Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
Scherinstrumente wieder an vorigs Ort, deckten den Stein wieder drüber, stellten auch den Stuhl hin, wo er zuvor gestanden, und gingen wieder nacheinander zum Zimmer hinaus; indessen schwitzte ich wie ein Braten beim Feur und war doch noch so kühn, in solcher Angst einzuschlafen.
Das 16. Kapitel
Wie der Pilger wiederum aus dem Schloß abscheidet
Es war schon ziemlich lang Tag gewesen, als der Schloßherr mit seinem Diener wieder vor mein Bette kam: »Wohl! Herr Simplici«, sagte er, »wie hats Ihm heint nacht zugeschlagen, hat Er keine Karbatsch vonnöten gehabt?« »Nein Monsieur«, antwortet ich, »diese so hierinnen zu wohnen pflegen, brauchtens nicht wie derjenige so mich im Saurbrunnen foppen wollte.« »Wie ists aber abgangen?« fragte er weiters, »fürchtet Er sich noch nicht vor den Geistern?« Ich antwortet: »Daß es ein kurzweilig Ding um die Geister sei, werde ich nimmermehr sagen; daß ich sie darum eben fürchte, werde ich nimmermehr gestehen; aber wie es abgangen, bezeuget zum Teil dies verbrennte Leilachen, und ich werde es dem Herrn erzählen, sobald er mich nur in seinen grünen Saal führet, allwo ich ihm des Prinzipalgeists, der bisher hierinnen gangen, wahres Conterfeit weisen soll.« Er sah mich mit Verwunderung an und konnte sich leicht einbilden, daß ich mit den Geistern geredt haben müßte, weil ich nicht allein vom grünen Saal zu sagen wußte, den ich noch nie sonst von jemand hatte nennen hören, sondern auch weil das verbrennete Leilachen solches bezeugte. »So glaubt Er denn nun«, sagte er, »was ich Ihm hiebevor im Saurbrunnen erzählt hab?« Ich antwortet: »Was bedarf ich des Glaubens, wenn ich ein Ding selbst weiß und erfahren habe?« »Ja«, sagte er weiters, »tausend Gulden wollte ich drum schuldig sein, wenn ich dies Kreuz aus dem Haus hätte.« Ich antwortet: »Der Herr geb sich nur zufrieden, er wird davon erledigt werden, ohne daß es ihn ein Heller kosten solle; ja er wird noch Geld dazu empfangen.«
Mithin stund ich auf, und wir gingen stracks miteinander dem grünen Saal zu, welches zugleich ein Lustzimmer und Kunstkammer war; unterwegs kam des Schloßherrn Bruder an, den ich im Saurbrunnen karbeitscht hatte, denn ihn sein Bruder meinetwegen von seinem Sitz, der etwa zwo Stund von dannen lag, eilends holen lassen; und weil er ein ziemlich mürrisch aussah, besorgte ich mich, er sei etwa auf eine Rach bedacht, doch erzeigte ich im geringsten keine Furcht, sondern als wir in den gedachten Saal kamen, sah ich unter anderen kunstreichen Gemälden und Antiquitäten eben dasjenig Conterfeit, das ich suchte. »Dieser«, sagte ich zu beiden Gebrüdern, »ist euer Urahne gewesen und hat dem Geschlecht von N. zwei Dörfer als N. und N. unrechtmäßigerweis abgedrungen, welche Dörfer aber jetzunder ihre rechtmäßigen Herrn wieder inhaben; von denselbigen Dörfern hat euer Urahne ein namhaftes Stück Geld erhoben und bei seinen Lebzeiten in demjenigen Zimmer darinnen ich heint gebüßt, was ich hiebevor im Saurbrunnen mit der Karbeitsch begangen, einmauren lassen, weswegen er denn samt seinen Helfern bishero an hiesigem Hause so schrecklich sich erzeigt«; wollten sie nun, daß er zur Ruhe komme und das Haus hinfort geheur sei, so möchten sie das Geld erheben und anlegen wie sie vermeinten, daß sie es gegen Gott verantworten können, ich zwar wollte ihnen weisen wo es läge, und alsdann in Gottes Namen meinen Weg weiters suchen. Weilen ich nun wegen der Person ihres Urahnen und beider Dörfer die Wahrheit geredet hatte, gedachten sie wohl, ich würde des verborgenen Schatzes halber auch nicht lügen; verfügten sich derowegen mit mir wiederum in mein Schlafzimmer, allwo wir die steinere Platt erhuben, daraus die Geister das Schererzeug genommen und wieder hingesteckt hatten; wir fanden aber anders nichts als zween irdene Hafen, so noch ganz neu schienen, davon der eine mit rotem, der ander aber weißem Sand gefüllt war, weswegen beide Brüder die gefaßte Hoffnung, dies Orts einen Schatz zu fischen, allerdings fallen ließen; ich aber verzagte drum nicht, sondern freute mich dermaleins die Gelegenheit zu haben, daß ich probieren könnte, was der wunderbarliche Theophrastus Paracelsus in seinen Schriften Tom. 9 in ›Philosophia occulta‹ von der Transmutation der verborgenen Schätze schreibt; wanderte derowegen mit den beiden Hafen und in sich habenden Materien in die Schmiede, die der Schloßherr im Vorhof des Schlosses stehen hatte, setzte sie ins Feur und gab
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