter sahen wir dürftig ausgestattete Regale. Wir drei ahnungslosen Schafe standen hilflos da, überall schwirrten polnische Wortfetzen um uns herum, die ich aber nicht verstand. Plötzlich gab es einen Warnruf und alle stoben auseinander, nur wir drei blieben erschrocken stehen. Bewaffnete Miliz kam mit grimmigen Blicken auf uns zu, eine Flucht kam jetzt nicht mehr in Frage. Sie sagten kurz:
    „Illegal!“
       Wir mussten die Tücher von den Körben entfernen und sofort wurden uns die Körbe aus der Hand

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