Der 8. Tag
glücklich mit der Situation war. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass Dr. Lambert ihn eindeutig abgewimmelt hatte, als er sie mit ein paar Leuten besuchen wollte. Er hatte nicht darauf bestehen wollen, denn sich als Vorgesetzter aufzuspielen war bei Menschen wie ihr nicht die beste Vorgehensweise. Aber er stimmte zu, dass bald etwas passieren musste um aus dieser augenscheinlichen Sackgasse herauszukommen.
»Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand hier die Forschungsgelder einstreicht und dann die Früchte seiner Arbeit und unseres Geldes woandershin verkauft, wo er größere Summen erhält, als wir ausgeben können.« Sir Geoffrey sprach in seiner irritierenden und schnörkelhaften Art mit dem leichten musikalischen Tonfall, der auf seine Herkunft aus Morningside zurückging. »Meine Frage ist, glauben Sie, dass die Möglichkeit besteht, dass so etwas in diesem Fall passiert?«
»Um ganz ehrlich zu sein, ich bezweifle es«, erklärte Jonathan. »Doch ich bin auch der Meinung, dass wir diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen sollten. Ich selbst bin auch schon etwas beunruhigt. Vielleicht gibt es da etwas, was wir wissen sollten.«
Sir Geoffrey nickte wissend und musterte den bernsteinfarbenen Schimmer seines Macallan Maltwhiskys. »Besser Sie unternehmen die angemessenen Schritte, nicht wahr?«
Das war’s dann. Sie tauschten noch ein paar Höflichkeiten allgemeiner Art aus, leerten ihre Gläser und Jonathan kehrte in sein Büro zurück, wo gerade noch so viel Zeit blieb um ein Memo in den Computer zu schreiben, in dem die verschiedenen Wege, wie man Dr. Lamberts Forschungen in Oxford überprüfen sollte, niedergelegt wurden. Dann ging er in sein Badezimmer, wechselte zu weißer Krawatte und Smoking für einen Empfang in der amerikanischen Botschaft, von dem er sich mit etwas Glück früh verdrücken konnte.
Als er unter dem tropfenden Vordach auf seinen Wagen wartete, wurde er durch etwas irritiert, das immer stärker wurde und schließlich sein Denken beherrschte. Ein Gefühl sein Leben vergeudet zu haben, dass er trotz all seiner Talente, seinem guten Aussehen und seinem Wissen nichts daraus gemacht hatte, als sich auf den ausgetretenen Pfaden zu bewegen, denen schon Generationen vor ihm gefolgt waren. Es war nicht einfach die Enttäuschung darüber, kein Künstler, Erfinder oder Entdecker zu sein, es war mehr das stärker werdende Gefühl zu einem Zeitalter zu gehören, das vergangen war, dass er die Zukunft sehen konnte, aber niemals ein Teil von ihr sein würde.
Dann fuhr sein Wagen vor und brachte ihn durch den verregneten Feierabendverkehr nach Norden zum Regents Park. Er dachte an andere Dinge.
28
I CH VERSTEHE NICHT, wie du sagen kannst, in dem Computer befände sich ein Solipsist, und das gleiche Programm draußen will dich töten. So gesehen ist das doch ein ziemlich guter Beweis, dass du zumindest so weit existierst, dass es hinter dir her ist.«
Während sie sprach, studierte Helen über den Küchentisch hinweg die Augen ihrer Freundin, die in dunklen Ringen eingebettet waren. Tessa hat kein Make-up aufgelegt, ihre Haare waren zurückgekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie war noch schnell, bevor die morgendliche Sprechstunde begann, auf eine Tasse Kaffee vorbeigekommen.
»Ein Solipsist zu sein ist nicht gleichbedeutend mit katatonisch«, erklärte Tessa, setzte ihren Kaffeebecher ab und fuhr mit ihren schmalen Fingern an dessen Rand entlang. »Du kannst noch handeln, du kannst kommunizieren, es ist nur so, dass du glaubst, es handele sich lediglich um verschiedene Ausprägungen deiner eigenen Existenz und nicht um etwas, was außerhalb von dir existiert. Es ist wie bei einem Goldfisch, der meint, sein Glas wäre das ganze Universum und die Dinge, die er am Rand seines Universums wahrnimmt, Gesichter, das menschliche Leben um ihn herum, nur Bilder, die er aus seiner Vorstellung herausprojiziert hat – Abbilder seiner selbst.«
»Woher, glaubt der Fisch, kommt das Futter oder wer wechselt das Wasser?«
»Das alles ist ein Teil von ihm, etwas, was man nicht infrage stellen kann und auch nicht infrage zu stellen braucht.«
»Sehr bequem.«
»Denk an ein Kind im Mutterleib. Wir wissen, dass es sich bis zu einem gewissen Grad seiner Existenz bewusst ist, ganz bestimmt so weit, dass es sich wundert, was los ist, wenn es geboren wird. Es weiß nicht, dass es in eine äußere Welt gestoßen wird, die voller Dinge und Menschen ist. Es fragt sich, was diese
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