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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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war an Kevins neuntem Geburtstag aufgenommen worden. Francis trug den Jungen auf seinen Schultern. Sie hatten ein Spiel der Redskins besucht und trugen entsprechende Trikots. Francis war so groß, dass die meisten Leute im Stadion geglaubt hatten, er wäre einer vom Team. Ein großer schwarzer Mann konnte zu nichts anderem taugen, als für unglaubliche Geldsummen Ball zu spielen. Aber er konnte sich erinnern, dass Kevin sehr beeindruckt gewesen war. Wahrscheinlich war es doch besser, einen Footballspieler als einen Drogendealer zum großen Bruder zu haben.
    Und was dachte sein Sohn wirklich über ihn, den Mann, von dem er glaubte, er sei sein großer Bruder? Was hatte er gedacht, als er in eine Schießerei geraten war, als man versucht hatte, Francis zu erledigen? Er erinnerte sich, wie er Kevin mit einer Hand festgehalten hatte, um ihn vor weiterem Schaden zu bewahren, während er mit der Waffe in der anderen Hand auf die Mistkerle feuerten, die eine Geburtstagsparty in einen Kriegsschauplatz verwandelt hatten. Er hatte ihn nicht einmal ins Krankenhaus bringen können, das musste er Jerome überlassen. Und Kevin hatte geschrien, dass er zu seinem Bruder wollte, aber Francis hatte ihm diesen Wunsch nicht erfüllen können, weil es nach der Schießerei in ganz Washington vor Bullen wimmelte. Sie warteten nur darauf, dass irgendwo Leute mit Kugeln im Leib aufkreuzten, um unverzüglich die Handschellen klicken zu lassen. Die Polizei hatte schon lange nach einem Grund gesucht, ihn dingfest machen zu können. Und Francis wäre mit einem längeren Aufenthalt in einer staatlichen Einrichtung belohnt worden, weil er ein verletztes Kind abgeliefert hatte, damit die Ärzte ihm das Leben retten konnten.
    Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten, und versuchte, sich mit aller Kraft zusammenzureißen. Er hatte stets den Plan verfolgt, genügend Geld für zwei Leben zu verdienen seins und Kevins. Wenn sich Francis aus dem Geschäft zurückzog und sich irgendwo auf seiner kleinen Insel zur Ruhe setzte, sollte Kevin mitkommen. Er sollte nichts mehr mit Drogen und Waffen und dem Tod, der an jeder Ecke lauerte, zu tun haben. Vielleicht fasste er sogar genügend Mut, Kevin die Wahrheit zu sagen - dass er sein Vater war.
    Er wusste selbst nicht genau, warum er die Lüge, er sei sein großer Bruder, in die Welt gesetzt hatte. Hatte er Angst davor, die Rolle eines Vaters zu übernehmen? Oder waren Lügen einfach ein essenzieller Bestandteil des Lebens von Francis Westbrook?
    Sein Handy klingelte, wie es im Brief angekündigt wurde. Offenbar wurde er genau beobachtet. Langsam hob er das Gerät ans Ohr.
    »Kevin?«
    Toona drehte sich nach hinten um, als er den Namen hörte. Macy saß völlig leidenschaftslos da.
    »Geht's dir gut, Kleiner? Behandelt man dich gut?«, sagte Francis. Er nickte, als er die Antwort hörte. Sie unterhielten sich etwa eine Minute lang, dann wurde die Verbindung unterbrochen. Francis legte das Handy zurück.
    »Mace?«, sagte er.
    Sofort drehte sich Macy zu ihm herum.
    »Mace, wir müssen uns mit diesem Web London treffen. Es haben sich ein paar neue Aspekte ergeben.«
    »Hast du vor, ihn umzubringen, oder willst du mit ihm reden? Soll er zu uns kommen, oder gehen wir zu ihm? Falls du Informationen austauschen willst, wäre es besser, wenn er herkommt. Falls er erledigt werden soll, gehe ich zu ihm und knalle ihn ab.«
    Macy ging immer so logisch vor. Er konnte Gedanken lesen, machte sich seine eigenen, überschlug die Möglichkeiten und entlastete seinen Chef, indem er die Analysen und Schlussfolgerungen übernahm. Francis wusste, dass Toona niemals dazu in der Lage wäre, und selbst Peebles war auf diesem Gebiet nur eingeschränkt brauchbar. Verdammte Ironie, dass ausgerechnet dieser weiße Junge mit dem niederträchtigen Naturell zu seiner rechten Hand geworden war, dass sich ausgerechnet zwischen Schwarz und Weiß eine gewisse Seelenverwandtschaft herauskristallisierte.
    »Nur Informationen, zumindest vorläufig. Also kommt er zu uns. Was schätzt du, wie lange er braucht?«
    »Man hat ihn beobachtet, wie er in der Gegend herumkurvt und wahrscheinlich nach Hinweisen sucht. Ich würde sagen, es dürfte nicht allzu lange dauern. Wir müssen ihm nur eine verlockende Mohrrübe vor die Nase hängen.«
    »Dann tun wir es. Ach ja, Mace, die andere Sache hast du gut gemacht.« Francis warf einen Blick zu Toona. »Ich mache nur meine Arbeit«, erwiderte Macy.
    Kevin blickte zu dem Mann auf, als er das Handy

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