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Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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aber daran, dass die Katastrophe, genauso wie Tessas Anwesenheit in Berlin, allgemein bekannt war.
    »Sie meinen einen Todesfall? Jemand aus der Familie?
    Etwas in dieser Art?«
    »Ich spreche von dem Flugzeugunglück vor kurzem in der Nähe von Berlin. Sie müssen doch davon gehört haben.«
    »Sie konnte nicht in einer der Maschinen gewesen sein. Soweit ich mich erinnere gab es keine der Überlebenden.«
    »Darum geht es. Sie wäre fast in einer der Maschinen gewesen. Sie war gebucht auf den Flug, der Berlin verließ, und aufgrund eines unwahrscheinlichen Zufalls hat sie ihn verpasst. Dennoch hinterlässt eine so nahe Begegnung mit der Unausweichlichkeit des Todes selbst bei den gebildetsten Menschen ihre Spuren.«
    Er hätte noch hinzufügen können, dass sie zu diesem Zeitpunkt schwanger gewesen war und dadurch eine Fehlgeburt erlitten hatte. Er hätte noch viel sagen können. Aber er hatte ihr versprochen es vertraulich zu behandeln, und das wollte er auch tun.
    63
    ETWAS AN DEM jungen Amerikaner vermittelte Harry
    Dash ein ungutes Gefühl. Er spürte, dass dieser wie eine gespannte Feder war. Er war ganz nett, höflich und brachte es sogar fertig, einige Male zu lächeln, aber es erschien gezwungen, wie bei jemandem, der etwas zu verbergen versuchte.
    Nicht die Art von Mann, dem Harry Dash gerne eine Waffe verkaufte.
    Das kleine, nicht weit vom Bahnhof entfernte Sportgeschäft existierte jetzt schon seit fast vierzig Jahren und es war die ganze Zeit in Harrys Besitz gewesen. Er konnte sich auf seine Menschenkenntnis verlassen, zumindest wenn es um Leute ging, die Gewehre, Pistolen, Jagdmesser und was Harry sonst noch so am Lager hatte kauften.
    Im Großen und Ganzen hatte es nicht viele Probleme gegeben. Wenn es um die Zahl der Waffen ging, die im Umlauf waren, lag England immer noch weit hinter Amerika zurück, doch der Waffenbesitz im organisierten Verbrechen weitete sich aus, was wahrscheinlich nicht zu vermeiden war. Doch Harry wusste nur von einem verurteilten Mörder in der Gegend, der die Waffe in seinem Laden gekauft hatte, und das war damals, vor über zehn Jahren, eine Familienangelegenheit gewesen. Ein ›Verbrechen aus Leidenschaft‹ wie es die Zeitungen genannt hatten. Ein Mörder in vierzig Jahren war nicht zu viel, dachte er sich.
    Doch dieser Amerikaner bereitete ihm Sorgen. Er hatte auf die Waffen gestarrt, besonders die kleineren Automatikwaffen, so als ob er eigentlich diese haben wollte, doch da er keinen entsprechenden Waffenschein hatte, bestand keine Chance für ihn. Harry hatte ihm die Rechtslage erklärt und er schien es wohl ohne Murren akzeptiert zu haben. Er hatte mit seinem blonden, jungenhaften Haarschopf genickt, ein Lächeln aufgesetzt, dass nur auf seinen Lippen lag, nicht aber von diesen hellen, blauen Augen, die wachsam und angespannt geblieben waren, kam.
    Dann hatte er sich den Jagdmessern zugewandt, hatte die Schneiden, den Griff und das Gefühl dafür mit einer Bewegung geprüft, die eher dazu dienen konnte, einem Menschen die Kehle durchzuschneiden, als ein Kaninchen abzuhäuten.
    Zu guter Letzt kaufte er eines mit langer, kräftiger Klinge. Er bezahlte bar und war schnell hinaus. Harry war froh ihn von hinten zu sehen.
    64
    MAJOR FRANKLIN WAR ein ausgeglichener Mensch. Er
    hatte in seinem Leben viel gesehen und viel erlebt. Als Offizier der SAS, der speziellen Eingreiftruppe der britischen Streitkräfte, hatte er aktiven Dienst in Nordirland, im Falklandkrieg und im Mittleren Osten geleistet, ganz abgesehen von einigen Einsätzen in anderen Kriegsgebieten, in denen die britische Regierung nie offiziell in Erscheinung getreten war.
    Sein Einsatz bei verschiedenen Dienststellen ging zurück bis in die Zeit des Kalten Krieges. In Berlin Ost und West gab es immer noch Leute, die sich an sein Gesicht erinnern würden, wenn er wieder dorthin ginge, doch seinen richtigen Namen hatten sie nie erfahren. Er war angeschossen, geschlagen und gefoltert worden und er selbst hatte so viele Menschen umgebracht, dass er sich nicht die Mühe machte nachzuzählen.
    Trotzdem war er weder enttäuscht noch langweilte ihn sein jetziges Leben in einer baumgesäumten Vorortstraße, wo er zusammen mit seiner iranischen Frau und einer hübschen minderjährigen Tochter wohnte. Die Nachbarn kannten ihn als höflichen aber schweigsamen Mann, der, so war die allgemeine Meinung, für das Verteidigungsministerium in der Stadt arbeitete. Der Major selbst erzählte nie etwas über sich und seine Art

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