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Der Abgrund

Titel: Der Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Mannes sanft und beruhigend war. Nach einer Stunde war die Sitzung zu Ende, und Web hatte nicht das Gefühl, dass sie irgendetwas erreicht hatten. Er wusste mehr über O'Bannon als dieser über Web. Sie hatten keinen der Punkte angesprochen, mit denen  Web Probleme hatte.
    »Alles braucht seine Zeit«, hatte O'Bannon gesagt, als er seinen Besucher nach draußen führte. »Keine Sorge, es kommt schon noch. Wir sollten nichts überstürzen. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.«
    Web wollte ihn fragen, wie lange es in diesem Fall dauern würde, Rom zu erbauen, aber er verzichtete darauf und verabschiedete sich. Unmittelbar danach war Web überzeugt gewesen, dass er nie wieder in die kahle Praxis des untersetzten Mannes zurückkehren würde. Aber dann hatte er es doch getan. Und O'Bannon war im Verlauf mehrerer Sitzungen die Probleme mit ihm durchgegangen und hatte Web dazu gebracht, sich damit auseinander zu setzen. Web jedoch hatte nie den kleinen Jungen vergessen, der kaltblütig abgeknallt worden war, während Web ganz in seiner Nähe gewesen war und ihn doch nicht hatte retten können. Allerdings wäre es kein gutes Zeichen gewesen, wenn man so etwas irgendwann vergessen konnte.
    O'Bannon hatte Web erzählt, dass er und seine Kollegen in der psychiatrischen Praxis sich seit Jahren um die Mitarbeiter des FBI kümmerten und Agenten geholfen hatten, zahlreiche Krisen zu bewältigen. Das hatte Web überrascht, weil er davon ausgegangen war, dass er einer von sehr wenigen war, die professionelle Hilfe in Anspruch nahmen. O'Bannon hatte ihn nur angesehen und gesagt: »Nur weil die Leute nicht darüber reden, heißt das nicht, dass sie keine Probleme haben oder nicht das Bedürfnis verspüren, sich zu bessern. Agenten, die den Kopf in den Sand stecken, sind tickende Zeitbomben, die nur auf den Moment der Explosion warten.«
    Jetzt fragte sich Web, ob er eine solche Zeitbombe war. Er ging zu den Aufzügen hinüber, wobei ihm jeder Schritt schwerer fiel als der vorherige.
    Da er in Gedanken ganz woanders war, wäre er beinahe mit einer Frau zusammengestoßen, die aus der anderen Richtung kam. Er entschuldigte sich und drückte auf den Knopf, um den Aufzug zu holen. Sie stiegen gemeinsam in die Kabine. Web wählte sein Stockwerk und trat zurück. Als sie nach oben fuhren, warf Web der Frau einen Blick zu. Sie war von durchschnittlicher Größe, schlank und sehr attraktiv. Er schätzte sie auf Ende dreißig. Sie trug einen grauen Hosenanzug, unter dem der Kragen einer weißen Bluse hervorsah. Ihr Haar war schwarz, gewellt und kurz geschnitten, und sie hatte kleine Ohrklipps. Ihre langen Finger schlossen sich fest um den Griff ihres Aktenkoffers, wie Web bemerkte. Schließlich war es sein Beruf, auch scheinbar unwichtige Details zu beachten, weil diese kleinen Dinge sehr häufig seine Zukunft bestimmten.
    Der Aufzug hielt in Webs Stockwerk, und er stellte mit leichter Überraschung fest, dass die Frau ebenfalls hier ausstieg. Doch dann erinnerte er sich, dass sie auch keinen Knopf für ein anderes Stockwerk gedrückt hatte. So viel zu seiner Aufmerksamkeit für winzige Details. Er folgte ihr auf dem Weg zum Büro, in das er bestellt war. Sie blickte sich zu ihm um.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Ihre Stimme war tief und präzise und wirkte irgendwie aufgeschlossen und beruhigend auf ihn. Web bemerkte das ungewöhnlich dunkle Blau ihrer Augen, die groß, traurig und durchdringend waren. Der Blick dieser Augen konnte einen bannen.
    »Ich will nur zu Dr. O'Bannon.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    Offenbar verfügte sie über eine gesunde Portion Misstrauen, dachte Web. Ihm war klar, dass es das gute Recht einer Frau war, misstrauisch zu reagieren, wenn sie mit einem fremden Mann zu tun hatte. Er hatte die hässlichen Resultate vieler solcher Begegnungen gesehen, und diese Bilder konnte man niemals vergessen.
    »Ja, für neun Uhr, Mittwochvormittag. Ich bin etwas zu früh dran.«
    Sie bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. »So könnte man es ausdrücken. Heute ist Dienstag.«
    »Scheiße«, murmelte Web und schüttelte erschöpft den Kopf. »Anscheinend brauche ich wirklich dringend einen Termin... Entschuldigung, falls ich Sie belästigt habe.« Er drehte sich um und war fest davon überzeugt, dass er nie wieder an diesen Ort zurückkehren würde.
    »Verzeihen Sie, aber Sie kommen mir irgendwie bekannt vor«, sagte die Frau. Web drehte sich langsam zu ihr um. »Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber ich weiß,

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