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Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2

Titel: Der Abschiedsstein: Das Geheimnis Der Grossen Schwerter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dem Hochhorst war Dinivan einer der wenigen gewesen, der ihr die Wahrheit sagte, wo andere nur schmeichelten, und der ihr außer Neuigkeiten aus fernen Ländern stets auch guten Rat mitgebracht hatte. Vater Dinivan war der oberste Sekretär des Lektors Ranessin, Gebieters der Mutter Kirche, aber er benahm sich stets so offen und bescheiden, dass Miriamel sich häufig die erhabene Stellung, die er bekleidete, erst wieder ins Gedächtnis zurückrufen musste.
    »Aber … was tut Ihr hier?«, fragte sie endlich. »Seid Ihr gekommen, um … um was? Mich vor den Sklavenhändlern zu retten?«
    Dinivan lachte. »Ich bin der Sklavenhändler, Herrin.« Er versuchte, eine ernsthaftere Miene aufzusetzen, hatte aber wenig Glück damit. »Sklavenhändler – gesegneter Usires, was hat der alte Streáwe Euch erzählt? Aber dafür haben wir später noch Zeit.« Er wandte sich an ihre Bewacher. »Ihr beide. Hier ist das Siegel Eures Herrn.« Er hielt ihnen ein Pergament hin, das unten auf rotem Wachs das Zeichen »S« trug. »Ihr könnt zurückrudern und dem Grafen meinen Dank aussprechen.«
    Lenti inspizierte flüchtig das Siegel. Er machte einen besorgten Eindruck.
    »Nun?«, fragte der Priester ungeduldig. »Stimmt etwas nicht?«
    »Kilpa da draußen«, erklärte Lenti klagend.
    »In diesen üblen Zeiten sind überall Kilpa«, antwortete Dinivan und lächelte wohlwollend. »Aber es ist Mittag, und ihr seid zwei starke Männer. Ich denke nicht, dass ihr etwas zu fürchten habt. Seid ihr bewaffnet?«
    Streáwes Diener richtete sich zu voller Höhe auf und starrte dem Priester gebieterisch ins Gesicht. »Ich habe ein Messer«, bemerkte er streng.
    » Ohé , vo stetto «, wiederholte sein Kamerad auf Perdruinesisch.
    »Nun, dann werdet ihr ja wohl keine Schwierigkeiten haben«, versetzte Dinivan tröstend. »Möge Ädons Schutz mit euch sein.« Er machte ein flüchtiges Zeichen des Baumes irgendwo in ihre Richtung, drehte ihnen dann den Rücken zu und wandte sich wieder an Miriamel. »Gehen wir. Heute Nacht bleiben wir hier, aber danach müssen wir uns beeilen. Es ist eine Reise von gut zwei Tagen oder noch mehr bis zur Sancellanischen Ädonitis, wo Lektor Ranessin Eurer Nachrichten ungeduldig harrt.«
    »Der Lektor?«, fragte sie verwundert. »Was hat er damit zu tun?«
    Dinivan machte eine beruhigende Handbewegung und sah auf Cadrach hinunter, der auf der Seite lag, das Gesicht in der nassen Kapuze verborgen. »Darüber und über viele andere Dinge werden wir uns in Kürze unterhalten. Mir scheint, dass Streáwe Euch noch weniger erzählt hat, als ich ihm mitgeteilt habe – nicht, dass mich das wundert. Er ist ein listiger alter Schakal.« Der Priester bekam schmale Augen. »Was fehlt Eurem Gefährten – er ist doch Euer Gefährte, nicht wahr? Streáwe sagte, ein Mönch reise mit Euch.«
    »Er ist halb ersoffen«, erklärte Miriamel knapp. »Ich warf ihn über Bord.«
    Eine von Dinivans dichten Augenbrauen schoss nach oben. »Tatsächlich? Der arme Mann! Aber dann ist es jetzt Eure Pflicht als Ädonitin, ihm wieder auf die Beine zu helfen – es sei denn, ihr Burschen wolltet das übernehmen?« Er drehte sich zu den beiden Dienern um, die bereits flott zu ihrem Boot zurückwateten.
    »Können nicht«, war Lentis unfreundliche Antwort. »Müssen vor Abend zurück sein. Vor Dunkelwerden.«
    »Das dachte ich mir schon. Also gut – es ist Usires’ Liebe, die uns die Lasten auferlegt.« Dinivan bückte sich und fasste Cadrach unter die Achseln. Seine Kutte spannte sich über dem breiten, muskulösen Rücken, als er den Mönch mühsam in eine sitzende Stellung hob. »Kommt schon, Prinzessin«, erklärte er und hielt inne, als der Mönch stöhnte. Der Priester starrte Cadrach ins Gesicht. Ein schwer zu deutender Ausdruck bemächtigte sich seiner kräftigen Gesichtszüge.
    »Es ist … es ist Padreic«, meinte er ruhig.
    »Ihr auch?« , explodierte Miriamel. »Was hat dieser Schwachkopf nur angestellt! Einen Ausrufer in alle Städte zwischen Nascadu und Warinsten geschickt?«
    Dinivan stand immer noch da wie vom Donner gerührt und glotzte. »Was?«
    »Streáwe hat ihn auch gekannt – es war Cadrach, der mich an den Grafen verkaufte. Also hat er auch Euch berichtet, dass ich Naglimund verlassen habe?«
    »Nein, Prinzessin.« Der Priester schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Ahnung, dass er bei Euch war. Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen.« Nachdenklich schlug er das Zeichen des Baumes . »Um die Wahrheit zu sagen – ich hielt

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