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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Überzeugung, hier in Sicherheit zu sein, bewog ihn der Gedanke an die kalten Ringe, darauf zu verzichten. Er wickelte sich in den Mantel und stelzte lautlos an dem schlafenden Haestan vorbei, durch das Türleder hinaus in die Kälte.
    Die Sterne über dem hohen Mintahoq leuchteten in erbarmungsloser Klarheit. Verblüfft starrte Simon zu ihnen hinauf und spürte ihre Ferne, die unfassbare Endlosigkeit des Nachthimmels. Der Mond, noch nicht ganz voll, schwebte niedrig über fernen Gipfeln. In sein scheues Licht gebadet glänzte der Schnee auf den Höhen. Alles andere lag in tiefem Schatten.
    Er hatte eben den Blick gesenkt und war einige Schritte nach rechts gegangen, vom Höhleneingang weg, als ein tiefes Grollen ihn jäh zum Stehen brachte. Vor ihm auf dem Pfad erhob sich im Umriss eine seltsame Gestalt, mondscheinschimmernd am Rand, tiefschwarz im Kern. Von neuem ertönte das tiefe Grollen. Augen funkelten grün im Mondlicht.
    Einen Augenblick stockte Simon der Atem, bis er sie erkannte.
    »Qantaqa?«, fragte er leise.
    Aus dem Grollen wurde ein sonderbares Winseln. Die Wölfin senkte den Kopf.
    »Qantaqa? Bist du das?« Er versuchte, sich ein paar von Binabiks Trollworten ins Gedächtnis zurückzurufen, aber ihm fiel nichts ein. »Bist du verletzt?« Stumm verfluchte er sich. Mit keinem einzigen Gedanken hatte er an die Wölfin gedacht, seit sie ihn vom Drachenberg hierhergeschafft hatten, obwohl sie doch seine Gefährtin gewesen war, in gewisser Weise sogar eine Freundin.
    Selbstsüchtig! , schalt er sich.
    Binabik lag gefangen, und wer wusste, was man Qantaqa alles angetan hatte? Man hatte ihr den Freund und Herrn fortgenommen, genauso, wie man Simon Doktor Morgenes geraubt hatte. Die Nacht schien auf einmal kälter und leerer, ein Schauplatz der rücksichtslosen Grausamkeit.
    »Qantaqa? Hast du Hunger?« Er trat einen Schritt näher, und die Wölfin wich zurück. Wieder knurrte sie, aber es klang eher aufgeregt als böse. Sie machte ein paar tänzelnde Schritte, das Schimmern des grauen Fells war fast unsichtbar, knurrte dann erneut und sprang davon. Simon folgte ihr.
    Während er vorsichtig über die nassen, steinigen Pfade voranschritt, kam ihm der Gedanke, dass er eine Dummheit machte. Das Gewirr der Steige des hohen Mintahoq war kein Ort für einen Mitternachtsspaziergang, schon gar nicht ohne eine Fackel. Selbst die hier geborenen Trolle waren vernünftiger: Die Höhleneingänge zeigten sich lichtlos und still, die Pfade leer. Simon war es, als sei er aus einem Traum erwacht, nur um in einen neuen Traum überzugehen, auf dieser schattenhaften Pilgerfahrt unter dem fernen und gleichgültigen Mond. Qantaqa schien ihr Ziel zu kennen. Wenn Simon zu weit hinter ihr blieb, trottete sie zurück und blieb gerade außer Reichweite stehen, bis er sie eingeholt hatte. Ihr heißer Atem blies Wolken die Luft. Hatte er sich ihr dann auf Armlänge genähert, lief sie weiter und führte ihn wie ein Geist aus dem Jenseits fort von den heimischen Feuern.
    Erst als sie einige Zeit gelaufen waren und die Biegung des Bergeshinter den Schlafhöhlen weit hinter ihnen lag, kam Qantaqa den ganzen Weg bis zu Simon zurückgesprungen. Dieses Mal blieb sie nicht kurz vor ihm stehen. Ihr großer Körper stieß ihn so überraschend an, dass er, obwohl sie ihn nur leicht berührt hatte, rücklings auf den Hosenboden fiel. Einen Augenblick stand sie über ihm, das Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben. Ihre kalte Nase kitzelte ihn. Simon griff nach oben, um sie hinter den Ohren zu kraulen, und fühlte noch durch den dicken Pelz, dass sie zitterte. Gleich darauf, als sei ihr Bedürfnis nach Trost nun gestillt, sprang sie auf und wartete leise winselnd, bis er sich erhoben hatte, sich das Steißbein rieb und ihr wieder folgte.
    Es sah aus, als hätte Qantaqa Simon um den halben Mintahoq herumgeführt. Jetzt stand sie am Rande einer großen Finsternis und japste vor Erregung. Simon ging vorsichtig weiter und tastete sich dabei mit der rechten Hand an der kahlen Steinwand des Berges entlang. Qantaqa trabte ungeduldig hin und her.
    Die Wölfin stand am Rand einer großen Grube, die sich neben dem Weg tief in den Boden senkte. Der Mond segelte niedrig am Himmel dahin wie eine überladene Karacke und versilberte das Gestein, das die Öffnung des Lochs umgab. Wieder bellte Qantaqa mit kaum gezügelter Begeisterung.
    Simons war fassungslos, als von unten der dünne Widerhall einer Stimme ertönte.
    »Hau ab, Wolf! Nicht einmal Schlaf gönnt man

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