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Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Gebot zu halten begehrte, also sah ich hingegen viel, die ihm in allem widerstrebten, und die Zöllner (welche zu den Zeiten, als Christus noch auf Erden wandelt', offene Sünder waren) mit Bosheit übertrafen. Christus spricht: »Liebet eure Feinde, segnet die euch fluchen, tut wohl denen die euch hassen, bittet für die so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid euers Vaters im Himmel; denn so ihr liebet, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? tun solches nicht auch die Zöllner? und so ihr euch nur zu euren Brüdern freundlich tut, was tut ihr Sonderliches? tun nicht die Zöllner auch also?« Aber ich fand nicht allein niemand, der diesem Befehl Christi nachzukommen begehrte, sondern jedermann tat gerad das Widerspiel, es hieß, viel Schwäger, viel Knebelspieß', und nirgends fand sich mehr Neid, Haß, Mißgunst, Hader und Zank als zwischen Brüdern, Schwestern und andern angebornen Freunden, sonderlich wenn ihnen ein Erb zuteilen zugefallen war; auch sonst haßte das Handwerk aller Orten einander, also daß ich handgreiflich sehen und schließen mußte, daß vor diesem die offenen Sünder, Publikanen und Zöllner, welche wegen ihrer Bosheit und Gottlosigkeit bei männiglich verhaßt waren, uns heutigen Christen mit Übung brüderlicher Liebe weit überlegen gewesen; maßen ihnen Christus selbsten das Zeugnis gibt, daß sie sich untereinander geliebet haben. Dahero betrachtete ich, wenn wir keinen Lohn haben, so wir die Feinde nicht lieben, was für große Strafen wir dann gewärtig sein müssen, wenn wir auch unsere Freund hassen; wo die größte Lieb und Treu sein sollte, fand ich die höchste Untreu und den gewaltigsten Haß. Mancher Herr schund seine getreuen Diener und Untertanen, hingegen wurden etliche Untertanen an ihren frommen Herren zu Schelmen. Den kontinuierlichen Zank vermerket ich zwischen vielen Eheleuten, mancher Tyrann hielt sein ehrlich Weib ärger als einen Hund, und manche lose Vettel ihren frommen Mann für einen Narrn und Esel. Viel hündische Herrn und Meister betrogen ihre fleißigen Dienstboten um ihren gebührenden Lohn, und schmälerten beides Speis und Trank, hingegen sah ich auch viel untreu Gesind, die ihre frommen Herren entweder durch Diebstahl oder Fahrlässigkeit ins Verderben setzten. Die Handelsleut und Handwerker renneten mit dem Judenspieß gleichsam um die Wett, und sogen durch allerhand Fünde und Vorteil dem Bauersmann seinen sauren Schweiß ab; hingegen waren teils Bauren so gar gottlos, daß sie sich auch darum bekümmerten, wenn sie nicht rechtschaffen genug mit Bosheit durchtrieben waren, andere Leut, oder auch wohl ihre Herren selbst, unterm Schein der Einfalt zu berufen. Ich sah einsmals einen Soldaten einem andern eine dichte Maulschelle geben, und bildete mir ein, der Geschlagene würde den andern Backen auch darbieten (weil ich noch niemal bei keiner Schlägerei gewesen). Aber ich irrete, denn der Beleidigte zog von Leder, und versetzte dem Täter eine Wunde dafür an Kopf. Ich schrie ihm überlaut zu, und sagte: »Ach Freund, was machst du?« »Da wär einer ein Bärnhäuter«, antwort jener, »ich will mich der Teufel hol etc. selbst rächen, oder das Leben nicht haben! Hei, müßte doch einer ein Schelm sein, der sich so kujonieren ließe.« Der Lärmen zwischen diesen zweien Duellanten ergrößert' sich, weilen beiderseits Beiständer, samt dem Umstand und Zulauf, einander auch in die Haar kamen; da hörte ich schwören bei Gott und ihren Seelen so leichtfertig, daß ich nicht glauben konnte, daß sie diese für ihr edelst Kleinod hielten. Aber das war nur Kinderspiel, denn es blieb bei so geringen Kinderschwüren nicht, sondern es folgte gleich hernach: »Schlag mich der Donner, der Blitz, der Hagel, zerreiß und hol mich der etc. ja nicht einer allein, sondern hunderttausend, und führen mich in die Lüft' hinweg!« Die H. Sacramenta mußten nicht nur siebenfältig, sondern auch mit hunderttausenden, ja so viel Tonnen, Galeeren und Stadtgräben voll heraus, also daß mir abermal alle Haar gen Berg stunden. Ich gedachte wiederum an den Befehl Christi, da er sagt: »Ihr sollt allerdings nicht schwören, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Stuhl, noch bei der Erden, denn sie ist seiner Füße Schemel, noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt, auch sollst du nicht bei deinem Haupt schwören, denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß und schwarz zu machen, euer Rede aber sei ja ja, nein nein, was drüber

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