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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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bis wir das Wiesengebiet dahinter erreichen«, erklärte die Zauberfrau. »Was die Hoch-Thrithinge betrifft, so halte ich die Nornen noch nicht für so übermütig, dass sie sich bei Tageslicht über offenes Land wagen. Sie sind tödlich, aber noch sehr viel geringer an Zahl als die Menschen. Der Sturmkönig hat Jahrhunderte gewartet; ich denke, er ist geduldig genug, die Fülle seiner Macht noch einige Zeit länger vor den Sterblichen zu verbergen. Nein, weit eher sind es Elias’ Heere und die Männer der Thrithinge, um die wir uns Sorgen machen müssen.« Und zu Josua: »Vielleicht wisst Ihr das besser als ich. Dienen die Bewohner der Thrithinge jetzt Elias?«
    Der Prinz schüttelte den Kopf. »Sie sind unberechenbar. Es gibt viele Stämme, und selbst die Treue zu ihren eigenen Thanen wankt beizeiten. Außerdem ist es möglich, dass wir, wenn wir uns nicht allzu weit vom Waldrand entfernen, überhaupt keine Seele zu Gesicht bekommen. Die Thrithinge sind riesengroß.«
    Als er geendet hatte, stand Vara auf und ging mit steifen Schritten davon, bis sie in einem Birkengehölz am Rand der Lichtung verschwunden war. Josua sah ihr nach und erhob sich einen Moment später ebenfalls. Er überließ es Geloë, die Fragen derjenigen zu beantworten, die nicht mitgehört hatten, was sie zuvor über Sesuad’ra berichtet hatte.Vara lehnte an einem Birkenstamm, von dem sie zornig papierdünne Rindenstreifen abriss. Eine lange Weile blieb Josua stehen und schaute sie an. Ihr Kleid war ein zerlumpter Fetzen, knapp über den Knien abgerissen. Auch ihr Untergewand war zerschlissen, weil man Streifen davon zum Verbinden gebraucht hatte. Wie alle war sie schmutzig, das dichte schwarze Haar verfilzt und voller Ästchen, Arme und Beine zeigten eine Fülle von Kratzwunden. Ein verdreckter, blutiger Lappen bedeckte die Pfeilwunde am Unterarm.
    »Warum bist du zornig?«, fragte er mit weicher Stimme.
    Vara wirbelte herum. »Warum ich zornig bin? Warum? Du bist ein Dummkopf!«
    »Seit man uns von Naglimund vertrieb, gingst du mir aus dem Weg«, sagte Josua und kam einen Schritt näher. »Wenn ich mich zu dir lege, machst du dich steif wie ein Priester, dessen Nüstern den Geruch der Sünde wittern. Handelt so eine liebende Frau?«
    Vara hob die Hand, als wollte sie ihn schlagen, aber er stand nicht nahe genug. »Liebe?«, stieß sie hervor, und ihr Tonfall verwandelte das Wort in etwas Schweres und Schmerzhaftes. »Wer bist du, mir von Liebe zu sprechen? Deinetwegen habe ich alles verloren, und nun fängst du von Liebe an?« Sie rieb sich mit der Hand das Gesicht. Ein dunkler Streifen blieb zurück.
    »Das Leben aller liegt in meiner Hand«, versetzte der Prinz bedächtig. »Und auf meiner Seele lastet ihr Tod. Männer, Frauen, Kinder – Hunderte von Toten in den Ruinen von Naglimund. Vielleicht war ich abweisend zu dir, seit die Burg fiel, aber es lag an meinen finsteren Gedanken, an den Gespenstern, die mich verfolgen.«
    »Seit die Burg fiel, sagst du«, zischte Vara. »Seit die Burg fiel, hast du mich behandelt wie eine Hure. Du sprichst nicht mehr mit mir. Mit allen anderen redest du, nur nicht mit mir. Aber nachts kommst du, berührst und hältst mich. Glaubst du, du hättest mich auf dem Markt gekauft wie ein Pferd? Ich bin mit dir gegangen, um fortzukommen von den Ländern der Ebene … um dich zu lieben. Du warst nie gut zu mir. Nun aber willst du mich dorthin zurückschleppen … mich zurückbringen und allen meine Schande zeigen!« Sie brach in Tränen der Wut aus und trat rasch hinter den Baum, damit der Prinz ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    Josua machte ein verwirrtes Gesicht. »Was meinst du? Wem will ich deine Schande zeigen?«
    »Meinem Volk, Dummkopf!«, schluchzte Vara, und ihre Stimme hallte dumpf in den Bäumen wider. »Meinem Volk!«
    »Dem Volk der Thrithinge …«, sagte Josua langsam. »Natürlich.«
    Vara fuhr hinter dem Baum hervor wie ein erboster Geist. Ihre Augen funkelten. »Ich komme nicht mit. Nimm du dein kleines Königreich und geh, wohin du willst, aber ich werde nicht mit Schimpf und Schande in meine Heimat zurückkehren, nicht … nicht so!« Wutschnaubend zeigte sie auf ihre zerlumpte Kleidung.
    Josua lächelte bitter. »Das ist doch töricht! Sieh mich an, Sohn Johans des Priesters, des Hochkönigs von Osten Ard! Ich sehe aus wie eine Vogelscheuche. Kommt es darauf an? Ich glaube nicht, dass uns jemand von deinem Volk begegnen wird, aber selbst wenn – was tut es? Bist du so starrsinnig, dass du

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