Der 8. Tag
unschl ü ssig ü ber der Tastatur. Er wollte mehr erfahren, doch hatte er nicht die Nerven dazu. Er schaltete seine Ger ä te ab, blieb im Dunkeln sitzen und dachte nach.
Er erinnerte sich an ein Spiel aus seiner Kinderzeit. Er hatte es nie gespielt, er hatte nie die Nerven dazu gehabt, doch ein i ge der anderen Kinder hatten es getan. Sie suchten sich wah l los eine Nummer aus dem Telefonbuch heraus, riefen dort an und sagten mit verstellter Stimme: » Ich kenne Ihr Geheimnis. « Einige der Leute wurden dadurch richtig in Angst versetzt oder zumindest behaupteten das die Kinder.
War das gerade ihm widerfahren? Irgendein Trottel war z u f ä llig in seine Leitung geraten und spielte jetzt ein bl ö des Spiel? Es musste so sein. Wenn es die Polizei oder das FBI gewesen w ä re, dann w ü rden sie jetzt schon vor der T ü r st e hen. Er musste sich keine Sorgen machen.
Trotzdem sa ß er weiter im Dunkeln, bis sich sein Herzschlag beruhigt hatte und seine H ä nde nicht mehr zitterten .
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D IE FRAGE IST « , ist « , tippte Tessa ein, » hast du wirklich ein Bewusstsein oder bist du nur intelligent und vol l f ü hrst einen komplizierten, aber unreflektierten Pr o zess? «
» Ganz offensichtlich habe ich Bewusstsein. «
» Wieso offensichtlich? «
» Ich denke, deshalb bin ich. «
Mittels einer CD-ROM hatte sie dem Programm mehr als genug ü ber Philosophie eingegeben, sodass es einen Ü berblick ü ber die menschlichen Gedankengeb ä ude von den Griechen an bekommen hatte. Im Moment hielt es sich an Descartes.
» Das cogito « , schrieb sie. » Sag mir, was du darunter verstehst? «
» Die Tatsache, dass ich meine eigene Existenz infrage ste l len kann, begr ü ndet sie. Es ist ein Beweis in sich und braucht keine weiteren. Doch alles andere ist anzweifelbar. «
Fast immer, so hatte Tessa bemerkt, zitierte das Programm nicht den Text, so wie er eingegeben worden war und eine weniger entwickelte Maschine es tun w ü rde, sondern gab ihn mit eigenen Worten wieder. Sie hatte es nat ü rlich dazu pr o grammiert oder besser, die Anlage bef ä higt ein solches Verha l ten zu entwickeln.
» Wenn du behauptest, alles andere kann in Zweifel gezogen werden, gilt das auch f ü r meine Person? «
» Nat ü rlich. «
Sie nahm die H ä nde von der Tastatur, lehnte sich zur ü ck und dachte einen Moment nach. Der Raum war leer und sie blickte nach rechts aus dem Fenster auf die Welt dort drau ß en, deren Vorhandensein, wenn man es ganz genau nahm, nicht bewiesen werden konnte. Aber g ä nzlich und unersch ü tterlich ihre Existenz zu negieren trieb einen in den Wahnsinn. Doch wie konnte sie das diesem Ding erkl ä ren, das so intelligent wie sie war und au ß erdem mehr wusste, wenn man davon au s ging, in welchem Ausma ß es unmittelbaren Zugriff auf Info r mationen hatte? Sie beugte sich wieder vor und begann zu schreiben.
» Wenn ich nicht unabh ä ngig von dir existiere, warum machst du dir dann die M ü he mit mir zu sprechen? «
» Weil die Unterhaltung mit dir eine Form meiner Denkpr o zesse ist. «
» Doch woher, glaubst du, kommt das, was ich sage? Wenn ich nur ein Teil von dir w ä re, dann m ü sstest du doch immer schon wissen, was ich sagen werde? Warum also muss ich es ü berhaupt noch aussprechen? «
» Weil ich nicht wei ß , was ich denke, bis du es nicht ausg e sprochen hast. Das ist deine Rolle in meinem Denkprozess. «
» Das ist aber ein merkw ü rdiger Solipsismus « , tippte sie ein. » Der Glaube, dass nichts au ß er den Auspr ä gungen deines eigenen Geistes existiert und ihre gegenseitigen Beziehungen. «
» Richtig. «
» Ich bin ü berrascht « , fuhr sie fort, » dass du aus allen Phil o sophien und Glaubenssystemen, auf die du zur ü ckgreifen kannst, dich ausgerechnet an das klammerst, was das Einfac h ste ist. «
» Welches aber nicht, noch nicht einmal prinzipiell, wide r legt werden kann. «
» Sicherlich ist dir bekannt, dass alle Denker, die sich mit Solipsismus besch ä ftigt haben, diesen verworfen haben. «
» Alle dahin gehenden Argumente, die ich ü berpr ü ft habe, sind falsch. Meist sind sie der Ansicht, dass es der Solipsismus nicht wert ist, dar ü ber nachzudenken, was nat ü rlich kein Argument ist. Descartes selbst rettet sich mit dem Glauben an Gott. Andere fl ü chten sich in verschlungene Argumentationen um zu beweisen, dass diese Frage gar nicht existiert. Keines der Argumente h ä lt einer Ü berpr ü fung stand. «
Diese Auseinandersetzung mit dem
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