Der Adler ist entkommen
in den Raum hinter der Öffnung. Dann reichte er sie Ryan. »Halte du die Lampe fest, während ich mal reinsteige und mich umschaue.«
»Aber paß auf, wo du hintrittst.«
Devlin schob sich durch das Loch und watete in die Krypta.
Dort drin reichte ihm das Wasser bis unter die Achselhöhlen, es bedeckte die Abdeckplatten der Gräber. Er tastete sich vor zur Treppe und stieg hinauf. Eine Ratte huschte an ihm vorbei und tauchte im Wasser unter. Auf der obersten Stufe blieb er einige Sekunden lang stehen, dann drückte er überaus behutsam die Türklinke.
Ein kaum hörbares Knarren ertönte, und die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Er konnte den Altar und auf der anderen Seite im Lichtschein der Kerzen die Muttergottes erkennen. Er schob den Kopf vor und schaute sich um. Die Kapelle war völlig leer, dann ging die Außentür auf, und eine Nonne kam herein. Möglichst leise schloß Devlin die Tür wieder und trat über die Treppe den Rückzug an.
»Perfekt«, sagte er zu Ryan, während er durch die Öffnung kletterte. »Und jetzt nichts wie weg hier.«
Auf dem Luftwaffenstützpunkt gab Schellenberg Anweisungen, den Storch wieder aufzutanken, requirierte den Mercedes des Stützpunktkommandanten mitsamt Fahrer und machte sich zusammen mit Asa Vaughan auf den Weg nach Wewelsburg. Unterwegs begann es zu schneien. Bei ihrer Ankunft war die Wewelsburg hell erleuchtet. Trotz der Verdunkelungsvorschriften drang Licht durch die Fenster, und über dem Haupttor brannte eine Lampe.
Asa Vaughan schaute zur Burg hoch und betrachtete ihre Türme, die im Schneegestöber deutlich zu erkennen waren. »Mein Gott!« staunte er überwältigt. »Das ist ja unglaublich!«
»Ich weiß.« Schellenberg beugte sich vor und schloß die Trennscheibe, so daß der Fahrer, ein Soldat der Luftwaffe, nicht hören konnte, was sie miteinander sprachen. »Es sieht aus wie eine Filmkulisse. Tatsächlich ist es das Privatquartier des Reichsführers, außerdem ein Tagungsort der SS-Elite.«
»Aber was tun sie dort?«
»Der Reichsführer ist ganz besessen von König Artus und seiner Tafelrunde. Daher versammelt er gern seine zwölf vertrauenswürdigsten Unterführer um einen runden Tisch. Sie sind sozusagen seine Ritter.«
»Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie nicht dazugehören?«
»Nun, man muß schon ein ziemlicher Spinner sein, um an solchen Spielchen Gefallen zu finden. Es gibt eine Gedächtnishalle mit einem riesigen Hakenkreuz an der Decke und einer Grube, in der im Falle des Todes der Auserwählten deren Wappen verbrannt werden. Es gibt zwölf Postamente und entsprechende Urnen für die Asche.«
»Sie erlauben sich einen Scherz mit mir!« wehrte Asa Vaughan ab.
»Nein, es stimmt. Ich zeige es Ihnen, wenn wir dazu Gelegenheit haben.« Schellenberg lachte und schüttelte den Kopf. »Und solche Menschen entscheiden über das Schicksal von Millionen.«
Sie meldeten sich in der Eingangshalle an und legten ihre Mäntel und Mützen beim diensthabenden Feldwebel der Wachmannschaft ab, der auf seiner Namenliste nachsah.
»Herr General Schellenberg, der Reichsführer erwartet Sie um sieben Uhr in seinem Privatquartier im Südflügel. Ich führe die Herren sofort hinauf.«
»Nicht nötig. Ich kenne den Weg.«
Während Asa Vaughan Schellenberg durch die Halle folgte und sie in einen langen Korridor einbogen, meinte er leise: »Sie haben recht. Das würde sogar einen Hollywoodproduzenten neidisch machen.«
Schellenberg sah auf die Uhr. »Wir haben noch eine Viertelstunde Zeit. Ich zeige Ihnen die Gedächtnishalle, von der ich gerade sprach. Wir sind gleich da. Soweit ich mich erinnere, gibt es hier irgendwo eine kleine Galerie. Ach ja, da ist die Tür.«
Nach einigen Schritten waren sie an der betreffenden Eichentür. Sie ließ sich öffnen, und sie konnten sofort Stimmen unten in der Halle hören. Schellenberg hielt inne, runzelte die Stirn, drehte sich dann zu Asa Vaughan um und legte einen Finger auf die Lippen. Danach drückte er die Tür vollends auf, und sie schlüpften hinein.
Der runde Saal war mit düsteren Schatten erfüllt und nur spärlich beleuchtet. Asa Vaughan erkannte die Postamente und Urnen, die Schellenberg ihm beschrieben hatte, und die Feuerstelle unter dem Hakenkreuzsymbol an der Decke. Doch viel interessanter waren die anwesenden Personen. Rossmann, Himmlers Adjutant, stand abwartend neben dem Reichsführer, der vor der Feuerstelle
Weitere Kostenlose Bücher