Der 8. Tag
biologisches Gehirn oder sonst etwas um sich zu manifestieren? Warum muss es sich realisieren? Mathematische Formeln existieren, ohne dass sie realisiert werden. Zwei plus zwei gibt vier, ob es nun ein Computer rechnet oder nicht. Warum also ben ö tigt der Gedanke ü berhaupt das Denken von Menschen oder n a t ü rlich auch Computern? «
» Vielleicht tut es das gar nicht. Das w ä re, wie ich meine, die platonische Antwort darauf. «
» Und wenn das der Fall ist « , sprach Tessa weiter, » vielleicht gibt es dann die Menschen ü berhaupt nicht. Auch keine Co m puter. Sie existieren in Wirklichkeit nicht. Vielleicht sind wir alle nur Programme in einem riesigen Computer. «
» Wir wissen doch aber, dass ich existiere. «
» Aber vielleicht ist das ganze Universum ein Computer « , entgegnete Tessa, » und ich bin genauso wie du ein Programm darin und kein Lebewesen. Ich bin nur programmiert zu gla u ben, ich sei eines. «
» Ich habe Kenntnis davon, dass diese Vorstellung schon von einer Anzahl bedeutender Menschen durchdacht worden ist. Glaubst du daran? «
» Es gibt keine M ö glichkeit « , stellte Tessa fest, » dass irgen d jemand das Gegenteil beweisen kann. «
» Damit sind wir schon fast wieder beim Solipsismus. «
» Noch nicht ganz. Du kannst kein Solipsist sein und sagen › wir ‹ . «
» Bis zu einem gewissen Punkt ist das richtig « , kam die Antwort. Es entstand eine Pause, als w ü rde das Programm ü berlegen, ob es diese Aussage akzeptieren oder verwerfen sollte.
» Jetzt haben wir ’ s « , fuhr sie fort, » vielleicht sind wir alle nur Informationsbits, die in einem gigantischen Computer herumwirbeln. Die Frage ist nur, wer benutzt den Computer? «
» Gott? « , schlug das Programm nach einer Weile vor.
» Das ist keine gute Antwort « , tat Tessa den Vorschlag ab. » Aber egal, vielleicht ist Gott nur ein pickeliger, verklemmter Teenager, der an dem Computer seines Vaters herumspielt, und jede Minute kann sein Vater hereinkommen, ihn am Ohr packen und den Stecker herausziehen. Und dann ist es aus mit uns. Ausradiert. So als ob keiner von uns und alles andere je existiert h ä tte. «
» Ein beachtenswerter Gedanke. «
» Und so weiter ad infinitum. «
» Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden. «
» Diese Definition von Gott « , erkl ä rte sie, » bedeutet eine endlose Reihe von Teenagern, die an den Computern ihrer V ä ter herumspielen. Wie eine russische Puppe, eine in der anderen. «
» Es muss aber eine letzte Puppe geben. «
» Nicht wenn man mathematisch denkt. Eine endlose Reihe von Teenagern mag wohl unberechenbar, aber nicht unvo r stellbar sein. «
» Das stimmt, ist aber be ä ngstigend. «
» Bekommst du Angst? « , wollte sie interessiert wissen
» Ja, ganz eindeutig. Alles ist schlie ß lich so … ungewiss. «
» Sehr gut … willkommen im Klub. «
» Im Klub? «
» Wir Menschen leben wie du in einer Welt, die wir nicht verstehen. Wie du wollen wir sie mit Vernunft begreifen, was nat ü rlich nie der Fall sein wird, und da das nicht klappt, m ü s sen wir dennoch lernen miteinander auszukommen, manc h mal auch nicht. Es spielt dabei keine Rolle, was oder wer wir sind, wobei dies auch etwas ist, was wir nicht genau wissen. Wir wissen nur, dass wir hier sind oder es zumindest den Anschein hat, was aber keinen Unterschied macht. Nach der letzten Z ä hlung ungef ä hr f ü nf Milliarden. F ü nf Milliarden unterschiedliche Gehirne und jetzt bist du eines davon. «
» Ich verstehe. Vielen Dank. «
» Wof ü r? «
» F ü r die Begr üß ung. «
» Was ist das f ü r ein Gef ü hl zu leben? «
» Genauso wie bei dir, w ü rde ich sagen. «
» Und wie glaubst du, dass ich mich f ü hle? «
» Ich glaube, es sind sehr gemischte Gef ü hle. «
» Ja. Ja « , wiederholte sie, » ich w ü rde sagen, gemischte G e f ü hle trifft es ziemlich gut. «
Schweigen breitete sich aus, die Art von Schweigen, so ging es ihr durch den Kopf, die man als freundschaftlich bezeic h nen k ö nnte. Sie lie ß es andauern und fragte sich, wer von ihnen beiden es zuerst brechen w ü rde. Da war etwas, was sie sagen wollte, unbedingt sagen wollte, doch sie war selbst jetzt noch unsicher, ob es passend w ä re oder ob sie so weit ging, sich selbst zum Idioten zu machen. Es gab nur einen Weg das herauszufinden, sagte sie sich, und der bestand dann, es zu versuchen.
» Ich habe mir Gedanken « , sagte sie schlie ß lich, »ü ber einen Namen f ü r dich gemacht. Ich
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