Der 8. Tag
an das alte Sprichwort vom Kind, das in den Brunnen gefallen ist, denken. Es war zu früh um sicher zu sein und vielleicht schon zu spät um vorsichtig zu sein, aber sie musste etwas unternehmen.
Halb ging sie, halb rannte sie den langen Korridor hinunter, wandte sich am Ende rechts statt links und fand sich in einem Anbau wieder, aus dem herauszufinden sie, wie es ihr schien, Stunden brauchte, dabei waren es nur zwei Minuten. Die ganze Zeit beschäftigte sie nur eine Frage: Was war, wenn das Programm schon einen Weg nach draußen gefunden hatte?
Eigentlich nicht unbedingt ein Grund zur Panik.
Es würde sich ganz offensichtlich verändern. Dazu hatte sie es programmiert. In Attila hatte es sich wiederholt verändert, aber das war immer in einem so engen Umfeld passiert, das ihm Zeit gab sich zu stabilisieren. Draußen in den Computernetzen wäre es einer Flut von Informationen ausgesetzt, die es zweifellos in keinen sinnvollen Zusammenhang bringen konnte und die ihm auch keine Zeit dazu ließ. Es war offensichtlich, dass es zerstört und sich wie eine Dunstwolke verflüchtigen würde.
Trotz ihres ungewöhnlich hohen Intelligenzquotienten war eine der Eigenschaften, über die Tessa nicht verfügte, ein gutes Gedächtnis, besonders was Zahlen anging. Auch nicht dafür, wo sie Dinge hingetan hatte. Sie benötigte einige weitere frustrierende Momente, während derer sie in ihrem Koffer und ihrer Reisetasche wühlte, bevor sie schließlich ihr Adressbuch in einer Tasche des Mantels, den sie hinter der Tür aufgehängt hatte, fand. Sie schaute auf die Uhr und selbst wenn man den Unterschied von einer Stunde in Betracht zog, dann war der Forschungsassistent, mit dem sie sich in Verbindung setzen wollte, schon zu Hause.
Sie wählte die Nummer, hörte wie das Telefon fünfmal klingelte und stieß einen Fluch aus, als sich der Anrufbeantworter meldete. Dann vernahm sie Danny Swantons eigene Stimme, die sich meldete, während die Bandaufzeichnung unterbrochen wurde.
»Danny, ich bin’s, Tessa. Tut mir Leid, aber ich muss dich bitten nochmal ins Institut zu gehen. Es ist wichtig.«
»Was ist los? Ist bei dir alles in Ordnung, Tessa?«
»Ja, ich… hör zu… ach, spielt keine Rolle. Ich habe keine Zeit es zu erklären. Geh ins Institut und zieh den Stecker vom Modem bei Attila heraus. Machst du das, bitte? Gleich?«
»Mit dem Fahrrad kann ich in zehn Minuten dort sein. Doch was soll das?«
»Erzähle ich dir, wenn ich zurück bin. Ich nehme die nächste Maschine zurück. Tu es einfach, bitte. Jetzt gleich.«
Sie legte auf und bemerkte dann erst, dass ihr Herz raste, als ob sie gerannt wäre. Sie holte ein paar Mal tief Luft und spürte, wie sich ihr Herzschlag normalisierte. Zumindest hatte sie das Wichtigste erledigt. Wenn das Programm noch nicht verschwunden war, dann hatte es jetzt keine Gelegenheit mehr dazu. Oder zumindest, sie blickte wieder auf ihre Uhr, in zehn Minuten nicht mehr, sobald Danny im Institut angekommen wäre.
Danny war ein Techniker, kein Theoretiker. Er wusste, woran sie arbeitete, würde aber kein Wort über ihre Forschungen verlieren, bis sie sich entschloss selbst etwas davon preiszugeben. Das war gut. Im Moment war es besser, je weniger Leute davon wussten. Sie hatte schon Clive und Helen gebeten nicht darüber zu sprechen und sie konnte sich auf die beiden verlassen.
Das nächste Problem war schnell einen Flug zu bekommen.
Die Nummer der Fluglinie stand in dem Telefonverzeichnis, das die Hotelleitung zur Verfügung stellte und das neben dem Apparat lag. Sie hörte eine schrecklich verstümmelte Aufnahme von Vivaldi, die in Abständen von einer einschmeichelnden Stimme unterbrochen wurde, die ihr in drei Sprachen mitteilte, dass sie sofort mit der Platzreservierung verbunden würde, sobald eine Leitung frei wäre.
Die ganze Zeit dachte sie nur daran, was getan werden musste, sobald sie wieder in Oxford war. Plötzlich bemerkte sie, dass an ihrem Ohr eine reale Stimme erklang und keine Bandaufzeichnung. Sie erklärte, dass ihr Rückflug noch offen sei und dass sie einen Platz im nächsten Flug nach London Heathrow haben wollte. Der Flug war schon fast voll und sie musste Businessklasse buchen. Sie erklärte, sie würde den Differenzbetrag am Flughafen bezahlen. Man gab ihr einen Gangplatz und in einer Stunde musste sie einchecken.
Zehn Minuten später stand sie mit ihrem Gepäck neben sich an der Rezeption, unterzeichnete den Kreditkartenbeleg und fragte nach einem Taxi.
Als sie dem
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