Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch
das Heilig Land zu beschauen, ging ich mit einem Genueser aus ihnen in sein Vaterland; daselbst sahen wir uns nach Gelegenheit um, über das Mittelländische Meer zu kommen; trafen auch auf geringe Nachfrag gleich ein geladen Schiff an, welches fertig stund mit Kaufmannsgütern nach Alexandriam zu fahren und nur auf gute Wind wartete; ein wunderlichs, ja göttlichs Ding ist ums Geld bei den Weltmenschen! der Patron oder Schiffherr hätte mich meines elenden Aufzugs halber nit angenommen, wenn ich gleich eine güldene Andacht und hingegen nur bleiern Geld gehabt hätte, denn da er mich das erstemal sah und hörete, schlug er mein Begehren rund ab; sobald ich ihm aber eine Handvoll Dukaten wies, die zu meiner Reise employiert werden sollen, war der Handel ohn einzigs ferners Bitten bei ihm schon richtig, ohne daß wir uns um den Schifflohn miteinander verglichen; worauf er mich selber instruierte, mit was für Proviant und andern Notwendigkeiten ich mich auf die Reis versehen sollte; ich folgte ihm wie er mir geraten und fuhr also in Gottes Namen mit ihm dahin.
Wir hatten auf der ganzen Fahrt Ungewitters oder widerwärtigen Winds halber keine einzige Gefahr, aber den Meerräubern, die sich etlichemal merken ließen und Mienen machten uns anzugreifen, mußte unser Schiffherr oft entgehen, maßen er wohl wußt, daß er wegen seines Schiffs Geschwindigkeit mehr mit der Flucht als sich zu wehren gewinnen könnte; und also langten wir zu Alexandria an, ehender als sichs alle Seefahrer auf unserem Schiff versehen hatten, welches ich für ein gut Omen hielt, meine Reis glücklich zu vollenden. Ich bezahlte mein Fracht und kehrte bei den Franzosen ein, die alldorten jeweils sich aufzuhalten pflegen, von welchen ich erfuhr, daß für diesmal meine Reis nach Jerusalem fortzusetzen ohnmöglich sei, indem der türkische Bassa zu Damasco eben damals in armis begriffen und gegen seinen Kaiser rebellisch war, also daß keine Karawane, sie wäre gleich stark oder schwach gewesen, aus Ägypten nach Judäam passieren mögen, sie hätte sich denn freventlich alles zu verlieren in Gefahr geben wollen.
Es war damals eben zu Alexandria, welches ohnedas ein ungesunde Luft zu haben pflegt, eine giftige Kontagion eingerissen, weswegen sich viel von da anderwärtlich hin retirierten, sonderlich europäische Kaufleut, so das Sterben mehr fürchten als Türken und Araber; mit einer solchen Compagnia begab ich mich über Land auf Rosseten, einen großen Flecken am Nilo gelegen; daselbst saßen wir zu Schiff und fuhren auf dem Nilo mit völligem Segel aufwärts, bis an ein Ort so ohngefähr ein Stund Wegs von der großen Stadt Alkayr gelegen, auch Alt-Alkayr genennt wird; und nachdem wir allda schier um Mitternacht ausgestiegen, unsere Herbergen genommen und des Tags erwartet, begaben wir uns vollends nach Alkayr, der jetzigen rechten Stadt, in welcher ich gleichsam allerhand Nationen antraf; daselbst gibt es auch ebenso vielerlei seltsame Gewächs als Leute, aber was mir am allerseltsamsten vorkam, war dieses, daß die Einwohner hin und wieder in dazu gemachten Öfen viel hundert junge Hühner ausbrüteten, zu welchen Eiern nit einmal die Hennen kamen, seit sie solches gelegt hatten, und solchem Geschäft warten gemeiniglich alte Weiber ab.
Ich hab zwar niemalen keine so große volkreiche Stadt gesehen, da es wohlfeiler zu zehren als eben an diesem Ort; gleichwie aber nichtsdestoweniger meine übrigen Dukaten nach und nach zusammengingen, wenns schon nit teur war, also konnte ich mir auch leicht die Rechnung machen, daß ich nit erharren würde können, bis sich der Aufruhr des Bassae von Damasco legen und der Weg sicher werden würde, meinem Vorhaben nach Jerusalem zu besuchen; verhängte derowegen meinen Begierden den Zügel andere Sachen zu beschauen, wozu mich der Vorwitz anreizte; unter andern war jenseit des Nili ein Ort, da man die Mumia gräbt, den besichtigt ich etlichmal, item an einem Ort die beiden Pyramides Pharaonis und Rhodope; machte mir auch den Weg dahin so gemein, daß ich fremde Unkennliche alleinig dahin führn durfte; aber es gelang mir zum letztenmal nit beim besten; denn als ich einsmals mit etlichen zu den ägyptischen Gräbern ging, Mumia zu holen, wobei auch fünf Pyramides stehen, kamen uns einige arabische Räuber auf die Haube, welche der Orten die Straußenfänger zu fangen ausgangen waren; diese kriegten uns bei den Köpfen und führten uns durch Wildnisse und Abweg an das Rote Meer, allwo sie den einen hier den
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