Der 8. Tag
zu bringen, sie als etwas anderes als eine Ausdrucksform seines eigenen Bewusstseins anzusehen.
27
BIS JETZT HATTE Jonathan Syme seinen Verdacht für sich behalten. Außer mit Christopher hatte er mit niemandem über Tessa und seinen Eindruck, dass sie ihn hinhielt, gesprochen.
Zuerst war Christopher amüsiert gewesen. »Du änderst dich, mein Lieber. Das ist deine Midlifecrisis. Deine Hormone denken um, fragen sich, ob sie nicht die ganzen Jahre das Falsche gemacht haben.«
Jonathan lachte, weil er wusste, dass es von ihm erwartet wurde. »Das glaube ich nicht. Um es klar zu sagen, solange ich noch einen Tag unter fünfundvierzig bin, habe ich nicht vor mir eine Midlifecrisis andichten zu lassen.«
»Ich bin sicher, sie wird sich daran halten.«
In der Bemerkung hatte ein leicht giftiger Ton gelegen, den Jonathan nicht mochte. Ihm waren tuntige Bemerkungen in jeder Form verhasst und er schaute missbilligend zu Christopher hinüber, der auf der anderen Seite des Kamins auf einem Sofa lag und ein paar Skizzen durchsah, die er für die neue Inszenierung am National Theater gemacht hatte. Als er Jonathans Blick bemerkte, schaute er ihn reumütig an.
»Schon gut, schon gut. Tut mir Leid.«
Jonathan stieß ein Grunzen aus und widmete sich wieder seinen Papieren, die eine geplante Neuorganisierung der Dienststelle betrafen und in die er bis morgen früh etwas Struktur hineinbringen musste. Wie gewöhnlich wurden die seltenen Abende, die sie alleine verbringen konnten, von dem Papierkram in Anspruch genommen, den er aufarbeiten musste. Dessen ungeachtet hatten sie zusammen gekocht, was immer noch eines ihrer größten Vergnügen war, wobei sie wie üblich Christophers Küche und Esszimmer benutzten, während Jonathan eine gute Flasche Burgunder aus seiner Wohnung nebenan beisteuerte.
Ihre lang andauernde Beziehung, die bis in die Tage ihres Studiums zurückging, war weder bei ihren Freunden noch bei Jonathans Vorgesetzten in Whitehall ein Geheimnis. Nicht aus Gründen der Diskretion bewohnte jeder seine eigene, aber durch eine Tür verbundene Wohnung in einem ansehnlichen Gebäude in der Nähe des St. James Square, sondern weil es Bereiche gleicher Interessen gab und solche getrennter.
Manchmal gingen sie ihren eigenen Vergnügungen nach und manchmal wollten sie einfach nur alleine sein. Sexuell waren sie sich seit vielen Jahren absolut treu, was bedeutete, dass dieser wichtige Aspekt ihr Leben mehr bereicherte, als Anlass zur Eifersucht oder Vorbehalten gab. Sie wussten beide, dass sie sich sehr glücklich schätzen konnten den anderen zu haben.
Dennoch entging es Jonathan nicht, dass es Christopher zunehmend irritierte, wenn er von der schönen und intelligenten Tessa Lambert dort in Oxford sprach. Doch es war wirklich nicht mehr als eine offizielle und sehr angenehme Beziehung.
Jonathan fand es trotzdem schwer, mit dem bohrenden Verdacht zurechtzukommen, dass er irgendwie von einer Person hintergangen wurde, die er seit ihrem ersten Treffen bewunderte und mochte.
So hatte er seit diesem Abend mit Christopher mit niemanden mehr über Tessa gesprochen, bis er an einem späten Nachmittag in Sir Geoffreys Büro, das einen Stock über dem seinen lag, bestellt wurde.
Jenseits der Doppelglasfenster, die das Rumpeln des Feierabendverkehrs gänzlich aussperrten, brach der Abend herein und ein feiner, düsterer Regen hatte eingesetzt. Sir Geoffrey saß auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes und arbeitete im Licht einer einzelnen Messingtischlampe, doch er bat Jonathan die Deckenbeleuchtung einzuschalten, die das ehrwürdige Interieur in ausreichendes Licht hüllte.
Sir Geoffrey ging zu einem Wandschrank und schenkte beiden einen Whisky ein und während sie in zwei gegenüberstehenden Ledersesseln Platz nahmen, sprach er aus, was ihn beschäftigte. Es hatte den Anschein, dass von bestimmter Seite Druck ausgeübt wurde um mehr über die Forschungen in Oxford, die Jonathan seit einiger Zeit diskret beobachtete, zu erfahren. Das Kendall-Institut war von vielen unterschiedlichen Institutionen ins Leben gerufen worden, was bedeutete, dass seine Forschungsergebnisse auf ihre militärische und zivile Verwendbarkeit hin überprüft wurden. Jonathans letzter Bericht über die Fortschritte, die Dr. Lambert in Hinblick auf eine einsatzfähige künstliche Intelligenz zu machen schien, hatte so manchen aufhorchen lassen. Warum nun dieses lange Schweigen?
Jonathan räumte ein, dass er schon seit einiger Zeit nicht
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