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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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River. Seit Web zur Abteilung gekommen war, hatte man das Heartbreak Hotel mit Führungsseilen und Netzen ausgestattet und ein wenig zahmer gemacht. Jetzt war es zweifellos sicherer, aber seiner Meinung nach machte es nicht mehr so viel Spaß. Trotzdem sollten sich Leute mit Höhenangst erst gar nicht bewerben. Der Sprung aus einem Hubschrauber in einen dichten Wald trennte den Weizen von der Spreu - die Männer von den Kindern. Wenn man sein Ziel verfehlte, konnte es geschehen, dass eine uralte  Eiche intensive Bekanntschaft mit menschlichen Innereien machte.
    Und im Verlauf der langen Ausbildung machte jeder Rekrut früher oder später Bekanntschaft mit dem Treibhaus, einem dreistöckigen Betonturm mit stählernen, zugeschweißten Fensterläden. Da die Fußböden innerhalb des Gebäudes nur aus Maschendraht bestanden, war es innerhalb von Sekunden völlig verraucht, wenn man im Erdgeschoss ein Feuer entzündete. Der arme Rekrut wurde im dritten Stock abgesetzt und konnte sich nur auf den Tastsinn und seine Instinkte verlassen, um wieder nach unten und ins rettende Freie zu finden. Wer diese Aufgabe überlebte, wurde mit einem Eimer Wasser ins Gesicht belohnt. Und wenn der Rauch aus seinen Augen gespült war, durfte er es wenige Minuten später ein zweites Mal versuchen, und zwar mit einer hundertfünfzig Pfund schweren Puppe auf dem Rücken.
    Und zwischen all dem wurden Zehntausende von Schüssen abgefeuert, Lehrstunden abgehalten, mit denen Einstein seine Schwierigkeiten gehabt hätte, Trainingseinheiten an Fitnessgeräten durchgeführt, an denen manche Olympioniken vor Erschöpfung zusammengebrochen wären. Dazu kamen Nerven aufreibende Übungen, bei denen innerhalb von Sekundenbruchteilen Entscheidungen getroffen werden mussten, nach denen man für immer auf Alkohol und Frauen verzichten, in einem rundum gepolsterten Raum herumkriechen und ausschließlich Selbstgespräche führen wollte. Und auf Schritt und Tritt wurde man von wirklichen Mitarbeitern der Geiselrettung begleitet, die jeden Fehler und jeden Erfolg notierten. Ständig hoffte man, mehr Plus- als Minuspunkte gesammelt zu haben, aber man wusste es nie genau, weil die Ausbilder es einem niemals verrieten. Für diese Leute war man nur der letzte Dreck. Und man wusste, dass sie einen erst dann akzeptieren würden, wenn man die Prüfungen bestanden hatte. Sie würden vermutlich nicht einmal zur Beerdigung kommen, wenn man das Pech hatte, während einer Übung ins Gras zu  beißen.
    Irgendwie hatte Web all das überlebt, und nach dem Abschluss der »New Operators Training School«, kurz NOTS, war er als Scharfschütze »eingezogen« worden, worauf er die nächsten zwei Monate an der Scharfschützenschule des Marine Corps verbrachte. Dort hatte er von den besten Lehrern alles über Erkundung und Tarnung, das Verhalten im Kampf und das Töten mit Gewehr und Zielfernrohr gelernt. Danach war Web sieben Jahre lang zuerst Scharfschütze und später Geiselretter gewesen, der sich entweder zu Tode gelangweilt hatte, häufig unter miserablen Bedingungen, oder sich auf der ganzen Welt Schießereien mit den verrücktesten Exemplaren seiner Artgenossen geliefert hatte. Zur Belohnung bekam er jede Art von Waffe oder Munition, die er haben wollte, und ein Gehalt, das ungefähr dem entsprach, was ein Sechzehnjähriger verdienen konnte, wenn er in der Mittagspause Computer programmierte. Insgesamt war es ein ziemlicher cooler Job.
    Web lief weiter, bis er den Hangar erreichte, in dem die großen Bell-412-Hubschrauber und die viel kleineren des Typs MD530 untergebracht waren. Letztere wurden im Team als »Kleine Vögel« bezeichnet, weil sie schnell und wendig waren und bei einer Geschwindigkeit von 120 Knoten vier Männer im Innern und weitere vier auf den Kufen transportieren konnten. Web war mit den Kleinen Vögeln in einige extrem schwierige Einsätze geflogen, und die 530er hatten ihn jedes Mal heil nach Hause gebracht. Manchmal hing er dabei kopfüber an einem Seil, das in den Ausleger des Hubschraubers eingeklinkt war. Allerdings war Web nie besonders wählerisch gewesen, auf welche Weise er eine Mission überlebte.
    Der Fahrzeugpark lag hinter einem Maschendrahtzaun. Da ein frischer Wind aufgekommen war, blieb Web stehen und zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. Der Himmel bewölkte sich, als sich eine Gewitterfront näherte, was zu dieser Tageszeit in dieser Jahreszeit regelmäßig geschah. Er ging durch die  Absperrung und setzte sich auf den einzigen

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