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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ihnen ihre gebührliche Hitz, wie man sonst zu prozedieren pflegt, wenn man Metall schmelzen will, und nachdem ichs von sich selbsten erkalten ließ, fanden wir in dem einen Hafen eine große Massa Dukatengold, in dem andern aber einen Klumpen vierzehenlötig Silber, und konnten also nicht wissen, was es für Münze gewesen war; bis wir nun mit dieser Arbeit fertig wurden, kam der Mittag herbei, bei welchem Imbiß mir nicht allein weder Essen noch Trinken schmecken wollte, sondern mir wurde auch so übel, daß man mich zu Bett bringen mußte, nicht weiß ich, war es die Ursach, daß ich mich etliche Tag zuvor im Regenwetter gar unbescheiden mortifiziert oder daß mich die verwichne Nacht die Geister so erschreckt hatten.
    Ich mußte wohl zwölf Tag des Bettes hüten, und hätte ohne Sterben nicht kränker werden können; ein einziger Aderlaß bekam mir trefflich neben der Gutwartung die ich empfing. Indessen hatten beide Gebrüder ohne mein Wissen einen Goldschmied holen und die zusammengeschmolzenen Massaten probieren lassen, weil sie sich eines Betrugs besorgten; nachdem sie nun dieselbigen just befunden, zumalen sich kein Gespenst im ganzen Hause mehr merken ließ, wußten sie beinahe nicht zu ersinnen, was sie mir nur für Ehr und Dienst erweisen sollten; ja sie hielten mich allerdings für einen heiligen Mann, dem alle Heimlichkeiten ohnverborgen, und der ihnen von Gott insonderheit zugeschickt worden wäre, ihr Haus wiederum in richtigen Stand zu setzen; derowegen kam der Schloßherr selbst schier nie von meinem Bette, sondern freute sich, wenn er nur mit mir diskurrieren konnte, solches währete, bis ich meine vorige Gesundheit wieder völlig erlangte.
    In solcher Zeit erzählte mir der Schloßherr ganz offenherzig, daß (als er noch ein junger Knab gewesen) sich ein frevler Landstörzer bei seinem Herrn Vater angemeldet und versprochen den Geist zu fragen, und dadurch das Haus von solchem Ungeheuer zu entledigen; wie er sich dann auch zu solchem Ende in das Zimmer, darin ich über Nacht liegen müssen, einsperren lassen; da seien aber eben diejenigen Geister in solcher Gestalt, wie ich sie beschrieben hätte, über ihn hergewischet, hätten ihn aus dem Bette gezogen, auf ein Sessel gesetzt, ihn seines Bedünkens gezwackt, geschoren und bei etlichen Stunden dergestalt tribuliert und geängstigt, daß man ihn am Morgen halb tot dort liegend gefunden; es sei ihm auch Bart und Haar dieselbe Nacht ganz grau worden, wiewohl er den Abend als ein dreißigjähriger Mann mit schwarzen Haarn zu Bette gangen sei; gestund mir auch daneben, daß er mich keiner andern Ursachen halber in solches Zimmer gelegt, als seinen Bruder an mir zu revanchieren und mich glauben zu machen, was er vor etlichen Jahren von diesen Geistern erzählet und ich nicht glauben wollen; bat mich mithin zugleich um Verzeihung und obligierte sich die Tag seines Lebens mein getreuer Freund und Diener zu sein.
    Als ich nun wiederum allerdings gesund worden und meinen Weg ferner nehmen wollte, offerierte er mir die Pferd, Kleidung und ein Stück Geld zur Zehrung; weil ich aber alles rund abschlug, wollte er mich auch nicht hinweglassen, mit Bitt, ich wollte ihn doch nicht zum allerundankbarsten Menschen in der Welt machen, sondern aufs wenigst ein Stück Geld mit auf den Weg annehmen, wenn ich je in solchem armseligen Habit meine Wallfahrt zu vollenden bedacht wäre. »Wer weiß«, sagte er, »wo es der Herr bedarf?« Ich mußte lachen, und sagte: »Mein Herr, es gibt mich wunder wie Er mich einen Herrn nennen mag, da Er doch siehet, daß ich mit Fleiß ein armer Bettler zu verbleiben suche.« »Wohl«, antwortet' er, »so verbleibe Er denn Sein Lebtag bei mir und nehme Sein Almosen täglich an meiner Tafel.« »Herr«, sagte ich hingegen, »wenn ich solches tät, so wäre ich ein größerer Herr als Er selbsten; wie würde aber alsdann mein tierlicher Leib bestehen, wenn er so ohne Sorg wie der reiche Mann auf den alten Kaiser hineinlebte? würden ihn so gute Tage nicht gumpen machen? will mein Herr mir aber je eine Verehrung tun, so bitte ich Er lasse mir meinen Rock füttern, weil es jetzt auf den Winter losgehet.« »Nun gottlob«, antwortet' er, »daß sich gleichwohl etwas findet meine Dankbarkeit zu bezeugen«; darauf ließ er mir einen Schlafpelz geben, bis mein Rock gefüttert wurde, welches mit wollenem Tuch geschah, weil ich kein ander Futter annehmen wollte. Als solches geschehen, ließ er mich passieren und gab mir etliche Schreiben mit,

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