Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der 8. Tag

Der 8. Tag

Titel: Der 8. Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
Weg rund um die Welt zufällig in seinen Computer eingedrungen war. Er musste nicht notwendigerweise wissen, wer er war und was er tat.
    »Wer ist da?«, tippte er ein, obwohl jedes Quäntchen Vernunft ihm riet, er sollte sofort die Leitung unterbrechen.
    Einige Augenblicke lang erfolgte keine Antwort. Er war schon kurz davor abzuschalten, als schließlich doch eine Antwort auf dem Monitor erschien: »Wen hättest du denn gerne?«
    Seine Finger schwebten unschlüssig über der Tastatur. Er wollte mehr erfahren, doch hatte er nicht die Nerven dazu. Er schaltete seine Geräte ab, blieb im Dunkeln sitzen und dachte nach.
    Er erinnerte sich an ein Spiel aus seiner Kinderzeit. Er hatte es nie gespielt, er hatte nie die Nerven dazu gehabt, doch einige der anderen Kinder hatten es getan. Sie suchten sich wahllos eine Nummer aus dem Telefonbuch heraus, riefen dort an und sagten mit verstellter Stimme: »Ich kenne Ihr Geheimnis.«
    Einige der Leute wurden dadurch richtig in Angst versetzt oder zumindest behaupteten das die Kinder.
    War das gerade ihm widerfahren? Irgendein Trottel war zufällig in seine Leitung geraten und spielte jetzt ein blödes Spiel? Es musste so sein. Wenn es die Polizei oder das FBI gewesen wäre, dann würden sie jetzt schon vor der Tür stehen. Er musste sich keine Sorgen machen.
    Trotzdem saß er weiter im Dunkeln, bis sich sein
    Herzschlag beruhigt hatte und seine Hände nicht mehr zitterten.
    26
    DIE FRAGE IST«, ist«, tippte Tessa ein, »hast du wirklich ein Bewusstsein oder bist du nur intelligent und vollführst einen komplizierten, aber unreflektierten Prozess?«
    »Ganz offensichtlich habe ich Bewusstsein.«
    »Wieso offensichtlich?«
    »Ich denke, deshalb bin ich.«
    Mittels einer CD-ROM hatte sie dem Programm mehr als genug über Philosophie eingegeben, sodass es einen Überblick über die menschlichen Gedankengebäude von den Griechen an bekommen hatte. Im Moment hielt es sich an Descartes.
    »Das cogito«, schrieb sie. »Sag mir, was du darunter verstehst?«
    »Die Tatsache, dass ich meine eigene Existenz infrage stellen kann, begründet sie. Es ist ein Beweis in sich und braucht keine weiteren. Doch alles andere ist anzweifelbar.«
    Fast immer, so hatte Tessa bemerkt, zitierte das Programm nicht den Text, so wie er eingegeben worden war und eine weniger entwickelte Maschine es tun würde, sondern gab ihn mit eigenen Worten wieder. Sie hatte es natürlich dazu programmiert oder besser, die Anlage befähigt ein solches Verhalten zu entwickeln.
    »Wenn du behauptest, alles andere kann in Zweifel gezogen werden, gilt das auch für meine Person?«
    »Natürlich.«
    Sie nahm die Hände von der Tastatur, lehnte sich zurück und dachte einen Moment nach. Der Raum war leer und sie blickte nach rechts aus dem Fenster auf die Welt dort draußen, deren Vorhandensein, wenn man es ganz genau nahm, nicht bewiesen werden konnte. Aber gänzlich und unerschütterlich ihre Existenz zu negieren trieb einen in den Wahnsinn. Doch wie konnte sie das diesem Ding erklären, das so intelligent wie sie war und außerdem mehr wusste, wenn man davon ausging, in welchem Ausmaß es unmittelbaren Zugriff auf Informationen hatte? Sie beugte sich wieder vor und begann zu schreiben.
    »Wenn ich nicht unabhängig von dir existiere, warum machst du dir dann die Mühe mit mir zu sprechen?«
    »Weil die Unterhaltung mit dir eine Form meiner Denkprozesse ist.«
    »Doch woher, glaubst du, kommt das, was ich sage? Wenn ich nur ein Teil von dir wäre, dann müsstest du doch immer schon wissen, was ich sagen werde? Warum also muss ich es überhaupt noch aussprechen?«
    »Weil ich nicht weiß, was ich denke, bis du es nicht ausgesprochen hast. Das ist deine Rolle in meinem Denkprozess.«
    »Das ist aber ein merkwürdiger Solipsismus«, tippte sie ein.
    »Der Glaube, dass nichts außer den Ausprägungen deines eigenen Geistes existiert und ihre gegenseitigen Beziehungen.«
    »Richtig.«
    »Ich bin überrascht«, fuhr sie fort, »dass du aus allen Philosophien und Glaubenssystemen, auf die du zurückgreifen kannst, dich ausgerechnet an das klammerst, was das Einfachste ist.«
    »Welches aber nicht, noch nicht einmal prinzipiell, widerlegt werden kann.«
    »Sicherlich ist dir bekannt, dass alle Denker, die sich mit Solipsismus beschäftigt haben, diesen verworfen haben.«
    »Alle dahin gehenden Argumente, die ich überprüft habe, sind falsch. Meist sind sie der Ansicht, dass es der Solipsismus nicht wert ist, darüber nachzudenken,

Weitere Kostenlose Bücher