Der Abgrund
sich hoffnungslos verirrt hatte.
Er lief um eine letzte Ecke und blieb stehen. Er vermutete, dass die Hälfte der Gruppe wahrscheinlich in die andere Richtung gelaufen war, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden, denn nach allem, was er wusste, war er im Kreis gelaufen. Er glaubte, sie noch immer kommen zu hören, konnte aber nicht sagen, von woher. Er bog in eine andere Gasse und blieb stehen. Lauschte. Alles still. Eine Stille, die ihm nicht gefiel. Stille bedeutete Heimlichkeit. Er sah nach links, nach rechts und dann nach oben.
Oben. Oben klang gut.
Er kletterte eine Feuerleiter in der Nähe hinauf und erstarrte dann. Die Schritte kamen ganz aus der Nähe. Kurz darauf sah er, warum. Zwei von ihnen kamen um die Ecke. Sie waren groß, schlank, mit rasierten Köpfen und bekleidet mit Leder und bauschigen, tief sitzenden Jeans und dicken Springerstiefeln mit breiten Absätzen, die es geradezu juckte, sich in Webs Gesicht zu drücken.
Sie blieben stehen und sahen sich um. Sie standen direkt unter ihm. Genau wie Web sahen sie zuerst nach links und dann nach rechts. Er schätzte, dass es nur eine Sache von Sekunden war, bis sie - genau wie er - nach oben sehen würden. Also schwang er sich hinab, und jeder Fuß kollidierte mit einem Kopf. Beide Männer prallten gegen die Ziegelwand. Web setzte etwas unbeholfen auf, er schien sich den rechten Knöchel verrenkt zu haben. Da die beiden bärenstarken Typen stöhnten und versuchten, wieder auf die Beine zu kommen, schickte er sie mit zwei Hieben mit dem Pistolenknauf gegen den Nacken in einen langen Winterschlaf. Er schnappte sich ihre Waffen, warf sie in eine Mülltonne in der Nähe und spurtete los.
Er konnte noch immer Schritte und gelegentlich auch Schüsse hören, wusste aber nicht, ob es seine Verfolger waren oder ein ganz gewöhnlicher Disput zwischen Bandenmitgliedern, wie er hier jede Nacht vorkam. Er lief um eine weitere Ecke und bekam einen harten Tiefschlag ab. Der Aufprall riss ihn von den Füßen, und als er der Länge nach auf den Asphalt fiel, verlor er seine Waffe. Er rollte sich ab und kam mit geballten Fäusten wieder hoch.
Bandanna Boy stand vor ihm, in der Hand ein Messer, das fast so groß war wie er selbst. Er hatte dasselbe überhebliche Grinsen aufgesetzt, das er auch in der Nacht gezeigt hatte, in der das Charlie-Team verschwunden war.
Web fiel auf, dass er die Waffe mit einigem Geschick hielt. Der Junge hatte wahrscheinlich schon einige Messerkämpfe überlebt. Er war kleiner als Web, aber muskulöser und vermutlich auch schneller. Das würde eine klassische Auseinandersetzung zwischen Jugend und Erfahrung werden. »Na, komm schon und friss etwas Erfahrung, junger Mann«, stieß Web hervor, als er sich darauf vorbereitete, sich zu verteidigen.
Der Junge stürzte sich auf Web und schwang die Messerklinge so schnell, dass Web ihr mit Blicken kaum folgen konnte. Doch das musste er auch nicht, denn Web setzte zu einem Scherentritt an, der Bandanna die Beine unter dem Leib wegriss und ihn schwer zu Boden schickte. Der Junge war zwar schnell wieder auf den Beinen, aber nur, um sich einen Hieb von Webs großer Faust gegen den Kopf abzuholen.
Während Bandanna noch benommen dastand, war Web schon bei ihm. Er schaute auf den Arm mit dem Messer hinab und brach sowohl Bandannas Griff um das Messer als auch den Unterarm. Als der Junge die Sicherheit der Klinge verloren hatte und ihm ein scharfrandiger Knochen aus dem Arm ins Gesicht sah, floh er. Seine Schmerzensschreie fegten mit ihm durch die Gasse, seine Dirzeigich's-Haltung lag neben dem Messer auf der blutbefleckten Straße.
Web schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen, und wollte sich umdrehen, um seine Waffe aufzuheben. Er sollte es nicht schaffen.
Er konnte nur stumm zusehen, wie die Männer von allen Seiten näher kamen und ihm den Weg zu seiner Waffe versperrten. Sie waren mit abgesägten Schrotgewehren und Pistolen bewaffnet. Web spürte, dass sie alle sich gewaltig freuten, ihn zu sehen, vor allem, da sie zehn zu eins in der Überzahl waren. Web kam zum Schluss, dass er nichts zu verlieren hatte, wenn er eine aggressive Haltung einnahm. Er hielt ihnen seine FBI-Dienstmarke hin. »Ich könnte jeden von euch wegen unerlaubten Waffenbesitzes festnehmen. Aber wisst ihr was? Ich hab heute meinen großzügigen Tag und keine Lust auf den ganzen Papierkram. Also zieht einfach Leine und kümmert euch um eure Angelegenheiten, und wir vergessen die ganze Sache. Für den Augenblick. Aber
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