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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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nur für die Langeweil aufgeschnitten, so werden sie dich gewißlich wieder karbeitschen lassen, daß du ein Weil dran zu dauen haben wirst.« In solchen Gedanken stund ich auf, der Meinung irgends zum Fenster hinauszuspringen, es war aber überall mit Eisen so wohl vergittert, daß mirs ohnmöglich ins Werk zu setzen, und was das ärgste war, so hatte ich auch kein Gewehr, ja aufs äußerst auch meinen kräftigen Pilgerstab nit bei mir, mit welchem ich mich auf den Notfall trefflich gewehrt haben wollte; legte mich derowegen wieder ins Bette, wiewohl ich nicht schlafen konnte, mit Sorg und Angst erwartend, wie mir diese herbe Nacht gedeihen würde.
    Als es nun um Mitternacht wurde, öffnete sich die Tür, wiewohl ich sie inwendig wohl verriegelt hatte; der erste so hineintrat, war ein ansehenliche gravitätische Person, mit einem langen weißen Bart, auf die antiquitätische Manier mit einem langen Talar von weißem Atlas und güldenen Blumen mit Genet gefüttert bekleidet; ihm folgten drei auch ansehenliche Männer; und indem sie eingingen, wurde auch das ganze Zimmer so hell, als wenn sie Fackeln mit sich gebracht hätten, obwohl ich eigentlich kein Licht oder etwas dergleichen sah; ich steckte die Schnauppe unter die Decke und behielt nichts haußen als die Augen, wie ein erschrockenes und furchtsams Mäuslein, das da in seiner Höhle sitzet und aufpasset zu sehen, ob es Bläsi sei oder nicht hervorzukommen; sie hingegen traten vor mein Bette und beschaueten mich wohl und ich sie hingegen auch; als solches ein gar kleine Weil gewähret hatte, traten sie miteinander in ein Eck des Zimmers, huben eine steinene Platten auf, damit der Ort besetzt war, und langten dort alle Zugehör heraus, die ein Barbier zu brauchen pflegt, wenn er jemand den Bart putzet; mit solchen Instrumenten kamen sie wieder zu mir, setzten ein Stuhl in die Mitte des Zimmers und gaben mit Winken und Deuten zu verstehen, daß ich mich aus dem Bette begeben, auf den Stuhl sitzen und mich von ihnen barbieren lassen sollte; weil ich aber still liegen blieb, griff der Vornehmste selbst an das Deckbett, solches aufzuheben und mich mit Gewalt auf den Stuhl zu setzen; da kann jeder wohl denken wie mir die Katz den Rücken hinausgelaufen, ich hielt die Decke fest und sagte: »Ihr Herrn was wollt ihr, was habt ihr mich zu scheren? ich bin ein armer Pilger der sonst nichts als seine eignen Haar hat, seinen Kopf beides vor Regen, Wind und Sonnenschein zu beschirmen; zudem sehe ich euch auch für kein Scherergesindel an, drum laßt mich ungeschoren.« Darauf antwortet' der Vornehmste: »Wir sind freilich Erzscherer, aber du kannst uns helfen, mußt uns auch zu helfen versprechen, wenn du anders ungeschorn bleiben willst.« Ich antwortet: »Wenn euer Hilf in meiner Macht stehet, so versprech ich zu tun alles was mir möglich und zu euer Hilf vonnöten sei; werdet nur derowegen sagen wie ich euch helfen soll.« Hierauf sagte der Alte: »Ich bin des jetzigen Schloßherrn Urahne gewesen und hab mit meinem Vettern von Geschlecht N. um zwei Dörfer N. N., die er rechtmäßig inhatte, einen unrechtmäßigen Hader angefangen und durch Arglist und Spitzfindigkeit die Sach dahin gebracht, daß diese drei zu unsern willkürlichen Richtern erwählet wurden, welche ich sowohl durch Verheißung als Bedrohung dahin brachte, daß sie mir bemeldte beiden Dörfer zuerkannten; darauf fing ich an, dieselbigen Untertanen dergestalt zu scheren, schröpfen und zwacken, daß ich ein merklich Stück Geld zusammenbrachte, solches nun liegt in jenem Eck und ist bisher mein Scherzeug gewesen, damit mir meine Schererei widergolten werde; wenn nun dies Geld wieder unter die Menschen kommt (denn beide Dorfschaften sind gleich nach meinem Tode wieder an ihre rechtmäßigen Herrn gelangt) so ist mir so weit geholfen als du mir helfen kannst, wenn du nämlich diese Beschaffenheit meinem Urenkel erzählest, und damit er dir desto besseren Glauben zustelle, so lasse dich morgen in den sogenannten grünen Saal führen, da wirst du mein Conterfeit finden, vor demselben erzähle ihm, was du von mir gehört hast.« Da er solches verbracht hatte, streckt' er mir die Hand dar und begehrte, ich sollte ihm mit gegebener Handtreu versichern, daß ich solches alles verrichten wollte; weil ich aber vielmal gehört hatte, daß man keinem Geist die Hand geben sollte, streckte ich ihm den Zipfel vom Leilachen dar, das brannt alsobald hinweg so weit ers in die Hand kriegte, die Geister aber trugen ihre

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