Der Abgrund
es ist schon ziemlich aufregend, die ganze Zeit über nur einen Schritt vom Armenhaus entfernt zu stehen.«
»Na ja, wir kommen schon zurecht«, sagte Strait und sah sie an.
Web fiel die Wahl der Pronomen auf. Er fragte sich allmählich, wem das Anwesen denn nun gehörte.
Billy trank einen Schluck Scotch. »Ja, ist wirklich nicht so schlecht hier.« Er lächelte, trank noch einen Schluck und sah Web an. »Hat Ihnen die Fünfzig-Cent-Tour gefallen, die Gwen Ihnen geboten hat?«
»Sie würde eine großartige Reiseführerin abgeben. Mich hat besonders interessiert, dass die Farm während des Bürgerkriegs entlaufenen Sklaven als Versteck diente.«
Billy zeigte auf den Waffenschrank. »Genau da.«
Web betrachtete den Schrank. »Ich verstehe nicht ganz.«
»Na los, Billy, zeigen Sie es ihm«, sagte Strait.
Billy bedeutete Web und Romano, ihm zu folgen. Er ging zu dem Schrank und drückte auf etwas, wobei es sich um einen im Holz versteckten Hebel zu handeln schien. Web vernahm ein Klicken, der Schrank schwang ihm entgegen und enthüllte eine kleine Öffnung.
»Es gibt da drinnen keinen Strom oder Fenster, nur ein paar harte Kojen. Wenn man aber um seine Freiheit rennt, kann man nicht allzu wählerisch sein.« Billy ergriff eine Taschenlampe, die an einem Wandhaken hing und reichte sie Web. »Sehen Sie es sich an.«
Web nahm die Taschenlampe, steckte den Kopf durch das Loch und ließ den Lichtstrahl wandern. Fast wäre ihm die Lampe aus der Hand gefallen, als er einen Mann erblickte, der in einem alten Schaukelstuhl saß. Als seine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah er, dass es sich um eine Schaufensterpuppe handelte, die als schwarzer Sklave hergerichtet war. Sie trug einen Hut und einen Schnurrbart, und das Weiße in den Augen bildete einen starken Kontrast zu der schwarz bemalten Haut.
Billy lachte. »Sie haben verdammt starke Nerven. Die meisten
Leute schreien.«
»Billy hat das hier reingestellt, nicht ich, Web«, sagte Gwen schnell, mit einer Spur von Verachtung in der Stimme.
»Einer meiner kleinen üblen Scherze«, fügte Billy hinzu. »Aber, zum Teufel, wenn man nicht über das Leben lachen kann, worüber denn sonst?«
Sie tranken die Drinks aus und gingen zum Abendessen über.
Es fand nicht im offiziellen Esszimmer statt. Wie Billy erklärte, war der Raum so groß, dass man sich dort nur schreiend unterhalten konnte, und er sei sowieso schon ein wenig schwerhörig. Sie aßen in einem kleinen Raum neben der Küche. Gwen sprach das Gebet und bekreuzigte sich, Romano tat es ihr nach. Strait, Web und Billy sahen nur zu.
Gwen hatte Caesar's Salad, Lendensteaks, frischen Spargel in Sahnesoße und selbst gemachte Brötchen vorbereitet. Kirschkuchen und Kaffee beendeten die Mahlzeit, und Romano lehnte sich zurück und rieb seinen flachen, harten Bauch.
»Viel besser als die Notrationen«, sagte er in Anspielung auf die Fertigmahlzeiten des Militärs.
»Danke, Gwen, es war großartig«, sagte Web.
»In Richmond haben wir häufig viele Gäste gehabt«, sagte sie. »Das ist jetzt nicht mehr der Fall.« Sie warf ihrem Ehemann einen flüchtigen Blick zu.
»Es gibt vieles, was wir jetzt nicht mehr tun«, sagte Billy Canfield. »Aber das war ein hervorragendes Essen. Einen Toast auf die Köchin.« Er ging zum Sideboard und kehrte mit einer Karaffe Brandy und vier Kristallgläsern zurück.
»Ich bin ziemlich auf meinen Jim Beam fixiert, wie jeder Gentleman aus dem Süden, aber ein guter Toast verlangt nach einem entsprechenden Getränk.« Er schenkte den Brandy aus und füllte sein Glas mit Whisky, und sie prosteten Gwen zu.
Sie lächelte und hob ebenfalls das Glas. »Es ist schön, bei so vielen Männern so beliebt zu sein.«
Als sie sich verabschiedeten, nahm Web Billy beiseite.
»Ich will nur noch einmal kurz die Regeln klarstellen. Schalten Sie die Alarmanlage ein, sobald wir weg sind. Schalten Sie sie jeden Abend ein, bevor Sie zu Bett gehen. Es gibt hier so viele Ein- und Ausgänge. Ich möchte, dass Sie und Gwen immer denselben benutzen. So kann keine Tür versehentlich unverschlossen bleiben. Wenn Sie das Haus verlassen wollen, und sei es auch nur auf einen kurzen Spaziergang, rufen Sie uns vorher an, und wir begleiten Sie. Wenn Sie oder Gwen irgendetwas beunruhigen sollte, rufen Sie uns an. Nichts ist zu unwichtig, okay? Das ist die Nummer meines Handys. Ich werde es rund um die Uhr anlassen. Und ich möchte, dass Sie ernsthaft in Erwägung ziehen, Romano und mich im
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