Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch

Titel: Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
noch Mißgönner hättest? Ich sehe wohl, wie sauer du dirs mußt werden lassen, und wieviel Beschwerden du doch erträgst; Liebster Herr, was wird doch endlich dein Lohn sein, sage mir, was hast du davon? Wenn du es nicht weißt, so lasse dirs den griechischen Demosthenem sagen, welcher, nachdem er den gemeinen Nutzen und das Recht der Athenienser tapfer und getreulich befördert und beschützt, wider alles Recht und Billigkeit, als einer so ein greuliche Missetat begangen, des Lands verwiesen und in das Elend verjaget ward; dem Socrati ward mit Gift vergeben; dem Hannibal ward von den Seinen so übel gelohnet, daß er elendiglich in der Welt landflüchtig herumschweifen mußte; also geschah dem römischen Camillo; und dergestalt bezahlten die Griechen den Lycurgum und Solonem, deren der eine gesteiniget ward, dem andern aber, nachdem ihm ein Aug ausgestochen, wurde als einem Mörder endlich das Land verwiesen. Darum behalte dein Kommando samt dem Lohn, den du davon haben wirst, du darfst deren keins mit mir teilen, denn wenn alles wohl mit dir abgehet, so hast du aufs wenigste sonst nichts, das du davonbringest, als ein bös Gewissen; wirst du aber dein Gewissen in acht nehmen wollen, so wirst du als ein Untüchtiger beizeiten von deinem Kommando verstoßen werden, nicht anders, als wenn du auch, wie ich, zu einem dummen Kalb worden wärest.«

Das 12. Kapitel
    Von Verstand und Wissenschaft etlicher unvernünftiger Tier'
    Unter währendem meinem Diskurs sah mich jedermann an, und verwunderten sich alle Gegenwärtigen, daß ich solche Reden sollte vorbringen können, welche wie sie vorgaben auch einem verständigen Mann genug wären, wenn er solche so gar ohne allen Vorbedacht hätte vortragen sollen; ich aber machte den Schluß meiner Red, und sagte: ..Darum denn nun, mein liebster Herr, will ich nicht mit dir tauschen; zwar ich bedarfs auch im geringsten nit, denn die Quellen geben mir einen gesunden Trank anstatt deiner köstlichen Wein', und derjenige, der mich zum Kalb werden zu lassen beliebet, wird mir auch die Gewächs des Erdbodens dergestalt zu segnen wissen, daß sie mir wie dem Nabuchodonosore zur Speis und Aufenthalt meines Lebens auch nicht unbequem sein werden; so hat mich die Natur auch mit einem guten Pelz versehen, da dir hingegen oft vor dem Besten ekelt, der Wein deinen Kopf zerreißt, und dich bald in diese oder jene Krankheit wirft.«
    Mein Herr antwortet': »Ich weiß nicht was ich an dir habe? du bedünkest mich für ein Kalb viel zu verständig zu sein, ich vermeine schier, du seiest unter deiner Kalbshaut mit einer Schalkshaut überzogen?« Ich stellte mich zornig, und sagte: »Vermeinet ihr Menschen denn wohl, wir Tiere seien gar Narren? Das dürft ihr euch wohl nicht einbilden! Ich halte dafür, wenn ältere Tier als ich so wohl als ich reden könnten, sie würden euch wohl anders aufschneiden: Wenn ihr vermeint, wir seien so gar dumm, so sagt nur doch, wer die wilden Bloch-Tauben, Häher, Amseln und Rebhühner gelehret hat, wie sie sich mit Lorbeerblättern purgieren sollen? und die Tauben, Turteltäublein und Hühner mit S. Peters Kraut? Wer lehret Hund und Katzen, daß sie das betaute Gras fressen sollen, wenn sie ihren vollen Bauch reinigen wollen? Wer die Schildkröt, wie sie die Biß mit Schirling heilen? und den Hirsch, wenn er geschossen, wie er seine Zuflucht zu dem Dictamno oder wilden Polei nehmen solle? Wer hat das Wieselin unterrichtet, daß es Rauten gebrauchen solle, wenn es mit der Fledermaus oder irgendeiner Schlang kämpfen will? Wer gibt den wilden Schweinen den Efeu, und den Bären den Alraun zu erkennen, und sagt ihnen, daß es gut sei zu ihrer Arznei? Wer hat dem Adler geraten, daß er den Adlerstein suchen und gebrauchen soll, wenn er seine Eier schwerlich legen kann? Und welcher gibt es der Schwalbe zu verstehen, daß sie ihrer jungen blöde Augen mit dem Chelidonio arzneien solle? Wer hat die Schlang instruiert, daß sie soll Fenchel essen, wenn sie ihre Haut abstreifen und ihren dunkeln Augen helfen will? Wer lehret den Storch, sich zu klistieren? den Pelikan, sich Ader zu lassen? und den Bären, wie er sich von den Bienen solle schröpfen lassen? Was, ich dürfte schier sagen, daß ihr Menschen eure Künste und Wissenschaften von uns Tieren erlernet habt! Ihr freßt und sauft euch krank und tot, das tun wir Tier aber nicht! Ein Löw oder Wolf, wenn er zu fett werden will, so fastet er, bis er wieder mager, frisch und gesund wird. Welches Teil handelt nun am

Weitere Kostenlose Bücher