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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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andern dort verkauften.

Das 18. Kapitel
    Der wilde Mann kommt mit großem Glück und vielem Geld wiederum auf freien Fuß
    Ich allein blieb überig, denn als vier vornehmste Räuber sahen, daß die närrischen Leute sich über meinen großmächtigen Schweizer- und Kapuzinerbart und langes Haar, dergleichen sie zu sehen nicht gewohnt waren, verwunderten, gedachten sie sich solches zunutz zu machen; nahmen mich derowegen für ihren Part, sonderten sich von ihrer übrigen Gesellschaft, zogen mir meinen Rock aus und bekleideten mich um die Scham mit einer schönen Art Moos, so in Arabia felice in den Wäldern an etlichen Bäumen zu wachsen pflegt, und weil ich ohnedas barfuß und barhäuptig zu gehen gewohnet war, gab solches ein überaus seltsames und fremdes Ansehen; solchergestalt führten sie mich als einen wilden Mann in den Flecken und Städten am Roten Meer herum und ließen mich um Geld sehen, mit Vorgeben, sie hätten mich in Arabia deserta fern von aller menschlichen Wohnung gefunden und gefangen bekommen; ich durfte bei den Leuten kein Wort reden, weil sie mir, wenn ichs tun würde, den Tod drohten, welches mich schwer ankam, dieweil ich allbereit etwas wenigs Arabisch lallen konnte; hingegen war mirs erlaubt, wenn ich mich allein bei ihnen befand; da ließ ich mich denn gegen sie vernehmen, daß mir ihr Handel wohlgefalle, welches ich auch genoß, denn sie unterhielten mich mit Speis und Trank so gut als sie es selbst gebrauchten, welches gemeiniglich Reis und Schaffleisch war; so erhielt ich auch von ihnen, daß ich mich bei Nacht und sonst unter Tags auf der Reis, wenn es etwas kalt war, mit meinem Rock beschirmen durfte, in welchem noch etliche Dukaten staken.
    Solchergestalt fuhr ich über das Rote Meer, weil meine vier Herren den Städten und Marktflecken, die beiderseits daran gelegen, nachzogen; diese sammelten mit mir in kurzer Zeit ein großes Geld, bis wir endlich in eine große Handelstadt kamen, allwo ein türkischer Bassa Hof hält und sich ein Menge Leut von allerhand Nationen aus der ganzen Welt befinden, weil alldorten die indianischen Kaufmannsgüter ausgeladen und von dannen über Land nach Aleppo und Alkayr, von dorten aber fürders auf das Mittelländische Meer geschafft werden; daselbsten gingen zween von meinen Herrn, nachdem sie Erlaubnis von der Obrigkeit bekommen, mit Schalmeien an die vornehmsten Örter der Stadt und schrien ihrer Gewohnheit nach aus, wer einen wilden Mann sehen wollte, der in der Wüstenei des steinigen Arabiae gefangen worden wäre, der sollte sich da und da hin verfügen; indessen saßen die andern beiden bei mir im Losament und zierten mich, das ist, sie kämpelten mir Haar und Bart beim zierlichsten und hatten größere Sorg dazu, als ich meine Tage jemal getan, damit ja kein Härlein davon verloren würde, weil es ihnen soviel eintrug; hernach sammlete sich das Volk in unglaublicher Menge mit großem Gedräng, unter welchem sich auch Herrn befanden, denen ich an der Kleidung wohl ansah, daß es Europäer waren. Nun, gedachte ich, jetzt wird deine Erlösung nahen, und deiner Herrn Betrug und Buberei offenbaren; jedoch schwieg ich noch solang still, bis ich etliche aus ihnen Hoch- und Niederteutsch, etliche Französisch und ander Italienisch reden hörte; als nun einer dies und der ander jenes Urteil von mir fällte, konnte ich mich nicht länger enthalten, sondern brachte noch so viel verlegen Latein (damit mich alle Nationes in Europa auf einmal verstehen sollen) zusammen, daß ich sagen konnte: »Ihr Herrn, ich bitte euch allesamt um Christi unsers Erlösers willen, daß ihr mich aus den Händen dieser Räuber erretten wollet, die schelmischerweis ein Spektakul mit mir anstellen.« Sobald ich solches gesagt, wischte einer von meinen Herrn mit dem Säbel heraus, mir das Reden zu legen, wiewohl er mich nicht verstanden; aber die redlichen Europäer verhinderten sein Beginnen; darauf sagte ich ferner auf französisch: »Ich bin ein Teutscher, und als ich pilgersweis nach Jerusalem wallfahrten wollte, auch mit genugsamen Paßbriefen von den Bassen zu Alexandria und dem zu Alkayr versehen gewesen, aber wegen des damaszenischen Kriegs nicht fortkommen mochte, sondern mich ein Zeitlang zu Alkayr aufhielt, Gelegenheit zu erwarten meine Reis zu vollenden, haben mich diese Kerl ohnweit besagter Stadt neben andern mehr ehrlichen Leuten diebischerweis hinweggeführt, und bisher Geld mit mir zu sammlen viel tausend Menschen betrogen.« Folgends bat ich die Teutschen, sie

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