Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
Umkreis ihrer Behausung, die aus einer Feuerstelle im Freien und einer kleinen, windschiefen Hütte bestand, gab es nichts, das auf einen Ehemann hindeutete. Was sie hatte, waren mehrere Kinder, deren Geschlecht durch den ihnen anhaftenden Schmutz und die abendliche Dunkelheit auf das Beste verborgen wurde. Sie starrten den Prinzen und seine Freunde mit der gleichen großäugigen Aufmerksamkeit an, die sie vermutlich einer Schlange beim Verschlingen eines Froschs entgegengebracht hätten.
Nachdem sie ein Quinis-Stück kassiert hatte, das sofort in ihrem Kleid verschwand, goss Ielda jedem der drei eine Schüssel dünne Suppe ein und förderte aus einem Winkel einen Krug Bier zutage, den ihr Mann angeblich aus Falshire, ihrer alten Heimat, mitgebracht hatte. Der Anblick des Kruges erhärtete Deornoths Verdacht, dass ihr Mann tot sein musste, denn welcher Mann würde es in diesem gottverlassenen Loch aushalten, ohne zumindest sein Bier auszutrinken!
Josua dankte ihr beinahe feierlich. Die drei Männer ließen den Krug mehrfach kreisen, bevor ihnen der Gedanke kam, auch Ielda davon anzubieten. Sie nahm mit gnädigem Nicken an und tat eine Reihe kräftiger Züge. Ihre Kinder äußerten sich dazu in einer merkwürdigenForm der Verständigung, die hauptsächlich aus Grunzen, wenigen erkennbaren Worten und wiederholten Püffen gegen Köpfe und Schultern bestand.
Schon bald begannen die Annehmlichkeiten von Gesellschaft und Unterhaltung ihre Wirkung auf Ielda auszuüben. Zunächst zurückhaltend, berichtete sie schon bald durchaus verständig von allem, was es über Gadrinsett und ihre Mitsiedler zu wissen gab. Sie war zwar ungebildet, verfügte aber über eine gehörige Portion Mutterwitz. Auch wenn die Reisenden eigentlich vor allem daran interessiert waren, Näheres über den Weg zu ihrem Reiseziel in Erfahrung zu bringen – denn Geloës Angaben waren doch etwas ungenau –, amüsierten sie sich doch bald köstlich über Ieldas Nachahmungen ihrer unterschiedlichen Nachbarn.
Wie viele andere Einwohner von Gadrinsett waren Ielda und ihre Familie aus Falshire geflohen, als Fengbald und seine Erkyngarde das Wollviertel der Stadt niedergebrannt hatten – die Strafe für den Widerstand, mit dem die Gilde der Wollhändler einem von Elias’ weniger beliebten Erlassen entgegengetreten war. Ielda erläuterte auch, dass Gadrinsett noch erheblich größer war, als Josua und seine Gefährten zunächst vermutet hatten. Es erstreckte sich noch ein ganzes Stück weiter ins Tal hinein, aber die Hügel waren so hoch, dass man die Lagerfeuer am anderen Ende von hier aus nicht mehr sehen konnte.
Der Grund dafür, dass so viele Menschen sich dort niederließen, sagte Ielda, lag darin, dass das Land jenseits der Stelle, an der Stefflod und Ymstrecca zusammenflossen, übel beleumdet und gefährlich war.
»Voll von Feenringen, das ist es«, berichtete sie mit ernster Stimme, »mit Hügeln, auf denen nachts Geister tanzen. Darum lassen uns auch die Leute aus den Thrithingen in Ruhe – die wollen sowieso nicht hier wohnen.« Sie sprach auf einmal viel leiser und sehr eindringlich. »Da ist ein großer Hügel, auf dem sich die Hexen treffen, voll von schrecklichen Zaubersteinen – noch schlimmer als der Thisterborg bei Erchester, falls ihr schon einmal von diesem verrufenen Ort gehört habt. Nicht weit davon liegt eine Stadt, in der früher Teufel gehaust haben, eine gottlose, unnatürliche Stadt. Das ganze Landjenseits des Flusses wimmelt von gräulichem Zauberwerk. Es gibt hier Frauen, denen sie Kinder gestohlen haben. Einer ließ man sogar einen Wechselbalg da. Richtig spitze Ohren hat der!«
»Das klingt ja wirklich furchterregend«, antwortete Josua ernst. Als die Frau in ihren Schoß blickte, wo sie nebenbei in einer Schüssel Wasser und Mehl mischte, fing der Prinz Deornoths Blick auf und zwinkerte ihm zu. »Und wo liegt diese Stätte des Schreckens?«
Ielda deutete hinaus in die Dunkelheit. »Immer in dieser Richtung, den Stefflod hinauf. Ihr würdet klug handeln, wenn ihr einen Bogen darum machtet.« Stirnrunzelnd hielt sie inne. »Wohin wollt ihr denn eigentlich?«
Deornoth fiel ein, bevor Josua erwidern konnte. »Wir sind fahrende Ritter, die ihre Schwerter in den Dienst einer großen Aufgabe stellen wollen. Wir haben gehört, dass Prinz Josua, der jüngere Sohn von König Johan dem Priester, sich hier nach Osten gewandt hat, um von dort aus den Sturz seines bösen Bruders König Elias ins Werk zu setzen.« Deornoth
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