Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2
Rücken schinden lassen. Jedenfalls verdient der Kerl nicht auch noch eine Belohnung, weil er sein unschuldiges Mündel im Stich gelassen hat. Er soll auch Eure Kabine nicht mehr teilen, Herrin Marya.« Der Graf lächelte steif und ermutigend. »Vielleicht ist er verrückt geworden oder einer trunkenen Wahnvorstellung erlegen. Er redet von Gefahr, aber soweit ich sehe, ist er es, der gefährlichist. Er wird auf der Eadne-Wolke eingesperrt bleiben, bis ich Euch nach Nabban zurückbringe. Dort werden wir ihn der Mutter Kirche zur Züchtigung überantworten.«
»Einsperren?«, fragte Miriamel. »Aber das ist nicht …«
»Ich kann ihn nicht frei herumlaufen lassen, damit er Euch belästigt oder beunruhigt, Herrin.« Der Graf wandte sich an seine Wachen. »Der Laderaum ist genau das Richtige für ihn. Gebt ihm Wasser und Brot, aber legt ihn in Eisen.«
»O nein!« Miriamel war aufrichtig entsetzt. So sehr sie den Mönch und seine verräterische Feigheit verachtete, der Gedanke an ein lebendes Wesen, das man zwang, eine Kette zu tragen, eingeschlossen im dunklen Schiffsbauch …
»Bitte, Herrin.« Aspitis’ Stimme war weich, aber fest. »Ich brauche Ordnung auf meinem Schiff. Ich habe Euch Zuflucht gewährt, Euch und diesem Mann. Er war Euer Vormund. Er hat Euer Vertrauen enttäuscht. Ich weiß bisher nicht mit Sicherheit, ob er mich nicht doch bestohlen hat oder vielleicht etwas, das er über meinen Auftrag in Vinitta erfahren hat, an andere verkaufen will. Nein, ich fürchte, hier geht es um Männersachen, die Ihr mir überlassen müsst, holde Marya.« Er winkte. Cadrach, zwischen seinen Begleitern dahinstolpernd, wurde abgeführt.
Miriamels Blick wurde tränenblind. Taumelnd erhob sie sich vom Stuhl. »Entschuldigt mich, Graf Aspitis«, murmelte sie und tastete sich am Tisch entlang zur Tür. »Ich möchte mich hinlegen.«
Er war bei ihr, bevor sie den Türgriff fand, hielt sie am Arm fest und drehte sie geschmeidig um. Sie konnte seine Wärme spüren. Miriamel wandte das Gesicht ab und dachte daran, wie schrecklich sie aussehen musste – rotgeränderte Augen und nasse Wangen. »Ich bitte Euch, Herr. Lasst den Mönch frei.«
»Ich weiß, wie sehr Ihr Euch verloren fühlen müsst, schöne Marya«, antwortete Aspitis sanft. »Habt keine Furcht. Ich habe Euch doch versprochen, dass ich Euch beschützen werde.«
Sie merkte, wie sie nachgab, gefügig wurde, wie die Schwäche sie überwältigte. Sie hatte das Davonlaufen und Versteckspielen so satt. Sie wollte doch nur, dass sie jemand in den Arm nahm und alles von ihr fernhielt …
Miriamel schauderte und riss sich los. »Nein. Es ist Unrecht. Unrecht! Wenn Ihr ihn nicht freilasst, werde ich nicht auf diesem Schiff bleiben!« Blindlings stolpernd drängte sie sich durch die Tür.
Aspitis hatte sie eingeholt, bevor sie noch die Leiter zum Deck erreichte. Über ihnen im Dunkel raunte leise die Seewächterin Gan Itai.
»Ihr seid erregt, Herrin«, sagte er. »Ihr müsst Euch hinlegen, wie Ihr selbst gesagt habt.«
Sie sträubte sich, aber sein Griff war fest. »Ich verlange, dass Ihr mich loslasst! Ich will nicht länger hierbleiben. Ich werde an Land gehen und mir selbst einen Schiffsplatz suchen.«
»Das werdet Ihr nicht, Herrin.«
»Lasst meinen Arm los«, keuchte sie. »Ihr tut mir weh.«
Irgendwo über ihnen schien Gan Itais Lied zu stocken. Aspitis lehnte sich über sie, das Gesicht dicht an ihrem. »Ich glaube, es gibt ein paar Dinge, die wir klären müssen.« Er lachte kurz auf. »In der Tat, es gibt viel zu besprechen – später. Ihr werdet jetzt in Eure Kabine gehen. Wenn ich mein Abendessen beendet habe, werde ich Euch aufsuchen.«
»Ich gehe nicht.«
»Ihr geht.«
Er sagte es mit so ruhiger Gewissheit, dass Miriamel die erboste Antwort im Hals steckenblieb. Sie hatte auf einmal Angst. Aspitis presste sie an sich, machte dann kehrt und zwang sie den Gang hinunter.
Das Lied der Seewächterin war verstummt. Jetzt begann es wieder, ein an- und abschwellendes Murmeln. Gan Itai sang für die Nacht und das stille Meer.
27
Der schwarze Schlitten
ie kommen näher«, knurrte Sludig. »Wenn dein Stein des Abschieds noch mehr als eine Meile von hier entfernt ist, Kleiner, müssen wir ihnen ins Gesicht sehen und kämpfen.«
Binabik schüttelte sich das Wasser aus der Kapuze und schmiegte sich eng an Qantaqas Hals. Die Wölfin ließ die Zunge heraushängen. Ihre Flanken wogten wie ein Schmiedeblasebalg. Seit Tagesanbruch waren sie ohne Pause geritten,
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